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Wirtschaftsausblick | Georgien
Die georgische Wirtschaft dürfte im Jahr 2024 um etwa 5 Prozent zulegen. Haupttreiber sind Dienstleistungen, Investitionen und das Baugewerbe. Deutsche Produkte sind gefragt.
16.11.2023
Von Uwe Strohbach | Tiflis
Neue Globalisierungsstrategien befeuern die Abkehr von Russland und die Suche nach alternativen Transportrouten zwischen Ost und West. Das eröffnet Chancen für die kleine Kaukasusrepublik Georgien, die strategisch günstig zwischen Europa und Asien liegt. Mit im Boot sind Partner aus Zentralasien, die ihre Exporte diversifizieren wollen und dabei auch auf den Transport via Georgien setzen. Ambitionierte Ausbauprojekte werfen ihre Schatten voraus. Hierzu zählen:
Der jährliche Beitrag des Transport- und Logistiksektors zur gesamtwirtschaftlichen Produktion könnte sich in wenigen Jahren verdoppeln, gegenüber heute etwa 2,2 Milliarden US$.
Für das Jahre 2024 rechnet die Regierung mit einem realen Wachstum von 5,2 Prozent. Internationale Beobachter wie der Internationale Währungsfonds, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie die Asiatische Entwicklungsbank erwarten ein Plus von im Schnitt 4,8 Prozent. Die Prognosen können sich unter Beachtung des hohen Wachstums in den Vorjahren, mit zum Teil zweistelligen Wachstumsraten, sehen lassen.
Der konjunkturelle Aufschwung fußt auf mehreren Säulen. So hat der für Georgien wichtige Tourismus mit Deviseneinnahmen von 3,3 Milliarden US$ im Zeitraum Januar bis September 2023 bereits die Rekordmarke für das Gesamtjahr 2019 geknackt. Das bekommt auch der Dienstleistungssektor zu spüren, dem Touristen und Migranten aus Russland einen starken Schub verpassen - vor allem in den Bereichen Finanzen, Immobilien/Vermietung, IKT sowie Hotel und Gaststättenwesen.
Hinzu kommen wachsende Einnahmen aus dem Transport- und Logistikgewerbe, da immer mehr Waren auf der Achse Europa-Zentralasien-China in Georgien umgeschlagen werden. Positive Impulse kommen zudem von der dynamischen Entwicklung im Baugewerbe.
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Der Staat investiert zusammen mit Geberbanken mehr in den Straßenbau, die Wasserwirtschaft, die soziale Infrastruktur und die Förderung des privaten Unternehmertums, einschließlich des Agrarsektors. Zudem will er zusammen mit Investoren den Bau von Wasserkraftwerken beschleunigen.
Der Fokus privater Investitionen liegt auf touristischen Projekten, Wohnungsbau, Transport, Logistik und Energiewirtschaft, inklusive erneuerbarer Energien. Die ausländischen Direktinvestitionen summierten sich 2022 auf einen Rekordwert von 2 Milliarden US$ und dürften dieses Level 2023 halten.
Die Lage auf dem Verbrauchermarkt bleibt trotz steigender Einkommen angespannt. Ursachen für den schwachen Konsum sind die hohe Armutsquote (2022: 15,6 Prozent) und Arbeitslosenrate (2022: 17,3 Prozent) sowie geringe Löhne (monatlicher durchschnittlicher Medianlohn 2022: circa 360 US$). Die monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben im Einzelhandel betragen nur etwa 160 US$.
Doch es gibt auch positive Trends: Hohe private Geldüberweisungen aus dem Ausland. Und der boomende Tourismus sorgt für steigende Umsätze in den Geschäften für Markenmode und Accessoires. Private Investoren wollen vorrangig in Tiflis und Batumi Handelszentren eröffnen und erweitern.
Seit 2021 lassen sich hohe Zuwächse im Warenex- und import beobachten. Diese sind vor allem auf Reexporte, Preissteigerungen bei Exportgütern (Kupfererze und -konzentrate, Düngemittel) sowie auf preisliche und mengenmäßige Zuwächse bei Erdölprodukten zurückzuführen. Auch der Privatkonsum und Investitionen kurbeln die Einfuhr an. Die nominalen Ex- und Importe dürften auch 2024 um jeweils etwa 10 bis 15 Prozent zulegen.
Reexporte (vorrangig Kfz und Arzneimittel) machen traditionell bis zu einem Drittel der jährlichen Exporte aus. Im Gesamtjahr 2023 könnte die Quote die 50-Prozent-Marke erreichen. Das Exportgeschäft (inklusive Reexport) dominieren die Nachbarländer Russland, Aserbaidschan und Armenien, wobei Russland der wichtigste Abnehmer georgischer Erzeugnisse ist.
Die Importe übersteigen die Exporte um ein Vielfaches. Georgien muss das Gros seines Bedarfs an Energieträgern, Nahrungsgütern und Ausrüstungen einführen. Hauptlieferländer waren in den ersten neun Monaten 2023 die Türkei, die USA und Russland. Deutschland exportierte in diesem Zeitraum Waren für 588 Millionen Euro nach Georgien (+51 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode) und behauptet damit seine Stellung als Hauptbeschaffungsmarkt in der EU.
Bild vergrößernGeorgien nimmt bei der Liberalisierung des Handels mit der EU und der Implementierung des EU-Regelwerks in seine nationale Gesetzgebung eine Vorreiterrolle ein. Absatz- und Kooperationschancen ergeben sich vor allem beim Ausbau der Versorgungsinfrastruktur (Stromversorgung/Ökostromprojekte, Wasser/Abwasser), von sozialen Einrichtungen und Hotels sowie bei der Modernisierung und Erweiterung der öffentlich geförderten Ernährungswirtschaft. Der Markt empfiehlt sich zudem für die Auslagerung von Geschäftsprozessen (Business Process Outsourcing).
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