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Branchen | Madagaskar | Bau
Immer mehr ausländische Unternehmen sind im Baugewerbe aktiv. Für deutsche Firmen könnten private Vorhaben sowie Ingenieur- und Architekturdienstleistungen interessant werden.
12.11.2020
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Der madagassische Bausektor ist im internationalen Vergleich klein, bietet aber eine breite Palette an Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Diese umfassen Ingenieur- und Architekturdienstleistungen sowie die Zulieferung verschiedener Produkte. Interessant sind Bauprojekte von privater Seite, bei denen auf gute Qualität geachtet wird. So werden in der Hauptstadt Antananarivo von Unternehmen oder Organisationen immer wieder teure Bürogebäude errichtet. Die Beratung, ein Teil der Baustoffe und die Installationen hierfür müssen überwiegend importiert werden.
Auch als Bergbaustandort ist Madagaskar seit Beginn der 2000er Jahre ein aufstrebender Markt. Immer wieder kommt es zu Großprojekten wie dem Aufbau der Ambatovy-Nickel-Mine oder zweier größerer Ilmenitminen, bei denen internationale Subkontraktoren wie die südafrikanische Fluor mit dem Aufbau und Betrieb der Minen beauftragt werden. Im Rahmen der Projekte entsteht ein hoher Bedarf an Lkw, Maschinen, Werkzeugen und anderem Inputmaterial.
Zurückhaltender schätzen Experten derzeit den madagassischen Tiefbau ein. „Es fehlen die Großprojekte“ beklagt ein Marktkenner. Die in den letzten Jahren stark angestiegene Staatsverschuldung erschwert die Aufnahme weiterer Infrastrukturkredite. Die Pandemie dürfte die Situation zusätzlich belasten.
Mittelfristig jedoch ist der Bedarf an Tiefbauprojekten groß. Dafür wird allein die schnell wachsende Bevölkerung mit jährlich etwa 700.000 Menschen sorgen. Denn die existierende Infrastruktur, zum Beispiel in der Hauptstadt, ist völlig veraltet und muss dringend erneuert und erweitert werden.
Insbesondere in kommerziell interessanten Infrastrukturbereichen wie der Strom- und Wassererzeugung öffnet sich Madagaskar für private Investoren im Rahmen von Public Private Partnerships (PPP). Bislang ist der Staat der größte Auftraggeber im Straßenbau, Energie- und Wassersektor sowie im sozialen Wohnungsbau. Ein Großteil der Finanzierung kommt von ausländischen Geberorganisationen wie der Weltbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) sowie bilateralen Gebern, zu denen auch Deutschland zählt.
Projektbezeichnung | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
Toamasina Port Development | 411 Mio. US$ | im Bau; Fertigstellung bis 2026 geplant | Finanzierung durch japanische International Cooperation Agency (JICA). Bau durch japanische Bauunternehmen. Insbesondere Ausbau der Container-Kapazitäten. |
Rocade (Verkehrsentlastung in Antananarivo) | 62 Mio. Euro | im Bau; Fertigstellung für 2021 geplant | EU und Agence Française de Développement (AFD) finanzieren den Ausbau des Umlandstraßennetzes von Antananarivo nach den verheerenden Stürmen im Jahr 2015. Modernisierung des Straßennetzes (RN6 und RN13) sowie die 4. Turbine des Projektes Jirama Andekaleka Hydro Expansion. |
Volobe Wasserkraftwerk IPP (120 MW) | 300 Mio. Euro | in Planung; angestrebte Fertigstellung ist 2023 | Standort: ca. 40 km westlich von Toamasina. Konsortium: Compagnie Générale d’Hydroélectricité de Volobe (CGHV) mit Anteilseignern Axian Group, SN Power (Norwegen), Africa50 und Colas (Frankreich). CGHV soll das PPP entwerfen, bauen und betreiben. Versorgung von Toamasina. |
Sahofika Wasserkraftwerk (200 MW) | 895 Mio. US$ | in Planung | Standort: ca. 100 km südlich von Antananarivo. Konsortium: Nouvelle Energie Hydroélectrique de l’Onive (NEHO) mit Anteilseignern Eranove, Eiffage (beide Frankreich) und Themis (Marokko). 100 km südlich von Antanannarivo. AfDB finanziert einen Teil der Kosten. |
PRIRTEM-1 (Stromübertragungsleitung) | 193 Mio. Euro | in Planung | Netzverbundprojekt Antananarivo-Toamasina: Bau einer Übertragungsleitung (220 kV) über 270 km von Antananarivo nach Toamasina. Beteiligung der EU und der AfDB. |
Die größten Bauunternehmen in Madagaskar sind Colas (französisch) und SCB (madagassisch). Darüber hinaus sind die französischen Baufirmen Eiffage und Sogea-Satom bei wichtigen Infrastrukturprojekten (Brücken, Staudämme) aktiv. Sie verfügen über einen hohen Professionalisierungsgrad, auch weil sie auf einen Pool von international tätigen Ingenieuren zugreifen können.
Auch aus weiteren Ländern kommen Baufirmen im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit nach Madagaskar. Beispielsweise ein Konsortium aus Japan, welches den von der japanischen Regierung finanzierten Hafenausbau von Toamasina durchführt oder die staatliche China Harbour Engineering Company (CHEC), die im Straßenbau sehr aktiv ist.
Bauunternehmen | Webseite | Spezialisierung |
Colas | Hoch- und Tiefbau | |
Société de Constructions et de Bâtiments (SCB) | Hoch- und Tiefbau | |
Eiffage | Tiefbau | |
Sogea-Satom | Tiefbau |
Deutsche Baufirmen sind in Madagaskar nicht präsent, dafür ist der Ingenieurdienstleister Lahmeyer vereinzelt an staatlichen Projekten beteiligt. Auch das vom deutschen Otmar Dodel geleitete Architekturbüro ist im hochwertigen Gebäudebau gut etabliert. Neben Beratungsdienstleistungen bestehen auch diverse Zuliefermöglichkeiten. Hierzu zählen neben Baumaschinen, Werkzeugen, Baustoffen und -chemikalien auch Armaturen, Beschläge, Fassaden, Fenster, Inneneinrichtungen und Elektronik.
Nachdem lange französische Produkte dominierten, berichten Marktkenner von einer Internationalisierung. Insbesondere bei hochwertigen Gebäuden, wie zum Beispiel Büros, könnten deutsche Produkte punkten. In Madagaskar gibt es professionelle Baumärkte wie Sanifer, ABC und Batpro, die man als Vertriebsplattform für eine breite Produktpalette nutzen kann.
Für eine eigene Niederlassung dürfte der Markt für deutscher Zulieferer zu klein sein. Auch mangelt es auf der Insel an geeigneten Vertriebspartnern für technisch anspruchsvolle Produkten. Der gängige Weg einer Marktbetreuung läuft daher über Vertriebspartner in Frankreich, welche häufig auf der französischen Überseeinsel Réunion eine Filiale betreiben und von dort aus Madagaskar bedienen. Der Nachteil dieser Variante sind die hohen Endpreise.
Alternativ kann Johannesburg in Südafrika als Vertriebskanal dienen. Dort sind die meisten deutschen Unternehmen präsent. Vorteilhaft sind die direkten Flugverbindungen zwischen Johannesburg und Antananarivo sowie die gemeinsame Mitgliedschaft beider Länder in der Southern African Development Community (SADC), wo niedrige Zölle gelten. Einziger Nachteil dürfte die Sprachbarriere sein, denn Französische Sprachkenntnisse sind im anglofonen Südafrika eher rar gesät, in Madagaskar aber notwendig.
Händler | Baumaschinenhersteller | Kurzbeschreibung des Händlers |
UMCL | Hitachi, Wirtgen | Sitz in Mauritius |
Henri Fraise Fils & Cie. | Caterpillar | Sitz in Antananarivo |
Triumph International | Bell, Bomag | Sitz in Antananarivo |
Sobatra | Doosan, Bobcat, Haulotte, Linde | Sitz in Antananarivo |
Oceantrade | Hyundai | Sitz in Antananarivo |
Materauto | Volvo | Sitz in Antananarivo |
JCB, Liebherr, Komatsu | Kein Händler |
Die Finanzierung von Handelsgeschäften zwischen Deutschland und Madagaskar ist mitunter schwierig: Denn die Eröffnung eines Konnossements (L/C) wird von vielen Banken abgelehnt. Französische Geldhäuser tun sich hier deutlich leichter, weshalb der Vertriebskanal häufig über Frankreich gewählt wird.
Auch die Zertifizierung von Handelsgeschäften läuft nicht immer reibungslos. Diese wird in Madagaskar in der Regel von den französischen Unternehmen Bureau Veritas und Socotec vorgenommen. Mitunter berichten Importeure, dass französische Normen in Madagaskar zur Anwendung kommen, die sich von den neueren EU-Zertifizierungen unterscheiden. Für nicht-französische Produkte kann es daher zu Problemen bei der Zertifizierung kommen.
Bezeichnung | Internetadresse | Anmerkungen |
AHK Südliches Afrika | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen. | |
Ministère de l’Aménagement du Territoire, de l’Habitat et des Travaux Publics (MATP) | Über das Ministerium für öffentlichen Bau und Infrastruktur laufen die meisten Ausschreibungen im Straßen- und Wohnungsbau. | |
Syndicat des Entrepreneurs du Bâtiment et des Travaux Publics (SEBTP) | Verband der Bauwirtschaft Madagaskars. |