Wirtschaftsumfeld | Frankreich | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Das Lohnniveau in Frankreich ist hoch. Dies liegt auch an im europäischen Vergleich hohen Lohnnebenkosten. Unternehmen fordern Erleichterungen.
23.10.2024
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Unternehmen klagen über hohe Lohn- und Lohnnebenkosten in Frankreich. Tendenziell dürften gerade die Lohnnebenkosten in Zukunft eher steigen als sinken. Die Sozialkassen sind defizitär und die Regierung muss angesichts einer ausufernden Staatsverschuldung sparen.
Sinkende Inflation drosselt die Lohnsteigerungen
Die Gehälter entwickeln sich im Jahr 2024 gemäßigter als 2023. Für das Gesamtjahr 2024 erwartet die Banque de France eine Steigerung des Durchschnittsgehalts (Salaire Moyen par Tête (SMPT)) von 2,7 Prozent.
Angesichts einer für das Gesamtjahr 2024 prognostizierten Inflationsrate von 2,5 Prozent steigt damit das real verfügbare Arbeitseinkommen. Auch für 2025 (+3,1 Prozent) und 2026 (+3,3 Prozent) erwartet die Banque de France durchschnittliche nominale Gehaltssteigerungen, die über dem Inflationsniveau liegen.
In Frankreich gilt ein allgemeiner Mindestlohn (Salaire Minimum Interprofessionel de Croissance, SMIC), der in der Regel in Abhängigkeit vom Inflationsgeschehen angepasst wird. Die Regierung hat angekündigt, dass der SMIC zum 1. November 2024 um 2 Prozent angehoben wird, von bislang 1.766,92 Euro auf 1.802,26 Euro brutto im Monat. Insbesondere kleinere Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten zahlen Löhne auf Mindestlohnniveau – vor allem der Hotel- und Gastronomiesektor, der Einzelhandel sowie Anbieter sozialer Dienstleistungen.
Paris ist Spitzenreiter bei den Gehältern
Regional liegen die Löhne im Großraum Paris am höchsten. Paris ist nicht nur das politische, sondern unangefochten auch das wirtschaftliche Zentrum des Landes. Die Region Ile de France erwirtschaftete im Jahr 2023 knapp 31 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts Frankreichs. Ein Großteil der in Frankreich tätigen nationalen und internationalen Großunternehmen, Banken und Versicherungen haben hier ihren Hauptsitz. Im nationalen Vergleich liegt der Durchschnittslohn in Paris 28,6 Prozent über dem landesweiten Durchschnittsgehalt. Allerdings sind nicht nur die Löhne und Gehälter in Paris am höchsten, auch bei den Lebenshaltungskosten ist die Region in und um Paris unangefochtener französischer Spitzenreiter.
Unabhängig vom Wohnort bleibt die Höhe des Gehalts aber im Wesentlichen abhängig von Branche und dem Ausbildungsniveau. Dabei entsprechen die Löhne und Gehälter in ausländischen Unternehmen denen französischer Unternehmen in der gleichen Branche. Im IT- und Telekommunikationsbereich, der Pharma- und der Chemieindustrie sowie bei Banken und Versicherungen werden die höchsten Löhne gezahlt, die Sektoren Bau, Nahrungsmittel und Medien bieten im Vergleich geringere Verdienstmöglichkeiten.
Die Höhe des Lohns ist auch abhängig davon, welche Größe das Unternehmen hat. So zahlen große, durch Tarifverträge gebundene Industrieunternehmen deutlich besser als kleinere Unternehmen. Zudem sind Großunternehmen eher in der Lage, nichtmonetäre Anreize zu bieten, wie bessere Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Fortbildungsmöglichkeiten.
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 3.958 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 2.990 |
Verarbeitendes Gewerbe | 4.614 |
Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 2.873 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 1.987 |
Baugewerbe | 3.819 |
Groß und Einzelhandel; Reparatur von Kfz | 3.461 |
Transport und Lagerhaltung | 4.014 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 2.578 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 6.157 |
Finanz- und Versicherungswesen | 6.798 |
Grundsätzlich liegt das Bruttolohnniveau in Frankreich unter dem in Deutschland. Das gilt besonders für Berufseinsteiger. Ein ausgebildeter Ingenieur kann in Frankreich laut Talent.com mit einem Einstiegsgehalt von 35.000 Euro brutto pro Jahr rechnen, sein deutscher Kollege hingegen kann ein Jahresgehalt von knapp 45.000 Euro erwarten. Allerdings bleibt Arbeitnehmern in Frankreich aufgrund einer geringeren Belastung bei den Lohnnebenkosten und verpflichtenden Zusatzleistungen des Arbeitgebers in der Regel mehr Netto vom Brutto. Damit gleicht sich das Nettogehalt auf beiden Seiten an.
Position | Monatslohn |
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Durchschnittslohn | 3.958 |
Führungskraft | 8.074 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 5.471 |
Techniker:in | 3.909 |
Unterstützende Bürokraft | 3.084 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 2.497 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 2.124 |
Handwerker:in | 3.271 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 3.059 |
Hilfskraft | 2.093 |
Arbeitskosten
Bei den Gesamtarbeitskosten liegen Frankreich und Deutschland im europäischen Spitzenfeld. Eine Arbeitsstunde in der Industrie kostete in Deutschland 2023 laut Eurostat 41,30 Euro, in Frankreich 42,20 Euro.
Sozialversicherungsbeiträge
In Bezug auf die Lohnnebenkosten zählt Frankreich nach Schweden zu den Spitzenreitern Europas. Die Lohnnebenkosten in Frankreich erreichten 2023 einen Anteil von 31,9 Prozent an den Gesamtlohnkosten. Damit lag Frankreich weit vor Deutschland mit 23,4 Prozent sowie ebenfalls deutlich über dem europäischen Durchschnittssatz von 24,7 Prozent. Der Arbeitgeber trägt den Großteil der Sozialversicherungsbeiträge.
Arbeitgeberbeitrag auf das Gesamtgehalt (in %); Standardsatz | Arbeitgeberbeitrag bis zur Bemessungsgrenze (in %) 1) | |
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Kranken-, Mutterschafts-, Invaliditäts-, Todesfallversicherung und Solidaritätsbeitrag für Selbstständige (CSA) | 13 |
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Arbeitsunfall- und Berufskrankheitsversicherung | Beitragssatz für Arbeitsunfälle wird von der Carsat (caisse d'assurance retraite et de la santé au travail) festgelegt |
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Krankenzusatzversicherung (Mutuelle) | Mindestens 50 Prozent des Versicherungsbeitrags |
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Rentenversicherung | 2,02 | 8,55 |
Familienzulagen | 5,25 |
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Beitrag zum sozialen Dialog | 0,016 |
|
Fnal (Fonds national d’aide au logement) 2) | 0,5 |
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Mobilitätsbeitrag | Festlegung durch die zuständige Gebietskörperschaft |
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Arbeitslosenversicherung | 4,05 (bis zum 4-fachen der Beitragsbemessungsgrenze) |
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AGS (Garantie des Salaires/Gehaltsabsicherung) | 0,25 (bis zum 4-fachen der Beitragsbemessungsgrenze) |
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Forfait Social | 20 (Anwendung nur im gesetzlich geregelten Einzelfall) |
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Berufsbildungsbeitrag (weniger als 11 Arbeitnehmer) | 0,55 |
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Berufsbildungsbeitrag (mehr als 11 Arbeitnehmer) | 1,0 |
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Beitrag zur Finanzierung des persönlichen Ausbildungskontos für Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen | 1,0 |
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Lehrlingsabgabe | 0,59 |
|
Lehrlingsabgabe - Zuschlag (Unternehmen größer als 250 Angestellte) | 0,05-0,6 |
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Weitere Lohnbestandteile
Wie in Deutschland besteht auch in Frankreich die Möglichkeit, Mitarbeiter mit Prämien und anderweitigen, teilweise verpflichtenden Lohnanreizen zu vergüten. Einige Zusatzleistungen, wie die Beteiligung an den Unternehmensgewinnen, unterliegen einem eigenen regulativen und sozialversicherungsrechtlichen Sonderregime, andere stehen im Belieben des Arbeitgebers.
Leistung | Status | Abgaben |
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Krankenzusatzversicherung (Mutuelle) | Pflichtleistung: Übernahme von mindestens 50% der Beiträge durch den Arbeitgeber | |
Prime de participation (Gewinnbeteiligung) | Pflichtleistung in Unternehmen größer als 50 Mitarbeiter, freiwillig für Unternehmen bis 50 Mitarbeiter | sozialabgabenfrei; für Unternehmen größer als 50 Mitarbeiter Pauschalzahlung von 20% auf die Ausschüttung (Forfait Social) |
Fahrtkostenbeteiligung für ÖPNV-Abonnements | Pflichtleistung | sozialversicherungsfrei in Höhe von bis zu 75% der Kosten des Abonnements |
Intéressement (Beteiligung am Unternehmensergebnis) | freiwillige Leistung | sozialabgabenfrei |
Prime de partage de la valeur (Kaufkraftausgleich) | freiwillige Leistung | sozialabgabenfrei in Höhe von bis zu 3.000 Euro, von bis zu 6.000 Euro bei Anlage in betrieblichen Sparplan |
Titre / chèque restaurant | freiwillige (aber übliche) Leistung | sozialabgabenfrei in Höhe von bis zu 6,50 Euro pro Tag (ab 2024) |
Chèques Vacances | freiwillige Leistung | sozialabgabenfrei in Höhe von bis zu 30 Prozent des Bruttomindestgehalts (SMIC) |
Das 13. Monatsgehalt ist üblicher Bestandteil des Lohns von Mitarbeitenden. Auch leistungsbezogene Prämien sind Standard, je nach Position und Branche aber von unterschiedlichem Gewicht. Zudem haben betriebliche Sparpläne und Mitarbeiterbeteiligungen am Unternehmen zugenommen. Knapp 53 Prozent aller Arbeitskräfte in Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern profitierten im Jahr 2022 nach Angaben der Dares, des Statistikamts des Arbeitsministeriums, von diesen, bislang noch staatlich geförderten Angeboten.
Dem Arbeitgeber steht es frei, weitere Zuschläge oder Sachzuwendungen anzubieten. Bei Mitarbeitern im Außen- und technischen Dienst oder Angestellten mit Leitungsfunktionen ist es üblich, einen Dienstwagen zur Verfügung zu stellen. Angesichts steigender Wohnkosten gerade in Metropolregionen wie Paris, Lyon oder Marseille können Zuschläge zur Miete oder sonstige wohnbezogene Unterstützungsleistungen ein Mittel sein, potenzielle Bewerber anzuziehen. Gerade Großunternehmen wie Orange oder SNCF hoffen, hierdurch Talente an sich binden zu können.