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Metallverarbeitung: Laser, schneiden aus Metall | © GettyImages/prescott09

Special | Indien | Beschaffung

Bei der Metallwarenbeschaffung lohnt sich der Blick nach Indien

Die Unternehmen in der indischen Metallindustrie sind mehrheitlich klein bis mittelgroß. Exporte, auch nach Deutschland, spielen bereits eine Rolle, sind aber ausbaufähig. 

Von Florian Wenke | Mumbai

Indien hat großes Interesse daran, stärker in internationale Lieferketten eingebunden zu werden. Das Land verfügt über eine breite industrielle Basis, zu der neben der Schwerindustrie auch weiterverarbeitende Unternehmen gehören.

Die Spezialstahlproduktion zieht stark an

Der indischen Regierung ist es gelungen, in den vergangenen Jahrzehnten eine leistungsfähige Stahlindustrie aufzubauen. Mittlerweile liegt das Land in Bezug auf die hergestellten Stahlmengen auf Rang 2 hinter China. Die World Steel Association meldete, dass 2023 in Indien 140,2 Millionen Tonnen Rohstahl hergestellt wurden – gut 12 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Im Bereich der Spezialstahlherstellung besteht noch deutliches Steigerungspotenzial. Dies hat die Regierung erkannt und Subventionen in Form von Production-Linked Incentives bereitgestellt. Diese sind an wachsende Herstellungsmengen geknüpft und ziehen zwingend Investitionen in neue Kapazitäten nach sich. Im Februar 2024 gab das zuständige Ministry of Steel den aktuellen Zwischenstand bekannt: Es gibt Absichtserklärungen mit 57 Unternehmen sowie potenzielle neue Produktionskapazitäten an Spezialstahl bis 2028 im Umfang von 25 Millionen Tonnen pro Jahr. Laut Ministeriumsangaben haben bereits fünf Unternehmenseinheiten die Produktion aufgenommen und weitere neun Standorte sollen demnächst mit der Herstellung beginnen. 

Damit dürfte sich die Produktionsmenge von Spezialstahl bis 2028 auf circa 42 Millionen Tonnen jährlich verdoppeln. Das ist auch das von der Regierung angepeilte Ziel. Ein Großteil der zusätzlichen Produktion soll Importe ersetzen. Dennoch dürfte ein Teil den Weg in den Export finden und damit eine Beschaffungsalternative für deutsche Einkäufer darstellen.      

Kleine Gießereien können ihre Auslastung erhöhen

Indien verfügt über zahlreiche Unternehmen, die in der Metallverarbeitung tätig sind und die in etwa zwei Millionen Personen beschäftigen, davon 1,5 Millionen indirekt. Dazu gehören beispielsweise 4.500 bis 5000 Gießereien, die Metallteile herstellen. Rund 90 Prozent der Gießereien sind kleine und mittlere Unternehmen. Der Branchenumsatz liegt bei etwa 20 Milliarden US-Dollar (US$), Exporte steuern gut 3,9 Milliarden US$ dazu bei. Im Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) stellten die Unternehmen insgesamt Waren im Umfang von 14,2 Millionen Tonnen her. Zu fast 70 Prozent handelt es sich um Grauguss.

Branchenangaben von Ende 2023 beziffern die Kapazitätsauslastung der Unternehmen auf bis zu 80 Prozent, wenn es Firmen sind, die vertikal mit Vorstufenbetrieben integriert (backward integration) sind. Bei den vielen kleinen und Kleinstgießereien soll die Auslastung hingegen nur bei circa 50 Prozent liegen. Vor allem Gießereien, die für den Export arbeiten, sollen noch Möglichkeiten für zusätzliche Produktion besitzen. 

Gießerei- und Schmiedeprodukte gehen oftmals an die Kfz-Industrie

Das Institute of Indian Faundrymen geht davon aus, dass rund 1.500 Gießereien über internationale Qualitätszertifizierungen verfügen. Das dürften die im Export tätigen Unternehmen sein. Die Gießereien haben bereits Erfahrung in der Produktion für Kundengruppen, die auch in Deutschland stark vertreten sind, insbesondere die die deutsche Automobilbranche, die knapp ein Drittel der Produkte aus indischen Gießereien abnimmt. Weitere wichtige indische Produkte für den Export sind Rohre und Formstücke, Teile für Landmaschinen, Sanitär-, Eisenbahn- und Maschinenteile sowie Pumpen und Kompressoren.

Kleinere Gießereien sind im ganzen Land verteilt. Allerdings gibt es einige Schwerpunktregionen bei leistungsfähigeren Produzenten. Oft haben sich die verschiedenen Cluster auf spezielle Produktkategorien spezialisiert, so stellen beispielsweise viele Gießereien rund um Kolhapur und Belgaum Autoteile her. 

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Schätzungen zufolge verfügt Indien über 400 industrielle Schmieden. Für 2022/2023 gehen Branchenkenner von einer Fertigung von 2,2 Millionen Tonnen aus. Davon gingen etwa 30 bis 35 Prozent in den Export. Zukünftig soll die Fertigung auf rund 4 Millionen Tonnen jährlich steigen. Da die Fertigungskapazität bei etwa 5 Millionen Tonnen liegt, besteht theoretisch die Möglichkeit, zusätzliche Produkte herzustellen.   

Im Hinblick auf ihre Verfahren dominieren Gesenkschmieden mit einem Anteil von etwa 70 Prozent. Weitere 17 Prozent sind Freiformschmieden und etwa 6 Prozent Ringwalzwerke. Die Association of Indian Forging Industry gibt an, dass lediglich 8 Prozent aller Schmieden größere Betriebe mit mehr als 30.000 Tonnen Jahresproduktion sind. Es dominieren Kleinstschmieden. Schwerpunkte liegen hier im Westen und Norden des Landes. 

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Je nach Quelle liegt der Anteil der Automobilindustrie als Abnehmer von Schmiedeteilen zwischen 60 und 80 Prozent. Branchenkenner erwarten, dass sich dieser Wert mit dem Wandel zu mehr Elektromobilität deutlich verringern wird. Damit werden Kapazitäten für die Herstellung anderer Produkte frei, sofern die Schmieden in die Umstellung ihrer Produktion investieren.  

Indien liefert immer mehr Metallteile nach Deutschland

Indien exportiert Metall für mehrere Milliarden US-Dollar weltweit. Im Jahr 2022 waren es für über 10,5 Milliarden US$ Metallwaren und für fast 5,2 Milliarden US$ Maschinenteile, wie unten stehende Grafik verdeutlicht. Der deutsche Anteil an diesen Ausfuhren wächst immer mehr. Beispielsweise lag der Anteil der Exporte von Maschinenteilen nach Deutschland an den Gesamtausfuhren 2022 bei 9,2 Prozent fast 3 Prozentpunkte mehr als noch fünf Jahre zuvor.

Herausforderungen bei der Beschaffung in Indien

Bisher gibt es kein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien, allerdings wird derzeit verhandelt. Zahlreiche Experten gehen aber frühestens für 2025 von einer möglichen Einigung aus. Dadurch fallen auf viele Metallwaren Zölle bei der Einfuhr nach Deutschland an und machen diese teurer.

Hinzu kommen die Logistikkosten. Zwar baut Indien derzeit seine Verkehrsinfrastruktur deutlich aus, allerdings kann der Transport in Indien zeitintensiv sein und Waren zusätzlich verteuern.

Hinweise zu Transport und Logistik

  • Im Logistics Performance Index der Weltbank von 2023 belegt Indien Rang 38 von 138 Ländern. Im Jahr 2018 war es noch Rang 44. 
  • Rund zwei Drittel des Frachtvolumens werden über die Straße befördert, auf den Schienengütertransport entfallen 27 Prozent.
  • Indien investiert in den Ausbau und die Modernisierung seiner Verkehrsinfrastruktur. Dadurch werden sich die Transportzeiten verkürzen und die Logistikkosten sinken.
  • In der Transport- und Logistikbranche dominieren nach wie vor kleine und mittelständische Unternehmen aus dem informellen Sektor, die häufig nicht internationale Qualitätsstandards erfüllen.
  • Der Warenverkehr ist immer stärker digitalisiert und die Betreiber der großen Seehäfen wollen die Umschlagzeiten weiter senken.

GTAI bietet weitere Informationen zu den Themen Transport & Logistik in Indien und zu zollrechtlichen Regeln unter Wareneinfuhr in die EU.

Zudem sollten Einkäufer genau prüfen, ob die gewünschten Produkte in ausreichenden Mengen und in gewünschter Qualität geliefert werden können. Insbesondere die vielen Klein- und Kleinstunternehmen könnten sich mit größeren Bestellungen übernehmen. 

Kulturelle Aspekte sollten beim Einkauf in Indien gleichfalls beachtet werden. Es gilt, Beziehungen langfristig aufzubauen und zu pflegen. Der persönliche Kontakt zwischen den Partnern ist wichtig und sollte auf Augenhöhe erfolgen. 

Hinweise zur Geschäftspraxis

  • Langfristige Beziehungen spielen im indischen Geschäftsleben eine wichtige Rolle und sollten beim Aufbau eines Lieferantennetzwerks berücksichtigt werden.
  • Eine enge Steuerung der Lieferbeziehungen ist sehr wichtig  bereits bei den Verhandlungen muss intensiv geprüft werden, ob die Produkte in der versprochenen Menge und Qualität über die Vertragslaufzeit geliefert werden können.
  • Lieferverträge sollten juristisch wasserdicht sein, um langwierige und teure Gerichtsverfahren möglichst schon im Vorfeld auszuschließen.
  • Harte Preisverhandlungen und -nachverhandlungen sind in Indien die Regel  hier sollte man flexibel bleiben, aber sich auch nicht verbiegen.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Publikation Verhandlungspraxis kompakt Indien.

Kontaktadressen
BezeichnungAnmerkung
Germany Trade & InvestInformationen zum Thema Außenwirtschaft
AHK Indien
(Deutsch-Indische Handelskammer) 
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen
Indian Foundry AssociationFachverband für Geißereien
Institute of Indian Foundrymen Fachverband für Geißereien
Association of Indian Forging IndustryFachverband für Schmieden
Ministry of SteelMinisterium, zuständig für die Stahlindustrie

 

Hersteller von Metallprodukten sind auf allen einschlägigen Fachmessen, wie zum Beispiel für die Chemie- oder die Automobilzuliefererbranche, zu finden. 

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