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Grüne Energie für die Welt

Lateinamerika bietet hervorragende Bedingungen für erneuerbare Energien und die Produktion von grünem Wasserstoff. Auch deutsche Unternehmen treiben den Sektor voran.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Der Subkontinent ist gesegnet mit einem riesigen Potenzial zur Produktion erneuerbarer Energie. Dank großer Wasserkraftwerke ist der Strommix der meisten Länder schon heute vorbildlich "grün". Doch damit soll nicht Schluss sein: Im August 2022 verpflichteten sich 15 lateinamerikanische Länder dazu, ab 2030 mindestens 70 Prozent ihres Stroms aus regenerativen Quellen zu beziehen. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass die installierte Kapazität der Erneuerbaren in Lateinamerika von 2021 bis 2026 um ein Drittel wachsen wird. Das entspräche einem Zubau von 96 Gigawatt.

Fotovoltaik auf dem Vormarsch

Besonders die Fotovoltaik wird den Ausbau vorantreiben, so die IEA. Studien zufolge wird die Technologie aufgrund der niedrigen Gestehungskosten ab 2023 deutlich wettbewerbsfähiger sein als die Onshore-Windkraft. Mexiko wird dabei, gefolgt von Chile, das geringste Kostenniveau erreichen.

Allerdings besteht im Falle Mexikos die Gefahr, dass dieses Potenzial auch weiterhin wenig genutzt bleibt. Abgesehen von dem Solarprojekt Puerto Peñasco mit 420 Megawatt vernachlässigt die mexikanische Regierung den Ausbau der erneuerbaren Energien. Deutsche Firmen halten sich in dem Land bislang zurück.

Chiles Solarsektor dagegen möchte bis 2027 über 10 Milliarden US-Dollar (US$) in Sonnenenergie investieren. Dabei dürfte die dezentrale Stromerzeugung aus Fotovoltaik an Bedeutung gewinnen, auch weil das nationale Stromnetz noch nicht für einen massiven Zubau der Erneuerbaren gerüstet ist. Die deutsche Firma Grammer Solar aus dem ostbayerischen Amberg lieferte kürzlich für die Universidad Adventista de Chile eine Solaranlage, die pro Jahr 462 Megawattstunden Strom erzeugen soll.

Bedeutende Projekte im Bereich erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff (Investitionen in Millionen US-Dollar)

Land

Projektname und -typ

Investitionen

Projektstand

Kapazität

Projektträger

Argentinien

Pampas (Grüner Wasserstoff, Onshore-Wind, Solar)

8.400

Vormachbarkeitsstudien; Bau voraussichtlich 2024

Wasserstoff: 2,2 Mio. Tonnen/Jahr; Wind: 2.000 MW; Photovoltaik: 500 MW

Fortescue Future Industries

Brasilien

Ceará HUB (Grüner Wasserstoff, Offshore-Wind)

6.950

24 Absichtserklärungen zwischen Regionalregierung und verschiedenen Unternehmen

Wasserstoff: 1,3 Mio. Tonnen/Jahr; Wind: 1.210 MW

Regierung des Bundesstaats Ceará

Chile

Gente Grande (Grüner Wasserstoff, Onshore-Wind)

6.000

Erste Umweltstudien

Wasserstoff: 1,5 Mio. Tonnen/Jahr; Wind: 3.200 MW

TEG Chile, Haura Energy

Brasilien

Base One (Grüner Wasserstoff)

5.400

Machbarkeitsphase

Wasserstoff: 600.000 Tonnen/Jahr

Regierung des Bundesstaats Ceará, Enegix*

Brasilien

Pernambuco (Grüner Wasserstoff)

3.800

Machbarkeitsphase, Landvergabeverfahren hat begonnen

1.000 MW Elektrolysekapazität

Qair Brasil*

Brasilien

Ventos do Mar Potiguar (Offshore-Wind)

3.429

Frühphase, Träger sucht Investoren

2.484 MW

IER*

Chile

HNH Energy (Grüner Wasserstoff, Onshore-Wind)

3.000

Machbarkeitsphase; Bau 2024/2025 geplant

Wasserstoff: 850.000 Tonnen/Jahr; Wind: 2.000 MW

HNH Energy; beteiligte Partner: Copenhagen Infrastructure Partners, Austria Energy, Oekowind und Neltume Ports

Uruguay

Paso de los Toros (Biomasse, Zellstoffwerk)

2.700

Erste Kesseltests abgeschlossen, Montage und technische Arbeiten laufen, Betrieb im März 2023, Kosten erhöhen sich

310 MW

Cuecar (UPM Uruguay)

Brasilien

Camocim (Offshore-Wind)

2.573

Umweltstudie wird vorbereitet, Betrieb ab 2024 geplant


1.200 MW

BI Energia

Brasilien

Cactus (Grüner Wasserstoff)

2.107

Umweltstudie soll bald beginnen, Betrieb ab 2025

200.000 Tonnen/Jahr

Regierung des Bundesstaats Ceará, Cactus Energia Verde*

*AbsichtserklärungQuelle: BNamericas 2022

Offshore-Wind in Brasilien und Kolumbien

Auch die Offshore-Windkraft wird immer wichtiger. Laut Experten könnte Lateinamerika 2050 eine installierte Kapazität von etwa 34 Gigawatt aufweisen. Kolumbien und Brasilien verfügen über besonders günstige Bedingungen und zählen zu den Vorreitern in der Region. Sie haben bereits zahlreiche Schritte unternommen. So veröffentlichte Kolumbien Anfang 2022 eine Roadmap zu Offshore-Wind sowie ein Dekret zu Wasserkonzessionen und arbeitet an Projektgenehmigungen. Brasilien brachte im August 2022 ein Gesetz für Offshore-Energie auf den Weg und erließ im Oktober Verordnungen für Offshore-Wind. An der Nordostküste des Landes schreiten unterdessen diverse Milliardenprojekte voran.

Lateinamerika kann bei grünem Wasserstoff führen

Der Subkontinent verfügt über hervorragende natürliche Bedingungen für die Herstellung von grünem Wasserstoff und kann global zu einem der wichtigsten Lieferanten werden. Nach Einschätzung der International Renewable Energy Agency (IRENA) könnten Chile und Kolumbien 2050 zu den fünf Ländern mit den niedrigsten Produktionskosten weltweit gehören.

Um das Potenzial zu nutzen, haben einige Länder in der Region bereits nationale Wasserstoffstrategien auf den Weg gebracht oder arbeiten an milliardenschweren Wasserstoff-Hubs, die die Energie- und Wasserstoffproduktion sowie Hafeninfrastruktur integrieren. Damit deutsche Firmen ins Spiel kommen können, fördert etwa die Exportinitative Energie die Bildung von Konsortien aus KMU zum Aufbau entsprechender Hubs an brasilianischen Häfen.

Deutschland positioniert sich

Schon jetzt sind deutsche Firmen an zahlreichen Vorzeigeprojekten beteiligt. Linde plant nördlich von Chiles Hauptstadt Santiago das HyPro Aconcagua-Projekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Im Südzipfel des Landes bereitet RWE das Projekt Vientos Magallánicos vor, um ab 2030 jährlich 63.000 Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren. In derselben Region entsteht mit Haru Oni die weltweit erste integrierte kommerzielle Anlage zur Herstellung ökologischer Kraftstoffe aus grünem Wasserstoff. Bei dem Projekt stellt Siemens Energy einen Elektrolyseur bereit.

Auch in Kolumbien ist Siemens Energy an zwei Wasserstoffprojekten beteiligt. In Brasilien sind bereits 60 Prozent der deutschen Unternehmen im Bereich grüner Wasserstoff mit eigenen Tochterfirmen vertreten. Beim Bau einer Wasserstoffanlage im Nordosten des Landes setzt Unigel auf Technik von Thyssenkrupp Nucera.

Neben großen Energiekonzernen aus Frankreich, Spanien und Italien wird auch China in der Region aktiver. Strategische bilaterale Abkommen und eine höhere Wettbewerbsfähigkeit als noch vor einigen Jahren sorgen für wachsende Konkurrenz aus Fernost. Dennoch sagt Fernando Huergo, Sprecher bei Siemens Energy für Argentinien, Chile und Uruguay: "Deutschland kann in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen als jetzt schon." Für deutsche Firmen gebe es Platz in der gesamten Energiewertschöpfungskette.

Fördermaßnahmen Deutschlands für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in Lateinamerika
  • H2-Uppp: Im Rahmen des Programms H2-Uppp unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) deutsche KMU bei grünen Wasserstoffprojekten in Lateinamerika.
  • Die Entwicklungsbank KfW überlegt, Chiles Wasserstoffsektor mit 100 Millionen Euro zu unterstützen.
  • Die Hansestadt Hamburg und Chile unterzeichneten im August 2022 eine Absichtserklärung, die die Einfuhr von grünem Wasserstoff nach Hamburg sicherstellen soll.

Linke Präsidenten wollen grüne Energien fördern

Während in Kolumbien weiterhin staatliche Auktionen den Ausbau der Erneuerbaren dominieren, kommen die Impulse in Brasilien und Chile vom freien Markt und dabei besonders von gewerblichen Fotovoltaikanlagen, so die IEA. Der Grund sind kostengünstigere Anlagen und zurückgehende Kapazitäten bei staatlichen Auktionen.

Zu den Herausforderungen des Sektors zählen laut IEA allerdings politische und regulatorische Unsicherheiten und der unzureichende Ausbau der Übertragungsinfrastruktur. "Der Sektor befindet sich noch am Anfang", sagt Lucila Bustos, Geschäftsführerin bei ABO Wind in Argentinien. "Wichtig ist es daher, langfristig zu denken und mehr Risiken als üblich in Kauf zu nehmen."

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Die neuen, linksgerichteten Präsidenten auf dem Kontinent könnten dem Sektor neuen Schub verleihen. Gabriel Boric in Chile und Luiz Inácio Lula da Silva in Brasilien wollen den Ausbau der Erneuerbaren und die Produktion von grünem Wasserstoff priorisieren. Die Regierung unter Gustavo Petro in Kolumbien arbeitet seit November 2022 an einer Energiewende-Roadmap, die erneuerbare Energien als Säule der Wirtschaft vorsieht.


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Branchenguide 2023 - Lateinamerika und Karibik - Neue Geschäftschancen nutzen!

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