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Wirtschaftsausblick | Kroatien

Kroatiens Wachstum verliert an Tempo

Die kroatische Wirtschaft wird 2025 und 2026 voraussichtlich langsamer wachsen. Hauptursachen sind der steigende Inflationsdruck und eine schwächere Binnennachfrage.

Von Kirsten Grieß | Zagreb

Wirtschaftsentwicklung: Die Konjunktur kühlt sich ab

Im 1. Quartal 2025 wuchs das kroatische Bruttoinlandsprodukt (BIP) saisonbereinigt nur um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Für das Gesamtjahr rechnet die Europäische Kommission mit einem Zuwachs von 3,2 Prozent – deutlich weniger als im Vorjahr, als Kroatien mit 3,9 Prozent zu den wachstumsstärksten Volkswirtschaften der EU zählte. Auch 2026 soll sich die schwächere Dynamik fortsetzen.

Geringeres Lohnwachstum dämpft die Konsumlaune

Der private Konsum und öffentliche Investitionen – flankiert von EU-Fördergeldern – treiben die Konjunktur an. Doch während Zahlungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds langsam auslaufen, kommt der Abruf der Kohäsionsmittel nur schleppend voran. Verzögerungen bei großen öffentlichen Infrastrukturprojekten sind zu erwarten, zumal auch Kapazitätsengpässe im Baugewerbe die Umsetzung erschweren. 

Die private Nachfrage wird von hoher Beschäftigung und steigenden Löhnen getragen. Allerdings hat sich das Lohnwachstum deutlich abgeschwächt. Die kroatische Nationalbank erwartet für 2025 reale Zuwächse von rund 6,5 Prozent – nach 12 Prozent im Vorjahr. Die Europäische Kommission rechnet daher mit einem langsameren Anstieg der Konsumausgaben. Der private Verbrauch bleibt mit einem prognostizierten Plus von 3,8 Prozent jedoch robust.  

Top-Thema: Hohe Inflation gefährdet Wachstum 

Ein ernstzunehmendes Konjunkturrisiko der konsumgetriebenen kroatischen Wirtschaft bleibt die Inflation, die sich auf hohem Niveau hält. Im Mai 2025 kletterte die jährliche Teuerungsrate auf 3,5 Prozent, der harmonisierte Verbraucherpreisindex (HPIC) sogar auf 4,3 Prozent. Das sind 2,4 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der Eurozone. Am stärksten stiegen die Preise von Dienstleistungen und Lebensmitteln.

So riefen die gestiegenen Lebensmittelpreise Anfang des Jahres sogar Proteste hervor: Viele Verbraucher boykottierten Einzelhandelsketten, darunter auch deutsche Einzelhändler. Die Regierung reagierte mit Preisdeckeln für rund 70 Produkte und verpflichtet Händler seit Mai zur tagesaktuellen Veröffentlichung von Preislisten. Die Proteste setzten dem Einzelhandel zunächst spürbar zu. Zwar erholen sich die Umsätze inzwischen, doch die Erwartungen bleiben gedämpft. 

Ein noch größeres Konjunkturrisiko birgt die Preisentwicklung von Dienstleistungen. Die starke Binnennachfrage trifft auf einen angespannten Arbeitsmarkt und treibt die Löhne als wichtigsten Kostenfaktor merklich nach oben. Im Mai lagen die Dienstleistungspreise 6,2 Prozent über dem Vorjahreswert. Die Urlaubssaison dürfte weitere Preisaufschläge bringen. In der Tourismuswirtschaft wächst daher die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit des Urlaubsziels. Rückläufige Besucherzahlen im Mai deuten darauf hin, dass die Schmerzgrenze vieler Gäste erreicht ist.

Hotelbau schafft neue Geschäftschancen

Der chronische Arbeitskräftemangel ist auch die Achillesferse der florierenden Bauwirtschaft. Im Jahr 2024 legte die Bauleistung um 14,2 Prozent zu. Branchenkennern zufolge wird sich diese Dynamik 2025 nicht halten lassen, unter anderem aufgrund ausbleibender öffentlicher Aufträge und möglicher Kapazitätsengpässe. Profitieren könnte die Baubranche hingegen vom Aufwind des Luxustourismus: Im Hotelbau sind zahlreiche Projekte im Premiumsegment angekündigt.

Kroatiens Industrie zeigt nach einem schwachen Vorjahr erste Erholungstendenzen. Impulse könnten dabei von der bislang kleinen, aber wachsenden Verteidigungsindustrie ausgehen. Die Unternehmen des Landes hoffen auf Mittel aus dem EU-ReArm-Programm. Vor allem im maritimen Bereich eröffnen sich Chancen, nicht zuletzt dank der Schiffbautradition Kroatiens. Gespräche über mögliche Kooperationen mit der französischen Naval Group laufen bereits.

Handelskonflikt setzt Pharmabranche zu

Gut ins Jahr startete die kroatische Exportwirtschaft. Laut Eurostat stiegen die Ausfuhren in den ersten beiden Monaten 2025 um 10 Prozent. Vorläufige Zahlen des nationalen Statistikamts deuten darauf hin, dass sich dieser Trend zunächst fortsetzt. Für den Jahresverlauf ist jedoch eine Abschwächung zu erwarten, nicht zuletzt aufgrund der schwächeren Nachfrage der wichtigsten Handelspartner Deutschland und Italien. 

Für zusätzliche Unsicherheit sorgt der Handelskonflikt mit den USA. Zwar machten Ausfuhren in die Vereinigten Staaten 2024 nur rund 3,3 Prozent des kroatischen Gesamtexports aus, doch über ein Drittel davon entfiel auf pharmazeutische Erzeugnisse. Ob und in welchem Umfang US-Importzölle auf Arzneimittel drohen, ist bislang offen. Negative Auswirkungen auf die kroatische Pharmaindustrie wären aber die wahrscheinliche Folge. Auch der Tourismus könnte leiden, sollte eine Binnenrezession die Reiselust US-amerikanischer Urlauber dämpfen.

Deutsche Perspektive: Der Standort gewinnt an Attraktivität

Der Warenhandel mit Deutschland entwickelt sich 2025 positiv, bleibt aber hinter dem allgemeinen Wachstum des kroatischen Außenhandels zurück, insbesondere bei Warenlieferungen aus Deutschland. In Kroatien ließ zuletzt die Nachfrage nach deutschen Maschinen und Transportgeräten nach, traditionell die wichtigsten Warengruppen. Für kroatische Exporte nach Deutschland erwartet Silva Stipić Kobali von der Wirtschaftskammer HGK ein stabiles, aber verlangsamtes Wachstum. Als Gründe nennt sie den US-Handelskonflikt und eine voraussichtlich schwächere Nachfrage auf dem deutschen Markt.

Bei deutschen Unternehmen im Land überwiegt Optimismus: In der Frühjahrsumfrage der AHK Kroatien bewerten fast 90 Prozent der Mitglieder die Wirtschaftslage als gut oder befriedigend, 49 Prozent planen höhere Investitionsausgaben und 86 Prozent würden sich erneut für Kroatien entscheiden. Auch jenseits der Landesgrenzen wächst das Ansehen: In einer Mitgliederbefragung der Deutsch-Slowenischen Handelskammer liegt Kroatien als alternativer Investitionsstandort in der Region vorne.

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