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Ausbau der Öl- und Erzförderung ist in Kasachstan in vollem Gange
Das schwarze Gold dominiert Kasachstans Rohstoffsektor. Ölfirmen erkunden neue Felder und bauen bestehende aus. Ausrüstung wird auch für den Abbau von Metallerzen benötigt.
23.10.2025
Von Viktor Ebel | Almaty
Der Bergbau prägt die kasachische Wirtschaft stark. Der Anteil der Rohstoffförderung am Bruttoinlandsprodukt lag 2024 bei etwa 12 Prozent und damit in etwa gleichauf mit dem Beitrag des verarbeitenden Gewerbes.
Besonders wichtig ist die Ölförderung. Sie wird 2025 vor allem dank des Hochfahrens der Produktion der Tengiz-Lagerstätte im Gebiet Atyrau deutlich zunehmen. Das Betreiberkonsortium des wichtigsten Ölfelds des Landes konnte ein größeres Erweiterungsprojekt jüngst erfolgreich abschließen. Andere Ölfirmen haben weitere Erkundungen und Ausbauprojekte für die nächsten Jahre angekündigt.
Das Förderaufkommen der zentralasiatischen Republik dürfte Schätzungen des Energieministeriums zufolge 2026 die Marke von 100 Millionen Tonnen Rohöl durchbrechen. Für Deutschland sind das in zweierlei Hinsicht gute Nachrichten: Einerseits trägt Kasachstan als zuletzt drittgrößter Öllieferant zu einer sicheren Ölversorgung bei. Andererseits kommt Technik aus Deutschland bereits seit langem auf kasachischen Onshore- und Offshore-Ölfeldern zum Einsatz. Ein weiteres Standbein für Bergbauausrüster ist die zunehmende Erzförderung und – perspektivisch – der Abbau kritischer Rohstoffe.
Staatlicher Ölriese hat volle Projektpipeline
Während der Kazakhstan Energy Week Anfang Oktober 2025 in Astana legte der staatliche Ölriese KazMunayGas (KMG) seine Expansionspläne für die nächsten Jahre offen. KMG ist derzeit in 13 Explorationsprojekte involviert, sowohl in Eigenregie als auch gemeinsam mit internationalen Partnern. Allein mithilfe von Wasserflutung, Gasinjektion, den Einsatz von Chemikalien und weiteren ertragssteigernden Maßnahmen (Enhanced Oil Recovery) will das Unternehmen seine Reserven um 200 Millionen Tonnen Öläquivalent erhöhen.
Zudem erkundet KMG derzeit acht neue Ölfelder, deren geschätzten Reserven 800 Millionen Tonnen betragen. Drei dieser Vorhaben werden gemeinsam mit der staatlichen China National Offshore Oil Corporation umgesetzt. Es sind die ersten Aktivitäten des chinesischen Unternehmens in Kasachstans Ölsektor. In die geologische Erkundung der Lagerstätten Zhylyoi, Akkuduk und Severny-2 sollen zunächst rund 45 Millionen US-Dollar (US$) fließen.
Auch die staatliche türkische Ölgesellschaft Turkish Petroleum Corporation nutzte die Kazakhstan Energy Week, um ihren Einstieg in Kasachstan anzukündigen. Sie plant, zunächst zwei Ölquellen zu erschließen, die im oder am Kaspischen Meer liegen. Von dort aus ließe sich das Öl auf relativ kurzem Wege in die Türkei transportieren, wie das Portal Orda.kz schreibt.
Globale Erdölnachfrage könnte 2030 Höhepunkt erreichen
In einer aktuellen Studie schätzt die Internationale Energieagentur (IEA), dass die globale Nachfrage nach Erdöl im Jahr 2030 ihren Höhepunkt erreicht. Hauptgründe sind der Vormarsch von E-Autos sowie die sinkende Nachfrage aus China.
Kasachstan dürfte sich gegen diesen Trend stemmen. Die Regierung will die Wertschöpfung in den nächsten Jahren erhöhen, um die Treibstoffversorgung im Land zu gewährleisten und Ölprodukte ins Ausland zu exportieren.
Die petrochemische Industrie gilt als ein Hoffnungsträger des verarbeitenden Gewerbes.
Bergbau ist Spitzenreiter bei Investitionen
der Bruttoanlageinvestitionen in Kasachstan entfielen 2024 auf den Bergbau.
Die Rohstoffförderung ist nicht nur das Rückgrat der Wirtschaft, sondern laut dem Büro für nationale Statistik auch das Hauptziel für Investitionen. In Bergbauaktivitäten flossen 2024 etwa 7,7 Milliarden US$, was rund 18 Prozent der insgesamt realisierten Bruttoanlageinvestitionen entsprach. Nur in das boomende Immobiliengewerbe und die Logistikbranche floss vergleichbar viel Geld.
Etwa 60 Prozent der für den Bergbau bestimmten Investitionen entfielen auf die Öl- und Gasförderung. Rund 30 Prozent flossen in den Abbau von Metallerzen. Der Erzbergbau ist damit überproportional vertreten, was auf kapitalintensive Ausrüstungen und einen Ausbau der Kapazitäten hindeutet.
Neue Kupfererzlagerstätten gehen an den Start
Das Projektgeschehen im Erzbergbau dominieren Nichteisenmetalle, allen voran Kupfer. In den nächsten Jahren sollen mit Aidarly, Koksay und Benkala drei neue Lagerstätten an den Start gehen, womit sich Kasachstans Abbau von Kupfererzen bis 2030 auf jährlich 300 Millionen Tonnen fast verdoppeln könnte. In der Folge wird laut Industrieministerium angestrebt, die Produktion reinen Kupfers von 500.000 auf 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr auszuweiten.
Für die Vorkommen Aidarly und Koksay ist der Branchenprimus Kazakhmys verantwortlich, der in die Projekte mehrere Milliarden US-Dollar investieren will. Das schließt neben der Abbautechnik auch Aufbereitungsanlagen mit ein. Wie bei Öl, setzt Kasachstan auch bei Kupfer in Zukunft auf mehr eigene Wertschöpfung.
Diese Nachrichten dürften die ein oder andere deutsche Firma im September 2025 nach Almaty auf die Leitmesse für Kasachstans Bergbau, die Mining Metals Central Asia, gelockt haben. Der German Pavillion vereinigte insgesamt 43 Unternehmen, fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Gegenüber Germany Trade & Invest zeigten sie sich zufrieden. Wiederkehrende Probleme beträfen langwierige Zertifizierungsprozesse. Angeregt wurde, von europäischen Banken finanzierte Projekte an den Einsatz europäischer Technologie zu koppeln, so wie das China in aller Regel bei eigenen Vorhaben praktiziere.
Projekt | Investitionssumme (in Mio. US$) | Projektstand | Anmerkungen |
---|---|---|---|
Projekt zur Erschließung der Offshore-Lagerstätten Kalamkas-Sea und Khazar (beide Kaspisches Meer) | 6.400 | in Vorbereitung; Beginn der Förderung ab 2028/2029 | Kalamkas-Khazar Operating; paritätisches Joint Venture KazMunayGas und Lukoil (Russland) |
Bergbau- und Aufbereitungsanlagen für Kupfererze in Koksay (Gebiet Schetissu) und Aydarly (Gebiet Abai) | etwa 4.000 | Vorbereitung 2026/2027 | Kazakhmys |
Steigerung der Ölförderung des Offshore-Feldes Kashagan | Block 2B: 2.500 Block 2A: 1.000 | 2B: 2025 bis 2031 2A: 2024 bis 2026 | North Caspian Operating Company unter Führung von Eni SpA (Italien) |
Erschließung einer Kaliumlagerstätte in Satimola (Gebiet Westkasachstan) | 1.600 | in Vorbereitung | Qazaq Kalium |
Erschließung der Wolframvorkommen Sewerny Katpar und Werchnije Kairakty (beide Gebiet Karagandy) | 1.100 | in Vorbereitung | Tau-Ken Samruk |
Ertis POX; Druckoxidation (POX)-Anlage (Gebiet Pawlodar) zur Verarbeitung von Golderzen der Lagerstätte Kysyl (Gebiet Abai) | 978 | Umsetzung 2025 bis 2028 | Solidcore Resources |
Bergbau- und Aufbereitungswerk für Lithium (Gebiet Ostkasachstan) | etwa 500 | in Vorbereitung | Alatau Lithium; HMS Bergbau (Deutschland) ist daran beteiligt. |
Bergbau- und Metallurgiekombinat nahe Golderzlagerstätte Jubilejnoje (Gebiet Aqtöbe) | etwa 300 | Inbetriebnahme 2026 | AltynEx Company |
Erschließung der Golderzlagerstätte Baktai (Gebiet Karagandy) | k.A. | in Vorbereitung | Altynalmas |
Erschließung der Öl-/Gasfelder Zhylyoi, Akkuduk und Severny-2 | k.A. | in Vorbereitung | KazMunayGas; QazaqGas |
Großprojekt für Kaliumabbau wird vorbereitet
Gegenwärtig wird in Satimola im Westen Kasachstans ein Produktionskomplex für Kaliumdünger vorbereitet, in dessen erster Phase Qazaq Kalium 1,6 Milliarden US$ investieren will. Der jährliche Ausstoß von Kaliumchlorid soll von 1,5 Millionen auf bis zu 6 Millionen Tonnen steigen. Bei einem Treffen mit einer deutschen Delegation im September 2025 war auch die KfW IPEX-Bank anwesend, die eine Teilfinanzierung des Projektes prüft. Das könnte deutschen Unternehmen Zugang zu Liefer-, Beratungs- und Bauaufträgen eröffnen.
Chancen für deutsche Firmen bei Zulieferungen
Branchenkenner sehen Chancen vor allem bei Zulieferungen im Hochtechnologiesegment. Reine Bergbaufirmen gäbe es infolge des Strukturwandels ohnehin kaum. Eine Ausnahme ist Schachtbau Kasachstan. Das Gemeinschaftsunternehmen von Schachtbau Nordhausen und Thyssen Schachtbau bohrte bereits Schächte für den Chromerzabbau in Kasachstan. Bei solchen Projekten könnten sich andere deutsche Firmen in die Wertschöpfungskette einklinken. Bei Vorhaben ohne deutsche Beteiligung und fehlenden Erfahrungswerten würden es deutsche Akteure hingegen schwer haben, da sie – im Gegensatz zu ihrer asiatischen Konkurrenz – oftmals keine Repräsentanz im Land besitzen und keine günstigen Finanzierungslösungen anbieten könnten.
Deutschland und Kasachstan sind Rohstoffpartner
Kasachstan verfügt über eine beachtliche Rohstoffbasis und ist derzeit in der Lage, 19 der 34 von der EU als kritisch eingestuften Rohstoffe zu liefern. Seit 2012 besteht zwischen Kasachstan und Deutschland eine Rohstoffpartnerschaft. Mehrere Initiativen haben dieser zuletzt neues Leben eingehaucht, darunter:
- eine neue Studie zum Rohstoffpotenzial durch die deutsche Rohstoffagentur DERA;
- Erkundung von Lithiumlagerstätten durch das deutsche Unternehmen HMS Bergbau;
- Gründung eines deutsch-kasachischen Universitätskonsortiums in der Hauptstadt des Gebiets Ostkasachstan Öskemen (Ust-Kamenogorsk), dessen Schwerpunkte der nachhaltige Bergbau und seltene Erden sind.