Mehr zu:
KuwaitKonjunktur / Kaufkraft, Konsumverhalten / Außenhandel, Struktur / Investitionsklima
Wirtschaftsumfeld
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Wirtschaftsausblick | Kuwait
Die gestiegene Ölproduktion hat Kuwait 2022 ein starkes Wirtschaftswachstum beschert. Nun könnte die rückläufige Ölförderung das Bruttoinlandsprodukt wieder sinken lassen.
19.05.2023
Von Robert Espey | Dubai
Die National Bank of Kuwait (NBK) hat Mitte April ihre Prognose zur Entwicklung der kuwaitischen Wirtschaft nach unten korrigiert. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll 2023 um 0,3 Prozent schrumpfen. Zuvor hatte die NBK mit einem leichten Plus von 0,8 Prozent gerechnet.
Der Hauptgrund für die negativere Einschätzung ist die weitere Drosselung der Ölproduktion, die Anfang April von der OPEC+ Gruppe beschlossen wurde. Die Förderquote für Kuwait von Mai bis Dezember 2023 wurde um 0,13 Millionen auf 2,55 Millionen Barrel pro Tag (bpd) reduziert. Damit würde im Gesamtjahr die kuwaitische Ölförderung gegenüber dem Vorjahr um 4,3 Prozent auf 2,59 Millionen bpd fallen.
Die NBK erwartet 2023 eine Schrumpfung des Ölsektors um 3,7 Prozent. Die Nichtölwirtschaft soll hingegen um 3,8 Prozent expandieren. Zu diesem Wachstum soll wesentlich die verarbeitende Industrie beitragen. Der industrielle Ausstoß steigt 2023 vor allem durch das schrittweise Hochfahren der neuen Raffinerie Al Zour.
Die Analysten der Economist Intelligence Unit (EIU) liefern dagegen eine positivere BIP-Prognose. Obwohl die EIU eine Schrumpfung der Ölproduktion auf durchschnittlich 2,58 Millionen bpd vorhersagt, erwartet sie 2023 ein Wachstum der Gesamtwirtschaft um 2 Prozent. Dies würde eine Expansion der Nichtölwirtschaft um rund 10 Prozent erfordern. Gleichzeitig spricht die EIU aber von trägen ("sluggish") Nicht-Öl-Aktivitäten. Eine Erklärung für diesen Widerspruch gibt es nicht.
Die Frühjahrprognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) berücksichtigt die weitere Drosselung der Ölförderung noch nicht und rechnet für 2023 in Kuwait mit einem BIP-Zuwachs von 0,9 Prozent. Die Ölförderung wird mit 2,68 Millionen bpd kalkuliert. Entsprechend prognostiziert der IWF für den Ölsektor lediglich ein Minus von 0,9 Prozent. Die Nichtölwirtschaft soll um 3,4 Prozent zulegen.
Die Ölbranche war im Jahr 2022 der entscheidende Wachstumsmotor. Offizielle Daten zur BIP-Entwicklung liegen allerdings weder für 2022 noch für 2021 vor. Der IWF schätzt für 2022 das reale BIP-Wachstum auf 8,2 Prozent und geht für 2021 von nur 1,3 Prozent aus. Nach vorläufigen offiziellen Angaben schrumpfte das BIP im Coronajahr 2020 um 8,9 Prozent.
Von August 2021 bis September 2022 verfolgte die OPEC+ Gruppe eine Politik einer schrittweisen Ausweitung der Ölförderung. Diese führte in Kuwait 2022 zu einer Erhöhung der Ölproduktion um 12 Prozent auf durchschnittlich 2,71 Millionen bpd.
Der BIP-Anteil der Ölförderung dürfte 2022 auf etwa 55 Prozent gestiegen sein. Im Vergleich der GCC-Staaten (Gulf Cooperation Council) ist Kuwait mit großem Abstand am stärksten abhängig von der Entwicklung auf dem internationalen Ölmarkt. Zum Vergleich: In Saudi-Arabien lag der BIP-Anteil des Ölsektors 2022 bei 39 Prozent.
Indikator | 2021 1) | 2022 1) | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Milliarden US$) 2) | 136,8 | 184,6 | 4.072 |
BIP pro Kopf (US$) | 31.162 | 38.945 | 48.595 |
Bevölkerung (Millionen) 3) | 4,39 | 4,74 | 83,8 |
Kuwaiter | 1,49 | 1,52 | -- |
Ausländer | 2,90 | 3,22 | -- |
Wechselkurs (1 US$ = ... Kuwait-Dinar) | 0,302 | 0,306 | -- |
Die Statistikbehörde veröffentlichte seit 2020 keine Daten zur Entwicklung der Bruttoanlageinvestitionen. Die EIU schätzt für 2020 ein Minus von 3,5 Prozent. Zuwächse von 0,5 und 3 Prozent sollen 2021 und 2022 erzielt worden sein. Die Weltbank kalkuliert für 2020 mit einem Rückgang von 4,6 Prozent und geht für 2021 und 2022 von Erhöhungen um 3,9 und 4,4 Prozent aus. Die Prognosen erwarten 2023 und 2024 ein wieder abnehmendes Wachstum.
MEED Projects zufolge sank in Kuwait die jährliche Vergabe staatlicher und privater Projekte zwischen 2015 und 2019 von 28,6 Milliarden auf 3,3 Milliarden US$. Für 2020 und 2021 werden Steigerungen auf 4,3 Milliarden US$ und 5,1 Milliarden US$ gemeldet. Ein erneuter Einbruch auf nur noch 2,5 Milliarden US$ wurde 2022 verbucht. Für 2023 zeichnet sich eine Besserung ab, in den ersten vier Monaten summierte sich das Vergabevolumen auf 1,8 Milliarden US$.
Projekt | Investitionssumme (in Mio. US$) | Projektstatus 1) | Projektbetreiber |
---|---|---|---|
Az Zour Petrochemical Complex: Packages 1, 2 and 3 | 9.500 | PQ | |
National Rail Road: Phase 1 (111 km) | 5.000 | ST | |
Dorra Gas Field Development Offshore | 5.000 | ST | |
Az Zour North Independent Water and Power Plant: Integrated Phase 2 & 3 | 4.000 | PQ | |
Shagaya Renewable Energy Complex: Phase 3 | 3.200 | ST | |
Failaka Island Tourism Development | 3.000 | ST | |
Al Khiran Independent Water and Power Plant: Phase 1 | 2.000 | PQ | |
Shuwaikh Port Expansion: Main Works | 714 | DE | |
Sabah Al-Salem University: Medical Campus: Hospital | 635 | ST | |
Wastewater Treatment Plant in South Al-Mutlaa Area | 578 | AP |
Die letzten offiziellen Daten zum privaten Verbrauch liegen für 2019 vor. Anhaltspunkte für die Konsumentwicklung liefern die Kredit- und Debitkartenumsätze. Hier meldet die Zentralbank für 2020 eine Stagnation. In den Jahren 2021 und 2022 folgten Zuwächse um 34 Prozent und 22 Prozent. Im laufenden Jahr wird mit einem langsameren Wachstum gerechnet.
Die Konsumlaune kühlt sich in Kuwait etwas ab. Dies zeigen Daten, die das Marktforschungsunternehmen ARA Research & Consultancy unter der arabischen Bevölkerung monatlich erhebt. Dennoch bewegt sich der Index mit 104 Punkten (Februar 2023) weiterhin auf einem zufriedenstellenden Niveau. Der Konsum erhält positive Impulse unter anderem durch die gute Arbeitsmarktlage, die expansive Haushaltspolitik sowie das starke Bevölkerungswachstum.
Für 2023 wird eine Inflationsrate von etwa 3 Prozent erwartet (2022: 4 Prozent). Mit der schon lange geplanten Einführung einer Mehrwertsteuer ist frühestens im Jahr 2024 zu rechnen.
Kuwaits Außenhandelsvolumen expandierte der Zentralbank zufolge im Jahr 2022 erneut stark. Im Wesentlichen durch den Ölpreis bedingt, stiegen die Ausfuhren in den ersten neun Monaten 2022 gegenüber der Vorjahresperiode um 65 Prozent auf 79,2 Milliarden US$ (fob). Die Einfuhren erhöhten sich hingegen nur um 3 Prozent auf 21,7 Milliarden US$ (fob). Zu den führenden Lieferländern gehören China, die Vereinigten Arabischen Emirate (vor allem Reexporte über Dubai), die USA, Indien, Japan, Saudi-Arabien, Italien und Deutschland.
2020 | 2021 2) | Veränderung 2021/2020 | |
---|---|---|---|
Import (fob) | 24,5 | 27,8 | 13,5 |
Export (fob) 3) | 40,0 | 68,3 | 70,8 |
Öl und Ölprodukte | 35,8 | 62,9 | 75,7 |
Nichtölexporte | 2,6 | 3,3 | 26,9 |
Reexporte | 1,5 | 2,0 | 33,3 |
Destatis zufolge erreichten die deutschen Ausfuhren nach Kuwait im Jahr 2019 mit 1,4 Milliarden Euro einen Höchststand (2018: 1,3 Milliarden Euro). Im Jahr 2020 folgte ein Einbruch um 29 Prozent auf 1 Milliarde Euro und 2021 eine Stagnation. Ein Anstieg um 9 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro wurde 2022 verzeichnet. Im 1. Quartal 2023 kam es im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode zu einer Erhöhung um 26 Prozent auf 0,3 Milliarden Euro.