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Wirtschaftsausblick | Kroatien
Kroatien hat die Wende geschafft. Nach dem heftigen Coronaeinbruch wächst die Wirtschaft wieder. Doch der Ukrainekrieg beeinträchtigt den Aufschwung.
15.12.2022
Von Waldemar Lichter | Zagreb
Die kroatische Wirtschaft scheint die Folgen der Coronakrise hinter sich gelassen zu haben. Nach einem außerordentlich gutem Jahr 2021 mit Rekordwachstum von 13,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch 2022 kräftig zu. Gestützt wird die positive Entwicklung durch steigende Exporte, überragende Ergebnisse der Tourismussaison, anhaltende Investitionen und einen starken privaten Verbrauch.
Schätzungen der Europäischen Kommission gehen deshalb für 2022 von einem immer noch hohen realen BIP-Zuwachs von 6 Prozent aus. Damit liegt Kroatien deutlich über dem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum in der EU von 3,3 Prozent. Das kroatische BIP-Wachstum wird zwar auch 2023 und 2024 (1 und 1,7 Prozent) über dem EU-Durchschnitt (0,3 und 1,6 Prozent) liegen. Doch die Dynamik lässt nach und die Risiken nehmen zu.
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bremst das Wachstum der kroatischen Wirtschaft aus. Die direkten Auswirkungen des Krieges halten sich zwar in Grenzen, denn die Bedeutung des russischen und ukrainischen Marktes für die kroatische Industrie ist mit wenigen Ausnahmen (etwa der Pharmaindustrie) relativ gering.
Doch die kroatische Wirtschaft wird die Folgen der eingetrübten Konjunktur im EU-Raum spüren. Das gilt für die Exportnachfrage aus wichtigen Handelspartnerländern wie Italien oder Deutschland. Noch stärker treffen das Land aber die Auswirkungen des Krieges auf den Tourismus. Die verschlechterte Sicherheitslage in Europa drückt auf die Reisefreude mittel- und westeuropäischer Touristen. Gäste aus Russland und der Ukraine bleiben ganz weg.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. Euro) | 50,4 | 58,3 | 3.602 |
BIP pro Kopf (Euro) | 12.460 | 15.020 | 43.292 |
Bevölkerung (Mio.) | 4,1 | 4,0 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ... Kuna) | 7,54 | 7,53 | - |
Von den Bruttoanlageinvestitionen gehen einige Impulse für das Wirtschaftswachstum aus. Sie nahmen 2022 nach Schätzungen der Europäischen Kommission um 9,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr stark zu. Auch 2023 und 2024 wird sich der Anstieg fortsetzen. Prognosen der Europäischen Kommission gehen von einem Plus von 2,9 beziehungsweise 3,2 Prozent aus.
Angetrieben werden die Investitionen durch die EU-Fördergelder. Kroatien wird in den nächsten Jahren aus der Wiederaufbau- und Resilienzfazilität rund 5,5 Milliarden Euro und aus den Kohäsionsfonds der EU-Finanzierungsperiode 2021 bis 2027 rund 9,1 Milliarden Euro erhalten. Die Bauinvestitionen werden vom Wiederaufbauprogramm für die von Erdbeben zerstörte Infrastruktur und Bauten profitieren. Beeinträchtigt werden die Investitionen durch hohe Preissteigerungen und Lieferengpässe bei Baustoffen. Unsicherheiten über die weitere Konjunkturentwicklung dürften die Investitionsbereitschaft der Unternehmen bremsen.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. Euro) | Projektstand | Projektträger |
Eisenbahnstrecke Rijeka - Zagreb | 2.500 | Studie; zum Teil Durchführung; geplante Fertigstellung von 2030 auf 2035 verlegt; Bauarbeiten für den Abschnitt Hrvatski Leskovac - Karlovac an Strabag AG und AŽD Praha s.r.o. vergeben | |
Ausbau des Autobahnnetzes in Süddalmatien nach Dubrovnik | 1.200 | Studie | |
Straßenausbau in der Agglomeration von Split: Brücke über die Bucht von Kastela samt Zufahrtstraßen | 265 | Studie | |
Seehafen Rijeka: 1) Stückgutterminals: Ausbau des Prager Hafenbeckens; 2) Ausbau Terminal Zagreb Deep Sea | 1) 100; 2) 300 | Studie; Konzessionsvertrag im November 2021 unterzeichnet, Ausarbeitung der Projektunterlagen | Lucka uprava Rijeka; Konzessionär: Rijeka Gateway d.o.o. (Joint-Venture von APM Terminals B.V und ENNA Logic d.o.o.) |
Wasserkraftanlage Kosinj-Senj: Senj II (412 MW), Tunnel durch das Velebit-Gebirge und Stausee Kosinj | 450 | Vorbereitungsarbeiten an der Stromverteil- und Straßeninfrastruktur; geplante Fertigstellung: 2028 | |
Erdölraffinerie Rijeka (Modernisierung); Bioraffinerie Sisak (Ausbau: Biokraftstofferzeugung) | 450; 250 | Durchführung; Investitionsentscheidung steht noch aus | |
Erdgasförderung Nordadria: Fertigstellung von neun Bohrungen und Ausbau von sieben Förderplattformen | 265 | Durchführung bis 2024 (Bohrungen); Investitionsentscheidung zu Förderplattformen steht aus | |
Flüssiggasterminal auf Krk (Ausbau der Kapazität von 2,9 auf 6,1 Milliarden cbm) sowie Bau der Abfertigungsgaspipeline Zlobin - Bosiljevo | 180 | Ausarbeitung von Feasibility-Studien für das Terminal; Einholung einer Baugenehmigung für die Pipeline | |
Ausbau Erdgasspeicher in Grubisno Polje (100 Millionen cbm) | 66 | Durchführung (Phase 1); Baugenehmigung (Phase 2) | |
Produktion von grünem Wasserstoff am Gelände der Erdölraffinerie Rijeka (Kapazität der Elektrolyseure: 10 MW) | k. A. | Umweltverträglichkeitsstudie |
Weitere Informationen über öffentliche Ausschreibungen in Kroatien finden sich im entsprechenden Amtsblatt.
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet GTAI in der Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen bietet GTAI auf ihrer Internetseite an.
Die stärksten Impulse für die Konjunkturbelebung 2021 gingen vom Konsum aus. Der private Verbrauch legte real um rund 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Sein Wachstum hat sich 2022 auf 4,6 Prozent verringert. Für 2023 und 2024 wird nur noch mit einem schwachen Einfluss des privaten Verbrauchs auf das Wirtschaftswachstum gerechnet. Die hohe Inflation schränkt die Kaufkraft der Verbraucher ein. Die konjunkturellen Unsicherheiten dämpfen die Konsumlust, Käufe werden eher zurückgestellt.
Die kroatischen Exporte von Waren und Dienstleistungen (Tourismus) haben 2022 von der konjunkturellen Erholung nach der Coronakrise profitiert (plus 25,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Gleichzeitig nahmen auch die Importe stark zu (23,7 Prozent), was vor allem auf den hohen Bedarf des Tourismussektors nach importierten Erzeugnissen, etwa Lebensmitteln und Getränken, zurückzuführen ist. Auch Investitionen lösen eine stärkere Importnachfrage aus, weil das inländische Angebot an benötigten Ausrüstungen zu gering ist. Sowohl die Ein- als auch die Ausfuhren werden auch 2023 weiter kräftig zulegen. Die Konjunkturabschwächung in der EU infolge des Ukrainekrieges wird das Wachstum jedoch beeinträchtigen.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
---|---|---|---|
Importe (cif) | 23.478 | 29.282 | 24,7 |
Exporte (fob) | 15.023 | 19.329 | 28,7 |