Die VAE entwickeln sich zu einem führenden Start-up-Standort. Auch deutsche Gründer finden hier Chancen – vorausgesetzt, sie kennen Marktmechanismen und Hürden.
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) profilieren sich als internationaler Hotspot für technologieorientierte Gründungen. Mit klarem Fokus auf wirtschaftliche Diversifizierung und Innovationsförderung ziehen sie Start-ups aus der ganzen Welt an. Dazu gehören auch Gründerinnen und Gründer aus Deutschland. Attraktive Rahmenbedingungen wie steuerliche Vorteile, eine moderne Infrastruktur und gezielte Förderprogramme schaffen hervorragende Voraussetzungen. Doch ein erfolgreicher Einstieg erfordert mehr als eine überzeugende Geschäftsidee. Wer sich im lokalen Umfeld behaupten will, muss die spezifischen Spielregeln verstehen und bereit sein, sich darauf einzulassen.
Lokale Präsenz als Schlüssel
Freizonen ermöglichen internationalen Investoren uneingeschränkte Eigentumsrechte und bieten vereinfachte Verwaltungsprozesse. Seit 2021 begleitet der Start-up Desk der AHK VAE gezielt deutsche Gründer beim Eintritt in den Markt. "Gerade in Dubai spüren wir eine große Offenheit für internationale Geschäftsideen. Doch wer erfolgreich sein will, muss sich schnell an die lokalen Gepflogenheiten anpassen", erklärt Laura Moussa, Leiterin des Start-up Desk. Die Initiative bietet nicht nur eine fundierte Erstberatung, sondern schafft auch wichtige Verbindungen zu Kapitalgebern, Behördenvertretern und Netzwerkpartnern vor Ort.
Zunehmend engagieren sich auch weitere deutsche Institutionen. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) eröffnete 2024 gemeinsam mit der International Free Zone Authority (IFZA) ein eigenes Büro in Dubai. Ziel ist es, kleinen und mittleren Unternehmen wie auch Start-ups beim Aufbau einer nachhaltigen Präsenz zu helfen – sei es bei Gründungsformalitäten, der Beantragung von Visa oder beim Zugang zu lokalen Geschäftskreisen.
Ergänzt wird das Unterstützungsangebot durch internationale Programme wie Start2explore des German Accelerator. In Zusammenarbeit mit Innovationszentren wie Dubai Silicon Oasis erhalten deutsche Start-ups strukturierte Unterstützung, von der Marktanalyse über Mentoring bis hin zu gezielten Vermittlungen an potenzielle Investoren.
Übersicht wichtiger Inkubatoren und Acceleratoren in den VAEStand: Juni 2025in5 | Technologie, Design, Medien, KI | Staatlicher Inkubator der TECOM Group, Co-Working und Mentoring |
Hub71 | DeepTech, Fintech, Gesundheit, KI | Unterstützt durch Mubadala, internationales Netzwerk |
Flat6Labs Abu Dhabi | Frühphasen, branchenübergreifend | Regionales Netzwerk, Startkapital, Mentoring mit DisruptAD |
DIFC Innovation Hub | Fintech, Blockchain, RegTech | Plattform für regulierte Start-ups mit Sandbox-Modellen |
Sheraa | Bildung, soziale Innovation, Nachhaltigkeit | An der American University of Sharjah |
AstroLabs | Technologie, E-Commerce, Markteintritt | Fokus auf VAE und Saudi-Arabien |
ADGM Tech Start-up Hub | Fintech, KI, Cybersicherheit | In der ADGM Freihandelszone, nahe Aufsichtsbehörden |
MBRIF Accelerator | DeepTech, Mobilität, Energie, Gesundheit | Regierungsförderung für strategische Branchen |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Juni 2025
Gute Vorbereitung ist notwendig
Trotz vielfältiger Fördermaßnahmen ist der Markteintritt in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) für Start-ups eine anspruchsvolle Aufgabe. Viele junge Unternehmen unterschätzen den organisatorischen und finanziellen Aufwand, der mit dem Aufbau einer lokalen Präsenz einhergeht. "Eine Freizonen-Lizenz allein reicht nicht aus", betont Karim Albrecht, Gründer des Berliner MedTech-Start-ups SmartM. "Ohne physische Präsenz und ein lokales Team bleibt vieles verschlossen – vom Geschäftskonto bis zum Zugang zu Finanzierungsquellen."
Ein weiterer Stolperstein sind individuelle rechtliche Regelungen in den sieben Emiraten. "Wir mussten für verschiedene Standorte eigene Lizenzen beantragen. Jedes Emirat hat seine eigenen Vorschriften. Das macht die Planung komplexer und zeitaufwendiger", berichtet die Mitgründerin eines HealthTech-Unternehmens. Hinzu kommen hohe Anfangsinvestitionen, etwa für Büroflächen, deren Mietpreise insbesondere in Dubai auf internationalem Niveau liegen.
Auch Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen erweisen sich oft als bürokratisches Nadelöhr. "Selbst relativ einfache Visa dauern Wochen. Das ist für wachsende Teams mit Zeitdruck schwer zu überbrücken", sagt Lars Mendel, Gründer von GreenFleet Mobility. Er hebt zudem hervor, dass kulturelles Feingefühl ebenso entscheidend ist wie die formalen Anforderungen: "Wer denkt, man könne Berliner Geschäftslogik eins zu eins übertragen, irrt sich. Hier zählen Vertrauen, persönliche Präsenz und die Bereitschaft, sich auf lokale Gepflogenheiten einzulassen."
Für Start-ups aus Deutschland ist vor allem eine frühe Verankerung im Markt von Vorteil, nicht zuletzt, um Investoren zu überzeugen. "Wenn ein Start-up ausschließlich in Deutschland sitzt, fragen sich viele VAE-Investoren: Wenn das wirklich so gut ist, warum investieren dann keine europäischen Geldgeber? Die kennen den Markt doch am besten", erklärt Moussa. Ihr Rat: "Wer ernsthaft Interesse an Kapital aus der Region hat, sollte frühzeitig Partnerschaften aufbauen und eine lokale Präsenz schaffen."
Netzwerke sind Türöffner
In der emiratischen Geschäftskultur spielen persönliche Beziehungen eine zentrale Rolle. Wer sich hier langfristig etablieren möchte, muss mehr als nur ein gutes Produkt bieten. Es geht um Sichtbarkeit, Verlässlichkeit und die Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen. Besonders empfehlenswert ist die Teilnahme an hochkarätigen Branchenveranstaltungen. Formate wie die GITEX Technology Week, das Make it in the Emirates Forum oder die STEP Conference bieten die Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und sich im Markt einen Namenzu machen. "Der Weg zum erfolgreichen Start-up in den Emiraten ist anspruchsvoll – Kontakte sind entscheidend", bestätigt auch Moussa.
Die Investorenlandschaft zeigt klare Schwerpunkte in den Bereichen Fintech, HealthTech, künstliche Intelligenz (KI) und nachhaltige Technologien. Deutsche Start-ups, die sich in diesem Umfeld erfolgreich positionieren konnten, machen das Potenzial deutlich: Der Berliner Expresslieferdienst Flink erhielt 2024 über 150 Millionen US-Dollar, darunter auch Mittel des staatlichen Investmentfonds Mubadala Capital aus Abu Dhabi. Das MedTech-Unternehmen Medigo betreibt inzwischen ein Büro in Ras Al Khaimah und kooperiert eng mit lokalen Institutionen. Der Batterieentwickler Theion aus Aachen wurde 2025 in das Klimaschutzprogramm des Innovationszentrums Hub71 in Abu Dhabi aufgenommen.
Diese Beispiele zeigen, was möglich ist, wenn deutsche Start-ups bereit sind, sich intensiv auf den Standort einzulassen. Mit lokaler Expertise, gezieltem Netzwerkaufbau und realistischem Zeithorizont lässt sich in den VAE ein solides Fundament für Wachstum und internationale Expansion legen.
Von Heena Nazir
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