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Special | Kenia | Start-ups

Geld könnte knapper werden im Start-up-Ökosystem

Nairobi ist einer der herausragenden afrikanischen Start-up Hubs. Das Finanzierungsumfeld könnte sich aber eintrüben.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

  • Steckbrief Start-ups in Kenia

    Kenias Start-up-Szene ist schnell gewachsen in den letzten zehn Jahren. Angesichts des Finanzierungsumfelds könnte die Dynamik nachlassen.

    Wenn vom "Silicon Savannah“ die Rede ist, dann geht es in erster Linie um den Start-up-Standort Nairobi. Zwar entwickelt sich auch in der Hafenstadt Mombasa eine kleine Start-up-Szene, zu der auch die Eröffnung des Startup-Hauses der Guido-Westerwelle-Stiftung Anfang 2025 beiträgt. Jedoch sind über 90 Prozent der in Kenia aktiven Start-ups in Nairobi angesiedelt. Die Anzahl der Gründungen und Finanzierungen in Kenia ist im regionalen Vergleich groß. 

    Nairobi ist eines der führenden Start-up-Ökosysteme in Afrika, aber es gibt nur wenige lokale Frühphasen-Investoren und unzureichenden Zugang zu Finanzierungen für lokale Gründer. Das sind Herausforderungen, an denen gearbeitet werden muss.

    Stephen Gugu Mitbegründer und Direktor bei Viktoria Ventures. Das in Kenia angesiedelte Unternehmen berät über Finanzierungsmöglichkeiten für Frühphasen-Start-ups in Afrika

    Ob das so bleiben wird, ist aktuell nicht klar. Denn einige internationale Geber fahren ihre Unterstützung zurück. Sie spielen auch im Start-up-Bereich eine wichtige Rolle. Die Hoffnung ist, dass private Investoren die Lücke füllen. Trotz der Fragezeichen wird Nairobi neben Kairo (Ägypten), Kapstadt  und Johannesburg (Südafrika) und Lagos (Nigeria) einer der wichtigsten afrikanischen Start-up-Ökosysteme bleiben.

     

    Von Carsten Ehlers | Nairobi

  • In Nairobi werden Lösungen für Afrika entwickelt

    Nairobi hat sich zu einem wichtigen Innovationszentrum für Start-ups in Afrika entwickelt. Rückläufige Mittel internationaler Geber werden die Dynamik jedoch bremsen.

    Internationales Geschäftsumfeld macht Nairobi zu einem guten Start-up-Hub

    Nairobi hat sich in den letzten Jahren zu einem der größten Start-up-Hubs in Afrika entwickelt. Die Stadt bietet dafür ein hervorragendes Umfeld: Etliche internationale Firmen betreiben in Nairobi eine Niederlassung, darunter Tech-Firmen, Industrie, Handel und Finanzinstitute. Das macht die Stadt zu einem der größten Wirtschaftszentren auf dem Kontinent mit großem wirtschaftlichen Know-How und gleichzeitig Bedarf an Innovationen.

    Kenia ist zudem traditionell ein offener und liberal geprägter Wirtschaftsstandort. Unternehmen können sich in diesem Umfeld relativ frei entfalten. Hinzu kommt inzwischen eine ausgeprägte Start-up-Förderlandschaft. Dass die kenianische Konjunktur seit Jahren lahmt und der hochverschuldete Staat über Steuern dringend seine Einnahmen erhöhen muss trübt das insgesamt positive Bild, weil auch Start-ups davon nicht unberührt sind.

    Nairobi ist vergleichbar mit Lagos in Nigeria

    Unter den großen afrikanischen Start-up-Hubs wie Kairo (Ägypten), Kapstadt (Südafrika) und Lagos (Nigeria) nimmt Nairobi einen besonderen Platz ein. Kapstadt und Kairo sind Metropolen in weiter entwickelten Volkswirtschaften, in denen deshalb auch zum Teil andere Geschäftsmodelle dominieren. Auch ist dort die Infrastruktur für Start-ups weiterentwickelt.

    Nairobi kann sich mit Lagos dahingehend vergleichen, dass an beiden Standorten Geschäftsmodelle entwickelt werden, die typisch und passend für viele Märkte in Subsahara-Afrika sind und daher skalierbar sind.

    M-Pesa ermöglicht viele Geschäftsideen

    Zudem hat Nairobi nach Einschätzung von Kennern der Start-up-Szene zwei Vorteile gegenüber Lagos: Kenia gilt als deutlich sicherer, und es ist daher einfacher, das Geschäftsmodell aus der Stadt hinaus in die Fläche auszudehnen. Das ist aufgrund der Sicherheitslage in Nigeria nicht so einfach zu machen. Darüber hinaus gibt es in Kenia M-Pesa, die mobile Zahlungsplattform des Mobilfunknetzbetreibers Safaricom.

    Mit M-Pesa können Nutzer Geld per Mobiltelefon überweisen, bezahlen, Geld abheben und andere Finanzdienstleistungen nutzen, ohne ein traditionelles Bankkonto zu benötigen. Ähnliche "Mobile Money"-Systeme gibt es zwar auch in Nigeria und anderen afrikanischen Ländern. Sie sind dort aber nicht so verbreitet und ausgereift, wie in Kenia. Start-ups profitieren bis heute von der im Jahr 2008 gestarteten Plattform. Viele Geschäftsmodelle wurden erst durch M-Pesa möglich.

    Auswahl an größeren Start-ups in Kenia

    Name

    Branche

    Twiga Foods

    Logistik

    M-Kopa

    u.a. Solarsysteme, FinTech

    Tala

    FinTech

    Cellulant

    E-Commerce, FinTech

    Sendy

    E-Commerce

    Copia

    E-Commerce

    Greenlight Planet

    Solarlampen

    Gro Intelligence

    Datenbank, Künstliche Intelligenz

    Csquared (Moja Accesss)

    Internet

    Quelle: GTAI-Recherche

    Die wichtigsten Startup-Events in Kenia:

    Sankalp Africa Summit, dass insbesondere Start-ups mit Entwicklungsaspekten mit Gebern und Impact Investoren zusammenbringt. Es findet jährlich im Februar in Nairobi statt.

    Africa Tech Summit (ATS): die Veranstaltung findet in der Regel im Februar in Nairobi und im Juni in London statt. 

    FinTech, AgriTech und ClimateTech dominieren

    Im FinTech-Bereich ist Pezesha ein prominentes Unternehmen. Es vergibt Kleinkredite über Handys an kleine Läden. Ein weiteres Fin-Tech Beispiel ist FlexPay, das den Einzelhandel und potenzielle Käufer über Ratenkauf zusammenbringt. Bekannte E-Commerce-Plattformen sind Wasoko oder die spanische Glovo.

    Viele Unternehmen suchen nach Lösungen für die Landwirtschaft, die in Kenia wie in den meisten afrikanischen Ländern von Kleinbauern geprägt ist. Diese haben nur einen begrenzten Zugang zu Informationen, und auch potenzielle Käufer finden kaum deren Produkte. Diverse Start-ups füllen diese Lücken.

    Apollo Agriculture ist beispielsweise eine Plattform für Bauern, die den Einkauf von zum Beispiel Inputgütern wie Dünger, Saatgut erleichtert. Savanna Circuit Technologies holt die Milch bei entlegenen Kleinbauern mit Kühlgeräten ab und liefert sie zum nächsten Sammelpunkt.

    Niederländisch-deutsches Start-up macht Agrarlieferketten transparenter

    Das niederländisch-deutsche Start-up eProd-Solutions bietet digitale Lösungen für das Lieferkettenmanagement in der Landwirtschaft an. Diese Lösungen richten sich unter anderem an Kooperativen, Einkäufer und Weiterverarbeiter von landwirtschaftlichen Produkten.

    Mit der Software können die Lieferketten transparent gemacht werden. Das ist auch interessant für exportierende Farmen von zum Beispiel Kaffee, die damit nachweisen können, im Einklang mit der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) zu produzieren.

    Eine zunehmend wichtige Rolle spielt "Climate Tech“, insbesondere Off-Grid-Lösungen mit Photovoltaik-Anlagen. Kenianische Startups wie d.light und SunCulture erhielten 2024 größere Finanzierungen durch Risikokapitalgeber.

    eMobility kommt langsam ins Rollen

    Nicht weit davon entfernt ist der Bereich eMobility, auch wenn aktuell noch Verbrenner dominieren. Die Ladeinfrastruktur ist in Kenia noch sehr eingeschränkt. Einige Start-ups rüsten Fahrzeuge um, andere verleasen Motorradtaxis oder Tuktuks. Vielfach eingesetzt werden dabei Tauschstationen für Batterien, wie von Ampersand.

    Ein Erfolgsbeispiels ist auch Roam Electric, das E-Busse und E-Motorräder in Nairobi produziert. Ob sich E-Busse durchsetzen, wie sie auch von BasiGo verleast werden, muss sich noch zeigen, denn die Kleinbus-Mafia (Matatu) bekämpft ihre Konkurrenz, wo sie nur kann.

    Lösungen gibt es auch im Bereich eHealth, gerade weil die medizinische Versorgung in Kenia lückenhaft ist, vor allem auf dem Land. Mit Rology gibt es ein Unternehmen, dessen AI-gestützte Software Diagnosen aufgrund von Röntgenaufnahmen stellen kann. Damit können gerade auf dem Land Radiologen zum Teil ersetzt werden. Dass USAID, das gerade im Gesundheitssektor sehr aktiv war, quasi aufgelöst wurde, wird die Finanzierung von eHealth-Start-ups hart treffen. 

    Das Geld könnte knapper werden

    Wie sich der Sektor weiterentwickeln wird, ist aber unklar. Neben USAID werden auch andere Geberorganisationen ihre Programme zurückfahren. Das dürfte die Start-up-Szene zu spüren bekommen.

    Das knappere Kapital hat aber auch etwas Gutes: So dürfte Due Diligence eine deutlich größere Rolle spielen. Die Qualität der Geschäftsmodelle wird wieder an Relevanz gewinnen. Start-ups ohne überzeugendes Geschäftsmodell dürften, anders als in den Boomzeiten, Probleme haben, Geld an Land zu ziehen.

    Von Carsten Ehlers | Nairobi

  • Bleibt das breite Finanzierungsportfolio erhalten?

    Insgesamt 638 Millionen US-Dollar (US$) konnten kenianische Start-ups im Jahr 2024 an Finanzierungen generieren. Damit nahm Kenia Platz 1 in Afrika ein, vor den anderen großen Start-up-Hubs in Lagos, Kairo, Kapstadt oder Johannesburg. Zu Beginn des Jahres 2025 setzte sich dieser Aufwärtstrend bei der Finanzierung zunächst fort.

    Rückläufige Gebergelder könnte Start-ups beeinträchtigen

    Aktuell ist fraglich, ob dieser Trend anhält. Grund dafür ist nicht zuletzt die Kürzung einiger Geberfinanzierter Programme. Das dürfte auch die Start-up-Szene zu spüren bekommen, denn internationale Organisationen spielen bei der Förderung des Ökosystems in Kenia eine wichtige Rolle. In Kenia kommt ein Großteil der Finanzierung durch Kredite zustande (etwa 380 Million US$), während Risikokapital eine deutlich geringere Rolle spielt als beispielsweise in Nigeria. 

    Die Hoffnung ist, dass private Investoren und Finanzierer die Lücke füllen. Venture Capital-Fonds beispielsweise investierten mitunter aber gerade deshalb in Start-ups, weil im Rahmen einer Mischfinanzierung (Blended Finance) auch ein Geber beteiligt und ein Teil der Risiken gedeckt war. Gut möglich also, dass ein Rückzug der Geber auch einen Rückzug von Risikokapital nach sich zieht.

    Der Fokus dürfte auf lokalen UnternehmerInnen liegen

    Oft kritisiert wurde der große Anteil an europäischen und US-amerikanischen Start-up-Unternehmern in Kenia, die in Kenia von Fördermaßnahmen profitierten. Mit ihrem technischen und unternehmerischen Know-How haben sie es leichter, Fördermittel der oft westlichen Geber akquirieren. Branchenkenner berichten davon, dass diverse Förderer bei der Mittelvergabe nun stärker darauf achten, dass kenianische geführte Unternehmen profitieren, insbesondere von Frauen geführte.

    Als Nachteil sehen Beobachter auch den großen Anteil ausländischer Geldgeber. "Es wäre wünschenswert, wenn zunehmend auch Kenianerinnen und Kenianer Start-ups als interessante Investitionsmöglichkeit sehen könnten", sagt ein Kenner der Szene. Aktuell sorgen Staatsanleihen oder Investitionen in Grundstücke sorgen für Konkurrenz in dieser Hinsicht. 

    Frühphasen-Start-ups tun sich am schwersten bei Finanzierungen

    Hinzu kommt, dass der kenianische Staat aktuell derart hoch verschuldet ist, dass es ihm schwer fällt, zum Beispiel Steueranreize für Investitionen in Start-ups zu gewähren. Gerade Frühphasen-Start-ups tun sich schwer, Geld zu bekommen. Das meiste Geld in Kenia fließt in die schon etwas größeren Start-ups.

    Schon immer war Nairobi ein wichtiger afrikanischer Finanzplatz mit hoher internationaler Bankenpräsenz. Durch die wachsende Start-up-Szene kamen in den letzten Jahren auch vermehrt private Venture-Capital Funds in die Stadt. Zu den bekanntesten zählen TLcom Capital, Novastar Ventures, Savannah Fund, AFZA Capital und Chandaria Capital.

    Mit zahlreichen Acceleratoren, Inkubatoren und einer breit gefächerten Finanzierungslandschaft mit Venture Capital-Firmen, Impact Investoren und Geberorganisationen gibt es in Nairobi eine breite Förderstruktur für Start-ups. Kritisiert wird von Branchenkennern aber, dass die einzelnen Fördermöglichkeiten zu fragmentiert sind und es dadurch für Unternehmer kompliziert wird. Die kenianische Regierung ist zwar bemüht, dem Sektor geeignete Rahmenbedingungen zu geben, hat es bislang aber versäumt, alle Partner zusammenzubringen und ein Fördersystem "aus einem Guss" zu schaffen.

    Auswahl an wichtigen Inkubatoren und Acceleratoren in Kenia

    Name

    Standort

    Swahili Box 

    Mombasa

    Startup Lions (Kooperation mit BMZ)

    Lodvar

    Rift Valley Innovation Centre 

    Baringo

    Lakehub (Kooperation mit Siemens Stiftung und GIZ)

    Kisumu

    Eldohub

    Eldoret

    Magharibi Innovation Hub 

    Kakamega

    Bay hub 

    China

    Nakuru Box 

    Nakuru

    E4Impact

    Italien

    Pangea Accelerator 

    Norwegen/Kenia

    Quelle: GTAI-Recherche


    Impact-Investoren spielen wichtige Rolle

    Jene Start-ups, deren Geschäftsmodell einen Entwicklungsfokus aufweisen, sind für sogenannte Impact-Investoren interessant. Entwicklungsaspekte können zum Beispiel Umweltschutz (E-Mobility und ClimateTech), Förderung der Landwirtschaft (AgriTech), des Gesundheits(eHealth)- und des Ausbildungssystems (EdTech) sein.

    In Kenia aktiv sind zum Beispiel Impact-Fonds wie DOB Equity, Acumen, Alpha Mundi und der Catalyst Fund. Sie erwerben in der Regel Anteile an Startups. Ein relevanter sogenannter Fund of Funds ist AfricaGrow, der über die KfW vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt wird und sich an anderen Fonds beteiligt, aber nicht direkt an Unternehmen.

    Angel-Investoren, die Startups in der Frühphase unterstützen, gibt es ebenfalls. Bekannte Angel-Netzwerke sind ViKtoria Ventures und das in ganz Afrika aktive Africa Business Angel Network (ABAN). Hilfreich ist die Plattform  VC4A, die von zahlreichen Entwicklungsbanken unterstützt wird und unter anderem alle Aktivitäten im afrikanischen Start-up Ökosystem zusammenbringen soll.

    Zuschüsse kommen von Stiftungen oder Entwicklungsbanken

    Darüber hinaus gibt es Finanzierer, die Zuschüsse geben. Das können philanthropisch orientierte Unternehmensstiftungen sein, zum Beispiel von Google, Microsoft, Mastercard, Visa, IKEA und Alibaba. Weitere wichtige Zuschussgeber sind die Entwicklungsbanken, wie die zur KfW gehörende Deutsche Entwicklungsgesellschaft (DEG), die Europäische Investitionsbank (EIB) oder die zur Weltbank gehörende International Finance Corporation.

    Das seit dem Jahr 2021 in Kenia aktive DeveloPPP Ventures der DEG hat unter Start-ups einen sehr guten Ruf. Die DEG sucht in halbjährlich stattfindenden Calls Unternehmen aus, die bereits Einnahmen aus dem Geschäft heraus generieren beziehungsweise deren Geschäftsmodell skalierbar und damit auch für Risikokapitalgeber interessant ist. Zudem werden die Unternehmen strategisch begleitet.  Die Unterstützung der DEG beträgt maximal 100.000 Euro. Das Instrument steht auch deutschen Gründern offen, die vor Ort investieren.

    Von Carsten Ehlers | Nairobi

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