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Branchen | Indien | Textilien und Bekleidung

Indien ist einer der größten Faserproduzenten der Welt

Der Großteil der von den indischen Textilunternehmen benötigten Fasern wird lokal hergestellt. Baumwolle dominiert, aber die Produktion von Chemiefasern soll ausgebaut werden.

Von Boris Alex | New Delhi

Indien ist für die Faserproduktion der Textil- und Bekleidungsindustrie eines der bedeutendsten Länder. Der Subkontinent zählt sowohl bei Pflanzenfasern wie Baumwolle und Jute als auch bei tierischen Fasern wie Wolle und Seide zu den führenden Herstellern. Bei Chemiefasern gehört Indien ebenfalls mit zu den wichtigsten Erzeugerländern. Die Fasern gehen nicht nur in die heimische Textilindustrie, sondern auch in den Export. Das Land ist damit ein wichtiges Glied in der globalen Lieferkette der Textilwirtschaft.

Indien liegt bei Baumwollproduktion mit an der Spitze

Bei den Pflanzenfasern dominiert Baumwolle. Nach Angaben der staatlichen Cotton Corporation of India befanden sich im Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) mit rund 13 Millionen Hektar etwa ein Drittel der weltweiten Baumwollanbaufläche in Indien. In dem Zeitraum wurden insgesamt 5,8 Millionen Tonnen des Rohstoffs geerntet, von denen 10 Prozent in den Export gingen. Die wichtigsten Anbauregionen waren die zentralindischen Bundesstaaten Gujarat und Maharashtra, auf die rund die Hälfte des Ertrags entfielen, sowie Telangana und Karnataka im Süden und Rajasthan im Norden.

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Da die Baumwollernte noch wenig mechanisiert ist, liegt Indien beim Ertrag je Hektar mit 447 Kilogramm im Finanzjahr 2022/2023 hinter anderen wichtigen Anbauländern. In China und Australien werden auf einem Hektar um die 2.000 Kilogramm, in der Türkei und Brasilien rund 1.800 Kilogramm erzielt, so die Daten des United States Department of Agriculture.

Auch organische Baumwolle wird in Indien angebaut. Nach Angaben des Ministry of Textile (MOT) waren es 2020/2021 rund 811.000 Tonnen und damit fast eineinhalbmal so viel wie in der Vorperiode.

Baumwoll- und Juteanbau sind wichtig für den Agrarsektor

Jute ist bei einer Anbaufläche von 673.000 Hektar die bedeutendste Naturfaser neben Baumwolle. Mit einer Produktion von 1,8 Millionen Tonnen lag Indien 2021/2022 weltweit an der Spitze, so die Daten des MOT. Auch hier gehen etwa 10 Prozent in den Export. Die Produktion beider Naturfasern ist nach wie vor kleinbäuerlich geprägt. So gibt es auf dem Subkontinent 5,8 Millionen Baumwollfarmer. In der gesamten Wertschöpfungskette sind 40 Millionen bis 50 Millionen Menschen tätig. Mit dem Juteanbau sind 4 Millionen Familienbetriebe beschäftigt, weitere 700.000 Menschen sind in der Weiterverarbeitung tätig.

Auch für die Herstellung von tierischen Fasern ist Indien ein wichtiger Standort. Bei der Produktion von Rohseide belegte das Land 2021/2022 mit rund 35.000 Tonnen den zweiten Platz weltweit hinter China. Ein Drittel wurden im südindischen Bundesstaat Karnataka, weitere 25 Prozent im benachbarten Andhra Pradesh erzeugt. Die Rohseide wird nahezu vollständig lokal zu Garnen und Textilien weiterverarbeitet. Indien exportierte 2021/2022 Produkte aus Seide im Wert von 250 Millionen US-Dollar (US$).

Indien ist der neuntgrößte Wollproduzent weltweit. Im Jahr 2021/2022 wurden 33.100 Tonnen hergestellt. Drei Viertel der Wolle werden im nordindischen Rajasthan sowie in Jammu und Kaschmir gewonnen und vor allem zu Teppichen und Bekleidung weiterverarbeitet. Indien exportierte 2021/2022 Wollerzeugnisse im Wert von 1,6 Milliarden US$. Um die Branche wettbewerbsfähiger zu machen, hat die Regierung das Förderprogramm Integrated Wool Development Programme aufgelegt.

Produktion von Chemiefasern wird gefördert

Mit seiner breit aufgestellten Chemie- und Petrochemiebranche verfügt Indien über eine leistungsstarke Industriebasis für die Herstellung von Chemiefasern. Laut Angaben der Industrievereinigung Chemiefaser lag der Subkontinent 2022 mit einer Produktion von 6 Millionen Tonnen und einem Marktanteil von 8 Prozent weltweit auf dem zweiten Platz hinter China. Den Anteil von Polyester an allen Chemiefasern beziffert die Association of Man-Made Fibre Industry of India auf 78 Prozent, weitere 17 Prozent entfallen auf Viskose.

Der Großteil der in Indien für die Textilindustrie produzierten Chemiefasern wird lokal zu Garnen, Textilien und Bekleidung verarbeitet. Den Exportwert von Erzeugnissen aus Polyester und Viskose sowie von Produkten mit Chemiefaseranteilen gibt The Synthetic and Rayon Textile Export Promotion Council für 2021/2022 mit 6,3 Milliarden US$ an. Filamentgarne aus Polyester hatten mit 1,3 Milliarden US$ den größten Anteil an den Gesamtausfuhren. Zu den wichtigsten Absatzmärkten zählen die USA, Bangladesch und die Türkei.

Um die weltweit steigende Nachfrage nach Textilien und Bekleidung aus Chemiefasern zu bedienen, hat die indische Regierung deren Produktion in ihr Industrieförderprogramm "Production-Linked Incentives" aufgenommen. Die 64 teilnehmenden Unternehmen wollen zusammen 2,4 Milliarden US$ in neue Produktionskapazitäten investieren, so die Angaben des MOT. Dies dürfte sich laut Textilministerium auch positiv auf die Produktion von Chemiefasern auswirken.

Beim Textilrecycling ist noch Luft nach oben

In Indien fallen jedes Jahr 8 Millionen Tonnen Textilabfälle an. Die Hälfte davon sind Gebrauchttextilien (post-consumer), weitere 42 Prozent fallen im Herstellungsprozess (pre-consumer) an, der Rest sind Importe. Etwa 60 Prozent der Textilabfälle bestehen aus Baumwolle und -mischungen, gefolgt von Chemiefasern mit 20 Prozent und Mischgeweben. Zwar ist über die Jahre im informellen Sektor eine Kreislaufwirtschaft für die Textilindustrie entstanden, es gibt aber noch Entwicklungspotenzial, so die Nichtregierungsorganisation Fashion for Good.

Während gut 80 Prozent des "pre-consumer"-Abfalls re- oder downcycelt werden, sind es beim "post-consumer"-Abfall nur 6 Prozent. Zwar wird hier rund die Hälfte als Second-Hand-Kleidung wiederverwertet. Allerdings enden 43 Prozent der Textilien auf Deponien und in Müllverbrennungsanlagen. Der Großteil der Textilabfälle werden in Panipat im Norden und in Tirupur im Süden des Landes verarbeitet. Dort befinden sich auch wichtige Cluster der Bekleidungsindustrie.


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