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Investitionen in Kanada: Rechtliche Chancen und Risiken

Investitionen in Kanada bieten rechtliche Chancen, doch wer erfolgreich sein möchte, muss auch die Risiken des kanadischen Rechtssystem kennen und steuern.

Von Jan Sebisch | Bonn

Kanada wird für deutsche Unternehmen als Investitionsstandort zunehmend attraktiver. Neben wirtschaftlichen und politischen Faktoren spielen rechtliche Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle für ein Auslandsengagement. Das kanadische Rechtssystem bietet zahlreiche Vorteile, birgt aber auch Herausforderungen, die Unternehmen sorgfältig prüfen sollten.

Vorteile des kanadischen Rechtssystems für deutsche Investoren

Transparentes Rechtsystem

Kanada verfügt über ein hochentwickeltes und stabiles Rechtssystem, das auf dem Common Law basiert (mit Ausnahme der Provinz Québec, die ein Civil Law-System hat). Es genießt weltweit einen sehr guten Ruf in puncto Transparenz, Effizienz und Vorhersehbarkeit. Im Rule of Law Index 2024 des World Justice Project belegt Kanada mit einem Wert von 0,8 im weltweiten Ranking Platz 12. Diese rechtsstaatliche Stabilität gibt Investoren Planungssicherheit und schützt vor willkürlicher oder diskriminierender Behandlung durch staatliche Stellen.

Investorenschutz durch CETA

Ferner schafft das Freihandelsabkommen CETA (The Canada-European Union Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der EU und Kanada einen stabilen und verlässlichen Rechtsrahmen für deutsche Investoren. Dieses Abkommen verbessert nicht nur den Marktzugang für deutsche Unternehmen (zum Beispiel durch den Abbau von Zöllen), sondern enthält auch moderne Investitionsschutzstandards. Deutsche Unternehmen profitieren etwa von einem modernen Investitionsschutzmechanismus, der vor einer unfairen Behandlung oder Diskriminierung schützt.

Vertragsfreiheit und Flexibilität

Das kanadische Vertragsrecht bietet Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität bei der Gestaltung von Vertragsbeziehungen, da das kanadische Common Law im Vergleich zu vielen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen deutlich weniger regulierend eingreift. Während zum Beispiel das deutsche Zivilrecht stark durch kodifizierte Regelungen geprägt ist, setzt das kanadische Common Law wesentlich stärker auf die Autonomie der Vertragsparteien. Unternehmen können ihre vertraglichen Beziehungen weitgehend frei und an ihren Geschäftsbedürfnissen orientiert gestalten.

Effizientes Gesellschaftsrecht

Auch das Gesellschaftsrecht in Kanada gilt als unternehmensfreundlich und effizient, ein entscheidender Vorteil für deutsche Unternehmen, die den Markteintritt in Kanada planen. Die Gründung von Kapitalgesellschaften, insbesondere einer Corporation, ist unkompliziert, schnell und weitgehend digitalisiert. Das kanadische Gesellschaftsrecht unterstützt unternehmerisches Handeln, ohne durch übermäßige Formalitäten oder starre Regeln zu bremsen. Der Aufbau nachhaltiger Geschäftsstrukturen wird dadurch deutlich erleichtert.

Rechtliche Herausforderungen

Förderale Struktur

Kanada ist ein föderaler Staat mit teils erheblich unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den einzelnen Provinzen und Territorien. Deutsche Unternehmen müssen sich deshalb intensiv mit den lokalen Vorschriften auseinandersetzen – insbesondere, wenn sie in mehreren Provinzen tätig sind. Das kann zu erhöhtem Compliance-Aufwand führen.

Ungewohnte Rechtsinstitute im Common Law

Für Unternehmen, die bisher nur in einer Civil Law-Rechtsordnung tätig waren, können bestimmte Rechtsinstitute im kanadischen Common Law (wie zum Beispiel die Consideration im Vertragsrecht oder das Equity-Prinzip) ungewohnt oder schwer kalkulierbar sein. Hier ist oftmals eine fundierte juristische Beratung vor Ort unerlässlich.

Verbrauchschutzvorschriften

Der Verbraucherschutz in Kanada unterscheidet sich in mehreren Punkten deutlich vom europäischen, insbesondere vom deutschen Modell. Während der deutsche Verbraucherschutz in Deutschland stark durch EU-Vorgaben geprägt ist, ist der kanadische Verbraucherschutz weniger einheitlich, da viele Zuständigkeiten auf Ebene der Provinzen und Territorien geregelt sind.

Zudem reagieren kanadische Verbraucher oft anders als deutsche: Sie zeigen sich in der Regel prozessfreudiger, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Deutsche Unternehmen, die in Kanada tätig werden möchten, sollten sich daher nicht nur auf die Rechtslage einstellen, sondern auch auf andere Erwartungen und Verhaltensweisen der kanadischen Kundschaft.

Politische Entwicklungen

Obwohl Kanada als politisch stabil gilt, können rechtliche Rahmenbedingungen (zum Beispiel im Bereich Steuern oder Immigration) durch politische Mehrheitswechsel sich relativ schnell verändern. Unternehmen müssen daher laufende rechtliche Entwicklungen beobachten und ihre Geschäftsstrategien flexibel halten.

Fazit: Chancenreich, aber nicht risikofrei

Aus rechtlicher Sicht bietet Kanada deutschen Unternehmen ein unternehmensfreundliches, transparentes und gut vorhersehbares Umfeld für Investitionen. Besonders attraktiv sind unter anderem das transparente Rechtssystem, der Schutz durch CETA und das effiziente Gesellschaftsrecht. Diese Vorteile sind jedoch nicht risikofrei: Die föderale Struktur, das Common Law beziehungsweise die Unterschiede des Rechtssystems erfordern eine umfassende Vorbereitung des Auslandsgeschäfts. Wer diese Aspekte beachtet und sich rechtzeitig juristisch absichert, kann in Kanada rechtlich sicher und wirtschaftlich erfolgreich investieren.

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