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Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Strengere Bauvorschriften und Programme zur energetischen Sanierung von Gebäuden sollen den steigenden Energieverbrauch bremsen.

Von Boris Alex | New Delhi

Gebäudesektor bietet Potenzial zur Energieeinsparung

Die indische Regierung hat sich beim Klimaschutz ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis 2070 will der Subkontinent klimaneutral sein. Um das Net-Zero-Ziel zu erreichen, soll vor allem die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen ausgebaut werden. Indien will aber in den kommenden Jahren auch Maßnahmen ergreifen, um den Energieverbrauch von Gebäuden vom wachsenden Bedarf an Wohnraum abzukoppeln. Etwa 40 Prozent des städtischen Energieverbrauchs entfallen auf den Sektor. Der Konsum soll jedes Jahr um 8 Prozent zulegen. Der Stromverbrauch von Wohngebäuden dürfte sich in den Städten bis 2050 verdreifachen, schätzt die Internationale Energieagentur IEA.

Der Anteil von Gebäuden an den gesamten Emissionen von Kohlendioxid (CO2) liegt direkt bei 5 Prozent und indirekt bei 15 Prozent, so Climate Transparency. Indien belegte 2020 beim Energieverbrauch von Gebäuden gemessen in Tonnen CO2 pro Kopf unter den G20-Nationen zwar den vorletzten Platz. Allerdings verzeichnete der Subkontinent zwischen 2015 und 2020 mit durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr auch die größten Zuwächse hinter China, so eine Analyse von Climate Transparancy. Vor allem Klimaanlagen treiben den Energieverbrauch im Gebäudesektor in die Höhe. So soll sich bis 2038 der Anteil der klimatisierten Wohnfläche auf 40 Prozent vervierfachen.

Gesetzgeber fordert und fördert nachhaltiges Bauen 

Mit dem 2017 verabschiedeten Energy Conservation Building Code (ECBC) will Indien den Energieverbrauch von gewerblichen und öffentlichen Neubauten bis 2030 um bis zu 50 Prozent gegenüber 2017 reduzieren. Dadurch ließen sich bis zu 250 Millionen Tonnen CO₂ einsparen, so die Berechnung des Bureau of Energy Efficiency (BEE). Für Wohngebäude ab einer angeschlossenen Leistung von 100 Kilowatt gilt seit 2018 der ECBC-Residential-Kodex. Laut BEE verbrauchen nach ECBC-Vorschriften errichtete Bauten zwischen 17 und 42 Prozent weniger Energie. Über ihr "National Building Energy Efficiency Programme" fördert die Regierung die energetische Sanierung öffentlicher Bestandsbauten. Dadurch konnten seit 2017 mehr als 813.000 Tonnen CO₂ eingespart werden.

Mit dem "Green Rating for Integrated Habitad Assessment" (GRIHA) gibt es seit 2007 ein staatlich anerkanntes Effizienzlabel für Gebäude. Bis Ende 2022 haben allerdings erst 527 ein GRIHA-Zertifikat erhalten. Bei der Zertifizierung nach LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) lag der Subkontinent 2022 auf Rang zwei hinter China. Insgesamt 323 Gebäude mit einer Fläche von 10 Millionen Quadratmetern erhielten die international anerkannte Auszeichnung - doppelt so viele wie im Jahr davor. Damit sind inzwischen fast 2.000 Gebäude mit einer Gesamtfläche von über 56 Millionen Quadratmetern nach LEED zertifiziert.

Indische Baubranche ist sehr preissensibel

Um seine ehrgeizigen Klimaschutzziele zu erreichen, muss Indien das Einsparpotenzial im Gebäudesektor viel stärker aktivieren als bisher. Mit jeder Verschärfung der energetischen Bauvorschriften eröffnen sich auch wachsende Geschäftschancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bausektor. Zwar sind sich Branchenunternehmen und zum Teil auch die Kunden - vor allem bei gewerblichen und öffentlichen Bauten - der Thematik bewusst. Die Preissensibilität ist allerdings im Bausektor sehr ausgeprägt und Bauherren werden eher selten über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen, wenn den zusätzlichen Kosten keine höheren Erträge gegenüberstehen.

Bei Gewerbebauten kann dies aber auch ein Imagegewinn für das Unternehmen durch eine "grüne" Fabrik oder Bürohaus sein. Bei Wohngebäuden ist die Priorität in der Regel nicht Energieeffizienz, sondern Kostensenkung und im Hochpreissegment zudem die "Annehmlichkeiten" wie ein Swimmingpool, was eher konträr zu den Klimazielen steht. Mit dem Argument einer langfristigen Energiekosteneinsparung durch den Einsatz effizienter Baumaterialien, kann ein Hersteller meist nicht punkten, da die meisten indischen Bauherren eher kurzfristige Finanzierungshorizonte anpeilen.

Bewusstsein für grünes Bauen wächst - aber auf sehr niedrigem Niveau

Aber es findet langsam ein Umdenken statt. Waren beispielsweise doppelt oder dreifach verglaste Kunststofffenster in Indien vor zehn Jahren noch Exoten, kommen sie zumindest im Hochpreissegment inzwischen verstärkt zum Einsatz - weniger wegen der Energieeinsparung, sondern wegen des besseren Schutzes gegen die Luftverschmutzung in den Großstädten. Auch werden immer öfter zentrale Klimaanlagen statt wie bislang Einzelgeräte in jedem Zimmer eingebaut. Der Absatz von Smart Home-Technik, mit denen sich der Energieverbrauch senken lässt, wächst auch in Indien und könnte sich bis 2027 auf 7 Milliarden US$ verdoppeln, so die Prognose von Statista.

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