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Branchen | Jordanien | Tourismus

Rendezvous mit Petra

Im Tourismussektor kann Jordanien vorwiegend mit den Themen Geschichte, Religion und Natur punkten. Darüber hinausgehende Potenziale werden bislang noch kaum genutzt.

Von Detlef Gürtler | Berlin

Der Tourismus ist eine der außenwirtschaftlich wichtigsten Branchen Jordaniens. Die 4,1 Milliarden Dinar (etwa 5,8 Milliarden US-Dollar), die Reisende im Jahr 2022 ins Land brachten, entsprechen fast der Hälfte des jordanischen Warenexports. Entsprechend heftig wurde nicht nur die Branche, sondern ganz Jordanien durch den fast völligen Zusammenbruch des Tourismus während der Coronapandemie getroffen.

Einbruch nach Covid bereits 2022 wettgemacht

Schon im Jahr 2022 ist die Branche wieder auf dem Stand vor der Pandemie angekommen. Sowohl beim Umsatz als auch bei der Zahl der Reisenden (5,05 Millionen) wurden nach Angaben des Tourismusministeriums praktisch die gleichen Zahlen wie 2019 erreicht. Damit hat Jordanien den eigenen Sanierungsplan übertroffen – die Rückkehr zum Niveau von 2019 war in der nationalen Tourismusstrategie von 2021 erst für das Jahr 2024 angepeilt worden.

Den größten Anteil daran haben bislang nicht so sehr die bedeutenden Reisenationen aus Europa und Ostasien, als vielmehr die Gäste aus den Nachbarstaaten (Saudi-Arabien, Palästina, Israel, Ägypten, Syrien, Irak) sowie im Ausland residierende Jordanier auf Heimatbesuch. Allein auf diese beiden Personengruppen entfallen aktuell etwa drei Viertel aller Reisen nach Jordanien.

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Geschichte, Religion und Natur als touristische Trümpfe

Die Modernisierungsvision des Landes von 2022 legt bei der Tourismusindustrie einen starken Fokus auf die Diversifizierung der Herkunftsländer und auch der Urlaubsaktivitäten. Jordanien soll "eine Top-Destination für qualitätsbewusste Urlaubende" werden. Als aussichtsreiche Sektoren werden benannt:

  • Geschichtstourismus: Hauptattraktion ist hier die Weltkulturerbestadt Petra, vor 2000 Jahren Metropole des Nabatäer-Reichs. Dazu kommen römische Stätten in der Hauptstadt Amman sowie in Jerasch, aber auch Bauten aus der Zeit der Kreuzfahrer, vor allem deren Festung im heutigen Kerak.
  • Religionstourismus: Am jordanischen Ufer des Jordan liegt in Al-Maghtas die mutmaßliche Taufstätte Jesu, ein Ort des Weltkulturerbes und Anziehungspunkt für christliche Pilger. Sowohl für Christen als auch für Juden bedeutend ist der Berg Nebo, von dem aus Moses auf das Gelobte Land schauen durfte. Zudem befindet sich in Madaba südlich von Amman die älteste erhaltene Landkarte des Heiligen Landes, ein Mosaik aus dem 6. Jahrhundert.
  • Naturtourismus: Besonderes Potenzial hat hier die weltweit einzigartige Gegend des Toten Meeres, auch wenn dort bislang der Nachbar und Wettbewerber Israel den bei weitem größeren Marktanteil hat. Aber auch einige von Jordaniens Wüstenlandschaften sind spektakulär, vor allem das Wadi Rum nördlich von Akaba.
  • Medizintourismus: Amman ist ein regionales Medizinzentrum, viele Patienten vor allem aus der Golfregion lassen sich dort operieren. Wachstumspotenzial besteht darüber hinaus für Wellnesstourismus zum Toten Meer.

Startschuss für Kreuzfahrttourismus

Ein weiterer, in Jordanien gerade erst entstehender Tourismuszweig sind Kreuzfahrten. Mit der Eröffnung des Kreuzfahrtterminals in Akaba im Januar 2023 ergibt sich eine massive Chance, die Zahl der Gäste deutlich zu steigern – wenn auch jeweils nur für Tagesausflüge. Das Terminal ist ein Public-private-Partnership-Projekt der jordanischen Aqaba Development Corporation und des Logistikkonzerns AD Ports Group aus Abu Dhabi. Während der Hauptsaison im Winter soll es mehr als 100.000 Reisenden Platz bieten. Für Bade- und Tauchtourismus hingegen eignet sich Jordanien weniger – bei insgesamt nur 26 Kilometer Küstenlinie und starker industrieller Inanspruchnahme bieten sich andere Destinationen eher an.

Weitere spezialisierte Sektoren wie Kongress-, Event-, Abenteuer-, Öko- oder Filmtourismus sind ebenfalls erwünscht, aber noch kaum entwickelt. Wie in manch anderer Branche Jordaniens gibt es auch hier mehr Potenzial als Substanz. Oder, wie es die Modernisierungsvision ausdrückt: "Unterentwickelte Stätten und Services haben ein hohes Wachstumspotenzial, wenn sie erst entwickelt sind." Die jordanische Regierung hofft auf einen Reboundeffekt nach Covid-19: Planungen, die durch die Pandemie gestoppt wurden, können wieder hervorgeholt werden und Konzepte, die in der Zwangspause entstanden sind, warten auf ihre Umsetzung.


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