Special | Mexiko | US-Zollpolitik
Mexikos Wirtschaft stagniert wegen der US-Zölle
Der Zollkonflikt mit den USA belastet die mexikanische Wirtschaft. Ausschlaggebend für die zukünftige Entwicklung ist die anstehende Revision des Handelsabkommens USMCA.
05.08.2025
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Die Zollpolitik der Trump-Regierung macht Mexiko zu schaffen. Zwischen Januar und Mai 2025 legte die mexikanische Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Null-Wachstum hin, so aktuelle Angaben des Statistikamtes INEGI. Im Jahr 2024 expandierte das Bruttoinlandsprodukt noch um 1,5 Prozent.
Auch der Untersektor verarbeitendes Gewerbe blieb in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres konstant. Ins Minus rutschten die aus deutscher Sicht wichtigen Sparten chemische Industrie (-3,5 Prozent) und Fahrzeugbau (-1,9 Prozent). Für das Gesamtjahr 2025 erwarten Analysten laut einer Umfrage der Zentralbank Banxico ebenfalls eine nahezu stagnierende Wirtschaft (+0,1 Prozent), in 2026 rechnen sie mit einen Zuwachs von 1,3 Prozent. Ob die Wirtschaft tatsächlich in Schwung kommt, hängt allerdings von der Zukunft des nordamerikanischen Freihandels ab.
Verschiedene Szenarien für das USMCA-Abkommen
Seit März 2025 gilt für Waren aus Mexiko beim Import in die USA ein Zollsatz von 25 Prozent. Lieferungen, die präferenzberechtigt im Rahmen des USMCA-Abkommens (United States-Mexico-Canada-Agreement) eingeführt werden, sind weiterhin zollfrei. Eine von Donald Trump angedrohte Erhöhung des Zollsatzes auf nicht-USMCA-konforme Lieferungen auf 30 Prozent wurde zuletzt auf den 1. November 2025 verschoben.
Gleichzeitig soll bis spätestens Mitte 2026 das Handelsabkommen revidiert werden, wie es vertraglich vorgesehen ist. Drei Szenarien sind für die mittelfristige Entwicklung denkbar:
- Optimistisches Szenario: Keine neuen Zusatzzölle und das USMCA wird mit akzeptablen Anpassungen revidiert. Mexiko behält präferenziellen Zugang zum US-Markt im Vergleich zu asiatischen Ländern, Comeback des Nearshorings.
- Basisszenario: Nach harten Verhandlungen und der Androhung oder des Einsatzes von Zusatzzöllen wird das Handelsabkommen zwischen den drei Ländern revidiert, allerdings mit klaren Vorteilen für die USA. Mexiko bleibt ein wichtiger Industriestandort, Unternehmen sind mit neuen Investitionen jedoch zurückhaltender.
- Pessimistisches Szenario: Es kommt zum Eklat, Donald Trump löst das USMCA-Abkommen auf und der Zusatzzoll auf mexikanische Waren bleibt permanent. Mexikos Wirtschaft gerät in eine Rezession, der Peso wertet deutlich ab.
Bislang ist Mexiko noch im Vorteil
Da die USA den nordamerikanischen Freihandel gemäß den USMCA-Regeln weiterhin respektieren, ist Mexiko im internationalen Vergleich im Vorteil: Auf Produkte aus nahezu allen anderen Staaten wird seit dem "Liberation Day" im April 2025 ein Basiszoll von mindestens 10 Prozent erhoben, für mehrere Länder gelten sogar noch höhere Sätze.
Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum äußerte sich auf einer Pressekonferenz Ende Juli 2025 daher auch wie folgt: "Mexiko ist heute das Land mit dem bestmöglichen Abkommen. Im Vergleich zu anderen Ländern sind Investitionen in Mexiko nach wie vor die beste Option.“
Doch liefen nach Angaben der US-Handelskommission USITC im Mai 2025 nur 47,7 Prozent der Importe aus Mexiko über das Handelsabkommen. Für alle Produkte, die nicht USMCA-konform sind, fällt der Zusatzzoll in Höhe von 25 Prozent an. Elektronikprodukte wie Fernseher oder Laptops etwa haben häufig einen hohen Anteil asiatischer Vorprodukte und entsprechen nicht den Anforderungen des Abkommens. Im Automobilsektor hingegen wird der Mindestanteil lokaler Wertschöpfung von 75 Prozent inzwischen von den meisten Autobauern erreicht. Auch Agrarexporte halten in der Regel den Handelsvertrag ein.
Zölle für Waren aus Mexiko könnten perspektivisch sinken
Für Kanada und Mexiko gilt der International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) vom 1. Februar 2025 hinsichtlich Migration und Fentanyl. Dieser sieht einen Zollsatz von 0 Prozent auf USMCA-konforme Waren und 25 Prozent auf alle anderen Waren vor. Sobald die Fentanyl- und Migrationskrise aus Sicht der USA beendet ist, sollen Zölle in Höhe von 0 Prozent (USMCA-konforme Waren) beziehungsweise 12 Prozent (nicht-USMCA-konforme Waren) gelten, so das Weiße Haus.
Die Bestimmungen können sich täglich ändern. Den aktuellen Stand finden Sie auf unserer GTAI-Sonderseite Handelspolitik unter Trump.
Hoher Zollsatz für BMW
Der Münchner Autobauer BMW fertigt seit 2019 Fahrzeuge im zentralmexikanischen San Luis Potosí. Den für die Nutzung des USMCA-Abkommens geltenden Mindestanteil an lokaler Wertschöpfung erfüllt BMW nicht, unter anderem weil die Motoren aus Europa geliefert werden. In der Zeit vor Trump lag der Zollsatz beim Import in die USA auch nur bei 2,5 Prozent, gemäß dem Meistbegünstigungsprinzip der Welthandelsorganisation WTO.
Da die Fahrzeuge von BMW nicht USMCA-konform sind, fällt nun zusätzlich der Zollsatz auf Kfz in Höhe von 25 Prozent an, obwohl die Fahrzeuge aus mexikanischer Fertigung stammen. Bei der Einfuhr in die USA fällt also ein Zollsatz von 27,5 % auf den Fahrzeugwert an.
"Wir übernehmen diese Kosten und haben bisher keine Preiserhöhungen an die US-amerikanischen Kunden weitergegeben",
erklärt Carlos Gutiérrez, bei BMW zuständig für externe Angelegenheiten im Gespräch mit Germany Trade & Invest.
Rund 40 Prozent der mexikanischen Produktion von BMW gehen an den US-Markt, der Rest vor allem nach Lateinamerika, Asien und Europa. Gefertigt werden in San Luis Potosí die Modelle 2er Coupé und 3er. Die derzeitige Erweiterung des Werks zur Herstellung von Elektrofahrzeugen der Neuen Klasse ab 2027 laufe trotz der Zollproblematik weiter, fügt Gutiérrez hinzu. Rund 860 Millionen US-Dollar (US$) investiert BMW in den Ausbau, zu dem auch ein Montagezentrum für Hochvoltbatterien gehört.
Lieferungen in die USA steigen weiterhin
Mexiko hat in den vergangenen Jahren China und Kanada überholt und ist zum wichtigsten Handelspartner der USA aufgestiegen. Der bilaterale Warenverkehr erreichte 2024 rund 844 Milliarden US$ – weltweit gibt es kein Länderpaar mit einem höheren Handelsvolumen.
Trotz des Zollkonflikts stiegen die Ausfuhren Mexikos in die USA auch in den ersten Monaten 2025: Zwischen Januar und Mai nahmen sie gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,6 Prozent zu auf 215,9 Milliarden US$, so die Zentralbank Banxico. Umgekehrt verringerten sich die Importe aus den USA in diesem Zeitraum um 2,9 Prozent auf 102,1 Milliarden US$.
Seit Gründung der Freihandelszone NAFTA im Jahr 1994 haben Unternehmen fein abgestimmte, grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten zwischen beiden Ländern aufgebaut, darunter im Automobilsektor und bei Elektronikprodukten, in der Luftfahrtindustrie sowie bei der Herstellung von Medizintechnik. Zudem ist Mexiko ein wichtiger Lebensmittellieferant und versorgt die USA unter anderem mit Avocados, Bier und Blaubeeren.
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