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Markttrends
Vor allem die alternde Bevölkerung und häufiger auftretende chronische Krankheiten führen zu einer Mehrnachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen und medizinischer Technologie.
29.01.2024
Von Heiko Steinacher | Toronto
Das Wachstum der Gesundheitsausgaben in Kanada hielt 2022 und 2023 zwar nicht Schritt mit der Inflation und dem Bevölkerungswachstum. Dennoch dürften sie sich 2023 laut Schätzungen des Canadian Institute for Health Information (CIHI) auf insgesamt 258 Milliarden US-Dollar (US$) belaufen haben – knapp 3 Prozent mehr als 2022. Im Jahr davor waren sie nur um 1,5 Prozent gestiegen. Dem nur bescheidenen Plus der letzten beiden Jahre gehen allerdings deutliche Wachstumsschübe von 8 Prozent (2021) und 13 Prozent (2020) voraus, die der Covid-19-Pandemie geschuldet waren.
Für eine bessere Gesundheitsversorgung nimmt der Staat viel Geld in die Hand
investiert Kanadas Regierung in den nächsten zehn Jahren in die Gesundheitsversorgung.
Nun aber gibt die Regierung in Ottawa richtig Gas: Im Februar 2023 kündigte sie Investitionen in eine bessere Gesundheitsversorgung in Höhe von rund 147 Milliarden US$ an, darunter 35 Milliarden US$ an neuen Mitteln für die Provinzen und Territorien. Das Geld soll über einen Zeitraum von zehn Jahren verausgabt werden. Die Regierung will damit Familien helfen, einen Hausarzt in ihrer Gemeinde zu finden. Außerdem werden die Beschäftigten im Gesundheitswesen unterstützt und der Covid-19-bedingte Rückstau im Gesundheitswesen weiter abgebaut. Darüber hinaus will die Regierung Menschen mit psychischen Erkrankungen und Substanzmissbrauch besser unterstützen und die Gesundheitssysteme modernisieren.
Verschiedene Fachdisziplinen und Sektoren (Hausärzte, Fachärzte, Krankenhäuser) sollen sich stärker vernetzen. Dazu will Kanadas Regierung gezielter mit den Provinzen und Territorien zusammenarbeiten. So kündigte das kanadische Institut für Gesundheitsforschung (CIHR) im 4. Quartal 2023 an, knapp 20 Millionen US$ für die Entwicklung integrierter Versorgungskonzepte durch interdisziplinäre Teams zu investieren. Die Forschungsteams sollen unter anderem Lösungen entwickeln, um die Versorgung von Long-Covid- und chronisch Erkrankten zu verbessern. Ferner sollen mittels digitaler Hilfen, Patienten in ländlichen und abgelegenen Regionen besser versorgt werden.
Zudem werden jetzt zunehmend Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen in Angriff genommen, auf die viele Krankenhäuser in Kanada schon seit Jahren warten. Zur Jahresmitte 2023 befanden sich Gesundheitsprojekte im Wert von über 24 Milliarden US$ in der Beschaffungsphase und über 18 Milliarden US$ in der Lieferphase. Zu den größten zählen der Bau neuer Krankenhäuser in Ottawa, Montreal, Toronto und Québec.
Akteur/Projekt | Investitionssumme (in Mrd. US$)*) | Projektstand | Anmerkungen |
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Ottawa Civic Hospital (Ottawa, Ontario) | 2,1 | frühe Bau-/Planungsphase | Bau eines neuen Krankenhauses mit 641 Einzelzimmern, modernem Traumazentrum und innovativen neurowissenschaftlichen Forschungsprogrammen; Fertigstellung 2028/2029 geplant |
Projet Hôpital Vaudreuil-Soulanges (Montreal, Québec) | 1,9 | Im Bau | Bau eines neuen Krankenhauses mit 404 Krankenhausbetten und einer der größten Notaufnahmen in der Region Montreal; Fertigstellung 2026 geplant |
New Hospital for Sick Children (Toronto, Ontario) | 1,8 | 1. Phase im Bau/ Planungsphase | Projekt zum Wiederaufbau und zur Sanierung des Hospital for Sick Children in Toronto in drei Phasen; das neue Krankenhaus wird insgesamt 430 Betten haben; Fertigstellung 2035 geplant |
Québec City University Hospital Center (Québec City, Québec) | 1,6 | Im Bau | Neuer Krankenhauskomplex mit insgesamt 700 Betten; Fertigstellung 2029 geplant |
St. Paul’s Hospital (Vancouver, British Columbia) | 1 | Im Bau | Bau eines neuen Krankenhauses mit 548 Krankenhausbetten; Fertigstellung 2027 geplant |
Kanadas Medizintechnikmarkt wächst seit 2021 wieder deutlich
Auch die Nachfrage nach Medizintechnikgeräten steigt, da die Kliniken nun den pandemiebedingten Rückstau an elektiven Eingriffen – also solchen, die temporär zurückgestellt und später durchgeführt werden können – zunehmend abbauen. Der im ersten Jahr der Coronapandemie leicht eingeknickte kanadische Medizintechnikmarkt wächst seither wieder deutlich: Bereits 2021 lag er nach Angaben von Statista bei einem Wert 10,7 Milliarden US$ und damit über dem Vorkrisenniveau. Im Jahr 2023 schätzten ihn die Analytiker der Onlineplattform auf etwa 12,2 Milliarden US$; ohne In-Vitro-Diagnostik, auf rund 10,2 Milliarden US$. Der Umsatz mit In-vitro-Diagnostik war 2023 leicht rückläufig. In den folgenden Jahren soll er zwar wieder zulegen, aber nur unterdurchschnittlich stark.
Kanadas Medizintechnikmarkt wird in den nächsten fünf Jahren weiter wachsen, allein 2024 um 7 bis 8 Prozent. Vor allem die alternde Bevölkerung und zunehmende chronische Krankheiten führen zu einer steigenden Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen. Laut dem kanadischen Zentrum für Sucht und psychische Gesundheit (CAMH) ist zudem jedes Jahr jeder fünfte Kanadier von einer psychischen Erkrankung betroffen. Um solchen oder auch körperlichen Erkrankungen, etwa infolge von Angstzuständen und Depressionen, zu begegnen, könnte das Land künftig seine Ausgaben für psychische Gesundheit erhöhen.
Der Abbau des pandemiebedingten Rückstaus eröffnet vielfältige Lieferchancen
Das höchste Wachstum wird in den nächsten fünf Jahren bei medizinischen Apparaturen in der Diabetes-Therapie sowie zahnmedizinischen und kardiologischen Geräten erwartet. Die beiden letztgenannten Segmente, kardiologische und zahnmedizinische Geräte, bilden in Kanada neben diagnostischen Bildgebungs- und orthopädischen Geräten auch die größten Teilmärkte im Bereich Medizintechnik. Sie bergen große Lieferpotenziale: Diagnose-, Therapie- und Beatmungsgeräte, Orthopädie- und Dentaltechnik sowie Prothesen, Spritzen, Nadeln und Katheter werden meist importiert.
Der Digital Health Markt wird laut Statista-Prognosen 2024 um knapp 10 Prozent wachsen, nach gut 4 Prozent im Jahr 2023. Das Wachstum soll bis 2028 etwas abflachen, pro Jahr aber immer noch bei 7,5 bis 8 Prozent liegen. "Digitale Versorgung und Pflege" soll in diesem Zeitraum das stärkste Plus verzeichnen (im Schnitt über 9 Prozent pro Jahr), während die Segmente "Digitale Fitness und Wohlbefinden" und "Online-Arztbesuche" nur unterdurchschnittlich (um jeweils 5 bis 6 Prozent) zulegen werden.
3D-Druck könnte dabei helfen, Versorgungslücken in der Pädiatrie zu schließen
Darüber hinaus könnten Geräte mit künstlicher Intelligenz (KI), für Point-of-Care-Tests (diagnostische Untersuchungen am Behandlungsort) und additive Fertigung dabei helfen, Engpässe in der Kinderversorgung zu beheben. In ganz Kanada treten solche immer wieder auf, zum Beispiel überfüllte pädiatrische Notaufnahmen oder Probleme, einen Gesundheitsdienstleister für Kinder zu finden oder zu erreichen. Engpässe werden auch bei medizinischen Geräten wie pädiatrischen Kathetern, Stents und Zubehör für Beatmungsgeräte gemeldet, für welche die 3D-Drucktechnik oft gute Einsatzmöglichkeiten bietet.
Neben den Kliniken gehören Zahnärzte, Augenärzte und andere Fachkräfte in Pflegeheimen und Heimen zu den wichtigsten Abnehmern. Auch Privatkliniken und ambulante Einrichtungen verzeichnen eine wachsende Nachfrage nach medizinischer Ausrüstung.