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Branche kompakt | Indien | Landwirtschaft

Indiens Landwirtschaft versorgt die Bevölkerung

Da Indiens Bevölkerung immer weiter wächst, muss das Land seine Nahrungsmittelproduktion steigern. Landwirte sind an modernen Geräten und digitalen Anwendungen interessiert. 

Von Florian Wenke | Mumbai

 

Markttrends

Die Landwirtschaft ist ein bedeutender Sektor für Indiens Wirtschaft. Laut Weltbank trug sie 2022 etwa 16,6 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei und beschäftigte 2021 rund 44 Prozent der Arbeitskräfte. Zudem leben rund 64 Prozent der Bevölkerung auf dem Land, sodass der Landwirtschaft im kulturellen Bewusstsein des Landes eine große Rolle zukommt. 

Derzeit ringt Indiens Landwirtschaft mit den Auswirkungen des Klimaphänomens El Niño. Der Südwestmonsun kam unregelmäßig und voraussichtlich wird der Winter milder und kürzer ausfallen als üblich. In einer ersten Prognose für das Agrarjahr 2023/2024 (1. Juli bis 30. Juni) geht die Regierung von leicht sinkenden Ernteerträgen im Vergleich zum Vorjahr aus. Für Weizen soll sie beispielsweise 106 Millionen Tonnen betragen, nach 110 Millionen Tonnen im Vorjahr. 

 

Eckdaten zur Landwirtschaft in Indien
Kennziffer

Wert (Jahr)

Einwohner (Mio.)

1.428,6 (Mitte 2023) *)

Ackerfläche (in Mio. Hektar)

154,4 (2021)

Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in %)

16,6 (2022)

Exporte Agrargüter in US-Dollar (SITC 0, in Milliarden US$)

44,8 (2022)

* Schätzung.Quelle: Vereinte Nationen 2022; Weltbank 2023; UN Comtrade 2023

Indien ist bereits ein großer Markt für Traktoren. Laut Branchenmedien wurden alleine im Finanzjahr 2022/2023 fast 1 Million davon verkauft. Einheimische Hersteller rund um den Platzhirsch Mahindra & Mahindra dominieren den Absatz. Mit Claas gibt es aber auch einen deutschen Hersteller mit einer lokalen Produktion. Während Traktoren zunehmend auf den Feldern anzutreffen sind, besteht bei spezialisierten Landmaschinen großes Potenzial. Die indische Regierung unterstützt die Mechanisierung mit Programmen, wie beispielsweise der Sub-Mission on Agricultural Mechanization (SMAM).

Den Markt für Agrochemikalien dominieren große Unternehmen. Mit Bayer und BASF mischen auch deutsche Firmen mit. Erstmals seit einer Dekade werden die Unternehmen vor Ort im Finanzjahr 2023/2024 (1. April bis 31. März) Umsatzeinbußen in Höhe von bis zu 3 Prozent verkraften müssen, meldet die Ratingagentur Crisil. Im Vorjahr waren die Umsätze noch um 14 Prozent geklettert – zweistellig wie so oft in den vergangenen Jahren. Gründe für den Rückgang sind unter anderem hohe Inventarbestände und eine geringere Nachfrage der Landwirte in Indien. 

Die operative Gewinnmarge für Agrochemikalien soll 11 Prozent betragen. Die Ratingagentur Care prognostiziert, dass die verkauften Mengen dennoch steigen werden, aber langsamer als in den Vorjahren. Das Wachstum für das laufende Finanzjahr soll bei 10 bis 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr liegen. Als Investitionen der Branche für 2023/2024 sagt Care einen Wert von 11,7 Milliarden US-Dollar (Umrechnungskurs laut Federal Reserve Bank vom 22. Dezember 2023: 1 US$ = 83,12 indische Rupien) voraus. Die Mittel sollen unter anderem in den Ausbau der Produktionskapazitäten und die Entwicklung des Distributionsnetzwerks fließen. 

Digitale Anwendungen sind gefragt

Die Digitalisierung der Landwirtschaft schreitet voran, befindet sich aber noch im Anfangsstadium. Gefragt sind robuste und einfach zu bedienende Anwendungen. Das Interesse der Landwirte liegt vielfach auf Anwendungen in den Bereichen Crop Management, dem effizienteren Einsatz von Dünger sowie Informationen zum Wetter. Digitale Anwendungen, die Landwirten Zugang direkt zu Käufern außerhalb ihrer unmittelbaren Umgebung ermöglichen, damit sie womöglich höhere Verkaufserlöse erzielen können, erfreuen sich ebenfalls wachsender Beliebtheit. Neben Angeboten von Unternehmen kommt dem Regierungsportal electronic National Agriculture Market (eNAM) eine wachsende Rolle zu, wenngleich noch deutliches Wachstumspotenzial für weitere Nutzer besteht. 

Zunehmend ist Indien daran interessiert, mehr Lebensmittel zu verarbeiten. Laut Regierungsangaben verderben nach wie vor zu viele Nahrungsmittel, ehe sie beim Endkunden landen. Regierungsangaben für das Jahr 2022 besagen, dass beispielsweise bis zu 15 Prozent der Früchte, 11 Prozent des Gemüses und 6 Prozent des Getreides Nachernteverlusten zum Opfer fallen. Die Verarbeitung von Nahrungsmitteln soll diese Verluste reduzieren. Gleichzeitig erwartet die Regierung, dass durch mehr Lebensmittelverarbeitung auch mehr Wertschöpfung im Land entsteht und Beschäftigungsmöglichkeiten in der Branche geschaffen werden. Hier bestehen Zulieferchancen für deutsche Unternehmen im Bereich Nahrungsmittelverarbeitungs- und Verpackungsmaschinen.

Um mehr marktwirtschaftliche Mechanismen in dem stark regulierten Sektor zu etablieren, wagte die indische Regierung 2020 den Versuch, den Sektor zu liberalisieren. Allerdings scheiterte dies am hartnäckigen Protest von Teilen der Bauernschaft. Im Jahr 2024 stehen erneut Parlamentswahlen in Indien an. Sollte die derzeitige Regierung erneut die Mehrheit erlangen, dann liegt ein neuer Reformversuch im Bereich des Möglichen. 

Importe an Landmaschinen und Traktoren (in Millionen US-Dollar)
 

2019 

2020 

2021 

2022 

2023

Gesamtimporte

346,7

380,7

458,4

467,4

 

aus Deutschland

10,2

9,6

5,2

8,0

6,7 *

SITC-Gruppen 721 und 722; Die Einfuhr aus Deutschland betrifft fast ausschließlich Landmaschinen und kaum Traktoren. *) Wert bis einschließlich Oktober und basierend auf den Exportmeldungen Deutschlands.Quelle: UN Comtrade 2023; Statistisches Bundesamt 2023

 

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Trotz wachsender Bevölkerung schafft es Indien, die eigene Bevölkerung weitgehend selbst zu ernähren. Das Land ist eine Agrarmacht und zählt zu den größten Nahrungsmittelproduzenten der Welt. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen führt den Subkontinent als den größten Produzenten von Milch und Hülsenfrüchten und den zweitgrößten Hersteller von beispielsweise Reis, Weizen, Obst und Gemüse. Bei der Produktion von Tee und Kaffee, aber auch von Fleisch nimmt Indien ebenfalls einen der vorderen Plätze ein, was die Spannbreite der landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Landes unterstreicht. 

Die überwiegende Mehrzahl der Landwirte bewirtschaftet nur kleine Flächen. Aus Angaben des letzten Agrarzensus geht hervor, dass rund 86 Prozent der bewirtschafteten Agrarflächen maximal 2 Hektar groß sind. Weniger als 1 Prozent sind größer als 10 Hektar. Zwar beziehen sich die Werte auf das Finanzjahr 2015/2016 (1. April bis 31. März), allerdings dürften sie sich seitdem kaum signifikant geändert haben.  

Der Erwerb von als Agrarland ausgewiesenen Flächen ist Ausländern nicht gestattet. In manchen Bundesstaaten dürfen zudem nur als Landwirte registrierte Personen Agrarland erwerben, ansonsten muss eine Ausnahmegenehmigung von den Behörden eingeholt werden. Zusätzlich gibt es in einigen Bundesstaaten Obergrenzen für die maximal erwerbbare Gesamtgröße des Landes. 

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