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Markttrends

Kolumbiens Regierungspläne sehen mehr Kreislaufwirtschaft vor. Gleichzeitig zwingen volle Deponien das Land zum Handeln. Großes Potenzial besteht bei Biogas.

Von Janosch Siepen | Bogotá

In Kolumbiens Abfallwirtschaft könnten Nachhaltigkeit und Kreislaufkonzepte mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Das spiegelt sich in der staatlichen Planung wider. Nach der Einführung einer nationalen Strategie für Kreislaufwirtschaft (ENEC) und einer Gesetzgebung für erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) vor einigen Jahren sollen neue Initiativen den Umgang mit Abfällen im Land nachhaltiger gestalten. 

Nationale Pläne sollen Kreislaufwirtschaft stärken

"Es gibt gerade einen Paradigmenwechsel", sagt Peter Foerster, Leiter für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). "Das Thema wird in Kolumbien inzwischen ganzheitlicher entlang der gesamten Wertschöpfungskette angegangen." Die staatliche Politik für nationale Reindustrialisierung aus Dezember 2023 (CONPES 4129) sieht Programme für effiziente Waste-to-Energy bis 2026, biologische Betriebsmittel aus Abfällen bis 2027 und Verwertung von Siedlungsabfällen bis 2034 vor.

Das Programm Basura Cero aus dem nationalen Entwicklungsplan 2022-2026 möchte die Müllverwertung fördern und offene Mülldeponien schließen. Staatliche Ziele sehen unter anderem vor, bis 2030 eine Recyclingsquote von 17,9 Prozent zu erreichen. Die zweite Phase eines Programms, um ökologische Industrieparks (GEIPP) zu etablieren, ist Anfang des Jahres angelaufen. Ein neues Modell für Abfallmanagement in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá sieht vor, dass ab 2026 ein Drittel weniger Müll auf der Deponie landet. Dabei sollen Anreize für Müllverwertung etabliert werden und es sind neue Mülltrennungsanlagen in Bogotás Peripherie vorgesehen. 

13,5 %

des Mülls in Kolumbien wurden 2021 recycelt.

Verschiedene Projekte gehen zusätzlich neue Schritte in Kolumbiens Abfallbehandlung. Esenttia, eine Tochter des Staatskonzerns Ecopetrol, arbeitet mit Partnerunternehmen am ersten Projekt für komplexes Chemierecycling in Lateinamerika, so Unternehmensaussagen. Dabei werden ab 2027 Kunststoffabfälle mithilfe eines Pyrolyseverfahrens zu Polypropylen umgewandelt.

Kolumbiens Mülldeponien laufen voll

Gemäß der nationalen Planungsbehörde DNP wird das Abfallaufkommen in den kommenden Jahren steigen. Gleichzeitig nähern sich Kolumbiens Mülldeponien ihrem Kapazitätslimit – oder haben dieses schon überschritten. Laut Zahlen der Aufsichtsbehörde Superintendencia de Servicios Públicos Domiciliarios war im Jahr 2022 die Lebensdauer bei mehr als jeder zehnten Deponie überschritten. Über einem Viertel der Deponien bleiben weniger als drei Jahre Nutzungsdauer. Die Deponie El Carrasco im Bundesstaat Santander wurde zwar per Gerichtsbeschluss geschlossen, wird aber aufgrund fehlender Alternativen weiter genutzt. Die Lebensdauer der Mülldeponie Doña Juana in Bogotá endet im Jahr 2026.  

Da viele Deponien in den kommenden Jahren ihre Kapazitätsgrenze erreichen werden, ergeben sich Chancen beim Ausbau alter und der Schaffung neuer Deponien sowie Recycling und anderen Verwertungstechnologien. Da viele Deponien bislang nur einfache Technik nutzen, eröffnen sich Geschäftsmöglichkeiten bei Modernisierungsprojekten. Denn bislang haben nur wenige Anlagen Systeme, um Sickerwasser zu behandeln oder Deponiegas aufzubereiten. Dadurch ergibt sich ein Bedarf bei diesen Technologien sowie Hangschutz und Abdichtung.

Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in Kolumbien
Projekt

Investition (in Mio. US$)

Stand

Projektträger
Anlage für chemisches Recycling 

k.A. 

Betrieb ab 2027Esenttia (Ecopetrol)
Kunststoffaufbereitungsanlage in Cartagena

5,3

FrühphaseResiter, Geofuro
Ökoindustriepark für Agribusiness 

k.A.

Studien laufenParkactive
Bau des neuen Müllbeckens Piñuela auf der Mülldeponie La Pradera

k.A.

Frühphase, soll 2025 in Betrieb seinEmvarias (EPM)
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

Biogas steht noch am Anfang

Rund 60 Prozent der Siedlungsabfälle in Kolumbien sind organisch. Daher besteht in Kolumbien generell ein Bedarf und großes Potenzial für Kompostierungs- und Biogastechnologien. In Kolumbien gibt es zwei Hauptquellen für Bioenergie. Die erste ist Zuckerrohrbagasse, die zweite ist Biogas aus Abwasser und Abfällen. Beide Quellen machen allerdings nur rund 1 Prozent der effektiven Nettokapazität im Strommix aus. Größere Deponien verfügen in Kolumbien zwar über Biogaserfassungssysteme, aber verwerten dieses nur selten weiter. Oft wird es verbrannt, anstatt zur Stromerzeugung genutzt. Im Jahr 2016 eröffnete das Unternehmen Biogas Colombia die erste Stromerzeugungsanlage aus Deponie-Biogas, die an das nationale Verbundsystem angeschlossen ist. Mit dem Verfahren können 1,7 Megawatt Strom erzeugt werden. Zwei neue Motorgeneratoren sollen 2024 in Betrieb genommen werden. Dadurch wird die Kapazität der Anlage verdreifacht. 

2017 ging eine 800 Kilowatt Biogasanlage aus Geflügelmist für Kolumbiens größten Eierproduzenten Kikes mit deutscher Technik von Weltec Biopower in Betrieb. Laut Unternehmensaussagen führte "Made in Germany"-Qualität sowie Faulbehälter und Fermenter aus rostfreiem Stahl für die Qualitätsanforderungen der Ernährungsindustrie zur Entscheidung für das deutsche Produkt. Laut dem Gasverband Naturgas plant das Unternehmen Efigas ab August 2026 eine Biometanproduktion auf der Mülldeponie in Manizales und das Unternehmen TGI arbeitet an Machbarkeitsstudien für Biogas im Bundesstaat Meta. 

Abfallwirtschaft sorgt für interessante Geschäftschancen

Foerster zufolge sei die kolumbianische Abfallwirtschaft einer der Sektoren, der in den kommenden Jahren viele Investitionen anziehen wird. Es mangele noch an Verwertung und Know-how. Doch das Thema nachhaltiges Abfallmanagement sei auf der Agenda. So liege der Fokus in Bogotá künftig nicht mehr nur auf der Mülllogistik, sondern Müllvermeidung. "Wenn deutsche Unternehmen mit Partnern im Land ein technisches Konzept erstellen, das das erreicht, ergeben sich sehr interessante Geschäftsmöglichkeiten", sagt Foerster. Bei Recyclingtechnologien sehe ein anderer Branchenkenner vor allem im PET-Bereich Geschäftsmöglichkeiten. Weiteres Absatzpotential gebe es zusätzlich in Nischen und kleineren Pilotvorhaben, wie Ersatzbrennstoffe.

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