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Special | Italien | Energiesicherheit und -preise

Erneuerbare Energien sollen Versorgung langfristig sichern

Italien ist stark auf Energieimporte angewiesen. Die Preise waren 2022 für Haushalte und Unternehmen um 21 Prozent bis 54 Prozent teurer als im Durchschnitt der Europäischen Union.

Von Torsten Pauly | Mailand

Italiens Nettoenergieimporte haben die eigene Erzeugung 2021 um das 2,3-fache übertroffen. Wegen der gestiegenen Weltmarktpreise haben sich die Energieeinfuhren (SITC 3) 2022 um 120 Prozent auf 140,6 Milliarden Euro verteuert. Italiens Außenhandelsdefizit mit Energie ist sogar um 129 Prozent auf 108,5 Milliarden Euro gestiegen.

Gas- und Strompreise sind sehr hoch

Auch die italienischen Endkunden mussten zuletzt deutlich mehr bezahlen. Im 2. Halbjahr 2022 fielen für Unternehmen 12,3 Eurocent für eine Kilowattstunde Gas an. Dies kommt einer Teuerung von 132,6 Prozent gegenüber demselben Vorjahreszeitraum gleich. Zudem lag das Niveau um 20,5 Prozent über dem Durchschnitt der Europäischen Union (EU). Strom kostete die Wirtschaft zwischen Juli und Dezember 2022 etwa 39,1 Eurocent pro Kilowattstunde. Das waren sogar 54,2 Prozent mehr als im EU-Vergleich und 80 Prozent mehr als vor Jahresfrist.

Haushalte mussten für eine Kilowattstunde Gas im 2. Halbjahr 2022 im Durchschnitt 24,6 Eurocent bezahlen. Das waren 30,9 Prozent mehr als im selben Zeitraum 2021 und 50,9 Prozent mehr als im EU-Mittel. Strom kostete Privatverbraucher in den vergangenen sechs Monaten 2022 etwa 39,2 Eurocent pro Kilowattstunde. Dies ist ein Anstieg von 50,1 Prozent gegenüber Jahresfrist. Im EU-Durchschnitt fielen für Haushalte 28,8 Prozent weniger an.

Italien schichtet Lieferquellen für fossile Brennstoffe um

Noch 2022 war Russland trotz der Sanktionen im Zuge des Angriffskriegs auf die Ukraine wichtigster Energielieferant, 16,6 Prozent aller Importe kamen von dort. Das Bild hat sich zuletzt jedoch stark gewandelt, denn im 1. Halbjahr 2023 betrug der russische Anteil nur noch 3,1 Prozent. In den ersten sechs Monaten 2023 war Algerien die wichtigste Bezugsquelle, gefolgt von Aserbaidschan, anderen EU-Ländern, Libyen, den USA, Saudi-Arabien, Norwegen, Kasachstan und Katar.

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Mit Algerien und Libyen unterhält Italien traditionell enge Lieferbeziehungen für Öl und Gas. Zukünftig sollen dort Strom und Wasserstoff aus Fotovoltaikanlagen hinzukommen. Daneben gewinnen fossile Brennstoffe, insbesondere aus Aserbaidschan, Kasachstan und Katar an Bedeutung.

Wichtige Indikatoren zum Energiemarkt
 

Italien

Deutschland

Bevölkerung (in Mio.)

59,1

83,2

Energieproduktion (PJ) 2020

1.473

4.045

Stromverbrauch (TWh) 2021

312,3

550,7

Nettoenergieimporte (PJ) 2021

4.793

7.916

Pro-Kopf-Verbrauch (GJ/Kopf) 2021

103,8

144,9

CO2 Emissionen (Mio. T) 2021

297

622

Strompreis Industrie (Euro/MWh) 2022

235,4

151,2

Strompreis Endverbraucher (Euro/MWh) 2022

311,5

327,9

PJ=petajoule, GJ=gigajoule.Quelle: IEA 2023; Eurostat 2023

Italien hat erneuerbare Energieträger in den vergangenen Jahren bereits ausgebaut. Dennoch haben fossile Brennstoffe 2021 noch über vier Fünftel zur Wärme- und knapp drei Fünftel zur Stromerzeugung beigetragen. Italien hat keine Atomkraftwerke.

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Regierung will Nationalen Energie- und Klimaplan anpassen

Grundlegend für die Energiepolitik der nächsten Jahre ist der Nationale Klima- und Energieplan von 2021 bis 2027. Diesen hat Italien wie alle anderen EU-Länder erstellt. Im Juni 2023 hat die italienische Regierung nochmals ehrgeizigere Ziele vorgestellt, um auf die schwierige Versorgungslage mit fossilen Brennstoffen zu reagieren. Diese befinden sich seither in Abstimmung mit der Europäischen Kommission.

Erneuerbare Quellen sollen 2030 demnach 40,5 Prozent statt 30 Prozent des Endenergieverbrauchs decken. Der nötige Kapazitätsausbau soll deutlich schneller erfolgen. Bis 2030 sieht die Regierung bei den Fotovoltaikkapazitäten nun mehr als eine Verdreifachung auf 79,9 Gigawatt vor. Diese haben sich Ende 2022 auf 24,2 Gigawatt summiert. Dies eröffnet deutschen Anbietern große Geschäftschancen. Landeskenner sind sich jedoch uneins, ob sich alle Investitionen in der Kürze der Zeit realisieren lassen. Gründe hierfür sind die Lieferkapazitäten der Hersteller und auch ein Fachkräftemangel.

Große Projekte für Offshore-Windparks und Wasserstoff

Italien hatte Ende 2022 Windkraftanlagen zu Lande und zu Wasser mit einer Leistung von 11,7 Gigawatt installiert. Bis 2030 soll diese Kapazität um das 2,4-fache auf 28,2 Gigawatt steigen. Hohe Investitionen fließen vor allem in Offshore-Projekte. Anfang 2023 hat das Unternehmen Hexicon die Genehmigung zur Errichtung von sechs Meereswindparks mit einer Gesamtleistung von 7,1 Gigawatt erhalten. Auch das Unternehmen Green IT will mit dem dänischen Fonds CI IV bis 2026 vor der sizilianischen Küste bei Marsala 250 Gigawatt installieren. Weitere 500 Megawatt sollen bis 2028 in den Gewässern um Sardinien folgen.

Weitere 3,2 Gigawatt sieht das Offshore-Projekt HyMed vor. Dieses wollen die Investoren Aquaterra Energy und Seawind Ocean Technology bis 2027 realisieren. Von der Gesamtkapazität soll 1 Gigawatt zur Erzeugung von grünem Wasserstoff dienen. Bis 2030 sollen in Italien insgesamt Elektrolyseanlagen von 5 Gigawatt entstehen. Dies sieht die Nationale Wasserstoffstrategie des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung vor. Die nötigen Investitionen beziffert die Strategie auf 10 Milliarden Euro.

Ausbau von Süd-Nord-Stromtrassen

Der Besitzer und Betreiber des landesweiten Stromübertragungsnetzes Terna will von 2023 bis 2032 etwa 21 Milliarden Euro in seine Leitungen investieren. Dies sind 17 Prozent mehr als im bisherigen Zehnjahresplan.

Allein 11 Milliarden Euro fließen in bessere Stromverbindungen zwischen den südlichen und nördlichen Regionen. Dieses als Hypergrid bekannte Projekt sieht neben fünf neuen Haupttrassen mit einer Gesamtlänge von 2.900 Kilometern auch mehrere Umspannwerke vor. In Italien sind die Bedingungen für Wind- und Solarstrom im Süden oft besonders günstig, während der Verbrauch im Norden wegen der Bevölkerungsdichte und Wirtschaftskraft sehr hoch ist.

EU-Fördermittel unterstützen den Umbau des Energiemix

Italien setzt auf EU-Fördergelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität für Investitionen in den Energiesektor ein. Diese wurde 2021 zur Konjunkturbelebung in der Coronakrise durch Investitionen in Zukunftstechnologien ins Leben gerufen. Zwischen 2021 und 2027 fließen 13,4 Milliarden Euro in die Nutzung erneuerbarer Energiequellen, darunter 3,2 Milliarden Euro in Wasserstoffprojekte und 2 Milliarden Euro in die Produktentwicklung. Weitere 15,4 Milliarden Euro stehen für Energieeffizienzmaßnahmen bereit.

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