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Wirtschaftsausblick | Irland

Irlands Wirtschaft im Brennglas der US-Handelspolitik

Irlands Wirtschaft zeigt sich bislang robust gegenüber der US-Handelspolitik. Diese Stabilität könnte bald ins Wanken geraten – insbesondere im Pharmasektor.

Von Marc Lehnfeld | London

Top-Thema: US-Zollandrohungen setzen Pharmastandort Irland unter Druck

Die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump setzt Irlands Wirtschaftsmodell unter Druck: Rund 40 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen auf der irischen Insel stammen von amerikanischen Unternehmen, die den Standort als Exportdrehscheibe nutzen – auch in die USA. Sollten künftige US-Zölle die Ausfuhren verteuern, könnten Produktionskapazitäten in die USA verlagert werden – ganz nach dem Kalkül der US-Administration. Dabei hatte sich Irland über Jahrzehnte zu einem bedeutenden Hightech-Produktionsstandort entwickelt und damit die Offenheit des internationalen Handels genutzt.

Besonders betroffen von den Zöllen wären Branchen wie Halbleiter, Medizintechnik oder elektronische Konsumgüter. Im Fokus stehen für Irland aber auch Pharmaprodukte. Sie machen 43 Prozent der irischen Industrieproduktion und 45 Prozent der Warenexporte im Jahr 2024 aus. Ein Großteil davon geht in die USA. Irland ist nach Deutschland und der Schweiz der weltweit drittgrößte Pharmaexporteur

Vor diesem Hintergrund blicken US-Pharmakonzerne mit Sorge auf ein aktuell laufendes Prüfverfahren ("Section 232"). Darin untersucht das US-Handelsministerium, ob die Importabhängigkeit bei Arzneimitteln eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt. Auf dieser Grundlage könnte der US-Präsident dann Strafzölle verhängen. 

Spätestens bis zum Jahreswechsel wird Präsident Trump auf Basis des Prüfberichts über mögliche Strafzölle entscheiden. Sollten die Zölle eingeführt werden, warnt der irische Finanzminister Paschal Donohoe, könnten in Irland bis zu 75.000 Arbeitsplätze verloren gehen.

Wirtschaftsentwicklung: Solide Binnenkonjunktur trotz internationaler Risiken

Irlands wirtschaftliche Lage bleibt trotz zunehmender geopolitischer Unsicherheiten insgesamt robust. Das Economic and Social Research Institute (ESRI) rechnet für das Jahr 2025 mit einem Anstieg der modifizierten Binnennachfrage (MDD) um 2,3 Prozent. Diese Kennzahl gilt als bester Indikator für die irische Konjunktur, da sie stark verzerrende Effekte multinationaler Konzerne ausklammert. 

 

Der private Konsum trägt 2025 maßgeblich zum Wachstum bei. Wesentliche Treiber sind steigende Reallöhne, eine wachsende Bevölkerung sowie eine stabile Erwerbsbeteiligung. Gleichzeitig liegt die Inflation mit erwarteten 2 Prozent im Jahresdurchschnitt auf moderatem Niveau. Die Beschäftigung erreicht laut ESRI mit 2,8 Millionen Personen einen historischen Höchststand, die Arbeitslosenquote bleibt mit durchschnittlich 4,2 Prozent niedrig.

Ein starker Produktionsanstieg und Lagerverschiebungen im Pharmasektor führten zu großvolumigen US-Exporten zu Jahresbeginn und zu einem deutlichen Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) im 1. Quartal 2025 um 9,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Dieser Effekt ist jedoch einmalig und wird deshalb von einem BIP-Abfall im 2. Quartal korrigiert. Ohnehin schlägt der Produktionsanstieg nicht auf die Realwirtschaft durch, denn die modifizierte Binnennachfrage ist nur um 0,8 Prozent angestiegen. 

Für das Gesamtjahr 2025 erwartet das ESRI ein Wachstum der Waren- und Dienstleistungsexporte um 5,4  Prozent. Die Investitionstätigkeit bleibt hingegen verhalten, insbesondere im Bausektor. Die Zahl der Fertigstellungen soll 2025 bei rund 33.000 Wohnungen liegen – deutlich unter dem geschätzten strukturellen Bedarf von 50.000 bis 60.000 Einheiten jährlich.

Der irische Einkaufsmanagerindex (Manufacturing PMI) lag im Mai 2025 zum fünften Mal in Folge über der 50er-Marke und beweist damit wirtschaftlichen Optimismus. Er wird von solider Inlandsnachfrage und Investitionen in die Produktionskapazitäten getragen. Insgesamt bleibt die Binnenwirtschaft stabil. Risiken bestehen jedoch mittelfristig insbesondere in einer möglichen Ausweitung protektionistischer Maßnahmen durch die USA, die sich in verteuerten irischen Exporten, einem Produktionsabfall und vorsichtigen Konsumenten ausdrücken könnte. 

Deutsche Perspektive: Importe aus Deutschland steigen deutlich – Pharmalieferungen dominieren

Die Diskussion um potenzielle US-Strafzölle auf Pharmaeinfuhren beeinflusst den irischen Außenhandel bereits jetzt – auch im bilateralen Handel mit Deutschland. Von Januar bis April 2025 haben sich Irlands Pharmaexporte gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. In die USA, den wichtigsten Abnehmermarkt, betrug der Anstieg sogar fast das Vierfache. Irische Unternehmen nutzen die verbleibende Zeit, um Lagerbestände in den Vereinigten Staaten aufzubauen, bevor mögliche Zölle den Warenverkehr verteuern.

 

Der Handel mit Deutschland profitiert von dieser Entwicklung. Die Importe aus der Bundesrepublik legten im gleichen Zeitraum um fast 120 Prozent zu – so stark wie aus keinem anderen Lieferland. Verantwortlich sind ebenfalls die Pharmalieferungen, vor allem Vorleistungsgüter. Diese Einfuhren stiegen um mehr als das Siebenfache. Dabei haben sich offensichtlich auch die Lieferketten verschoben, denn Deutschland löste auch die USA als wichtigstes Lieferland von Pharmaprodukten ab. 

Ohne Berücksichtigung von Pharmaprodukten stiegen Irlands Gesamtimporte in den ersten vier Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lediglich um rund 1 Prozent. Die Importe aus Deutschland wuchsen hingegen – auch ohne Pharma – um mehr als 13 Prozent. Dafür sorgt ein weiterer Sondereffekt: Die Flugzeugeinfuhren haben sich mehr als verachtfacht, in erster Linie wahrscheinlich aufgrund von Buchimporten, da Irland ein wichtiger Standort internationaler Flugzeug-Leasinggesellschaften ist. Zieht man auch diesen Effekt ab, sind die Importe aus Deutschland um über 8 Prozent gefallen. Bei Pkws beträgt der Rückgang fast 6 Prozent.

Weitere Informationen zu Irland finden Sie auf der GTAI-Länderseite.

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