Wirtschaftsausblick | Moldau
Moldau hofft auf den Aufschwung
Die EU-Integration schreitet voran mit Roaming und einem besseren Marktzugang zur EU. Aber die externen Risiken bleiben und werden das Wirtschaftswachstum lähmen.
18.12.2025
Von Dominik Vorhölter | Chisinau
Top Thema: EU-Integration und Infrastrukturausbau haben Priorität
Die Republik Moldau wird ab dem 1. Januar 2026 in den "Roam-like@home-Raum" der EU aufgenommen. Beim sogenannten Roaming werden Anrufe, SMS und mobile Daten von Mobilfunknutzern aus EU-Staaten in Moldau abgerechnet wie im Heimatland der Nutzer. Moldau macht so einen weiteren Schritt Richtung EU-Beitritt.
Auch ist Moldau seit Oktober 2025 Mitglied im Europäischen Zahlungsraum SEPA. Dies senkt die Gebühren für grenzüberschreitende Zahlungen. Diese entfallen hauptsächlich auf den Außenhandel sowie Rücküberweisungen. Die langfristigen jährlichen Einsparungen schätzt die deutsche Beratergruppe GET auf bis zu 53 Millionen Euro. Moldau habe im ersten Monat nach dem Start von SEPA bereits 1,4 Millionen Euro an Überweisungsgebühren eingespart.
Mit der seit September 2025 neu gewählten Regierung unter der Führung des Ministerpräsidenten Alexandru Munteanu hat das proeuropäische Lager eine knappe Mehrheit im Parlament gewonnen. Für das Amt des Ministerpräsidenten kehrte Munteanu aus den USA nach Moldau zurück. Der US-amerikanische Geschäftsmann gilt als Technokrat mit großer wirtschaftlicher Expertise, jedoch ohne politische Laufbahn in Moldau. Politische Beobachter erwarten von ihm, dass er unbeliebte Reformen anstößt und schwierige Entscheidungen trifft. Diese Kombination erschwert es Munteanu wahrscheinlich deutlich, seine Amtszeit vollständig zu absolvieren.
Zu den größten Reformvorhaben zählen die Privatisierung von Staatsunternehmen, Digitalisierung und Reduzierung der kommunalen Verwaltungseinheiten sowie eine Bildungs- und eine Arbeitsmarktreform. Dabei stoßen die Pläne zum Abbau der kommunalen Verwaltung auf Widerstand in der Bevölkerung. Priorität haben auch der Ausbau der Stromnetze, der Straßen, Brücken und Wasserleitungen. Dies geht aus dem Wachstumsplan vom Oktober 2025 für Moldau hervor. Die EU stellt für Reformen und Infrastrukturausbau für den Zeitraum bis 2027 rund 1,9 Milliarden Euro bereit. Rund 520 Millionen davon erhält Moldau im Jahr 2025. Dieses Finanzpaket verspricht der Wirtschaft neuen Schwung, die stark vom Kapitalzufluss aus dem Ausland abhängig ist.
Förderprogramme stimulieren Investitionen im Inland
Um im Inland Investitionen zu fördern, setzt der Staat Förderprogramme zur Modernisierung kleiner und mittelständischer Unternehmen und der Landwirtschaft fort. Dabei fördert Moldau prioritär die Digitalisierung sowie Energieeffizienz und Wärmedämmung von Gebäuden.
Wirtschaftsentwicklung: Externe Risiken bremsen Aufschwung
Neben den Investitionen treibt der private Verbrauch das BIP-Wachstum. Aber die Wachstumsrisiken bleiben: Der Krieg im Nachbarland Ukraine, Dürreperioden und die starke Abhängigkeit von Energieimporten bremsen 2025 die Dynamik etwas ab. Das BIP wird aber bereits 2026 wieder zulegen und um 2,5 Prozent wachsen, prognostiziert das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw).
Der starke Konsum wird von stabilen Rücküberweisungen von im Ausland lebenden moldauischen Arbeitskräften und wachsende Reallöhne gestützt. Im Jahr 2026 steht der nächste Schub bevor: Ein Plus bei den Reallöhnen von 3 Prozent erwartet zum Beispiel das wiiw.
Krieg schwächt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen
Russische Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur in den moldauischen Grenzregionen beeinträchtigen die Stromversorgung der Republik Moldau massiv. Rumänien hilft bei Netzausfällen mit Stromlieferungen aus. Kurze Versorgungsausfälle mindern die Wettbewerbsfähigkeit der moldauischen Unternehmen.
Zusätzlich leidet die Konkurrenzfähigkeit moldauischer Unternehmen unter den schwer einschätzbaren Transportzeiten. Bedingt durch den russischen Angriffskrieg nutzen viele ukrainische Unternehmen die moldauisch-rumänische Grenze als Tor zur EU. Die Wartezeiten für Lkw-Fahrer an den Zollgrenzen bleiben lang.
EU verbessert Markzugang für moldauische Obstproduzenten
Der Außenhandel wird weiter gesunden, aber dennoch empfindlich auf äußere Einflüsse wie Ernteausfälle und den Krieg in der Ukraine reagieren. Die Ausfuhren bleiben weiterhin leicht rückläufig und erholen sich voraussichtlich 2026 mit einem Plus von 6,1 Prozent. Die Importe werden aufgrund der stabilen Binnennachfrage 2026 voraussichtlich um 1,2 Prozent steigen, prognostiziert das wiiw.
Die Republik Moldau exportiert hauptsächlich Wein und Obst. Wichtige Abnehmerländer sind Rumänien und Tschechien. Für die Zukunft sieht die moldauische Exportförderagentur Deutschland und Polen als strategische Partner für den Ausbau der Lebensmittelexporte in die EU. Dafür hat die EU den Marktzugang zur EU für Produzenten von Trauben Pflaumen, Äpfeln und Kirschen erleichtert.
Im Gegenzug gewährt Moldau EU-Exporteuren von Schweinefleisch, Geflügel Milch und Butter nach Moldau einen verbesserten Marktzugang. Dies ist besonders interessant für Produzenten aus Deutschland, die bereits nach Rumänien liefern und den Markt Moldau erschließen möchten.
Deutsche Perspektive: Auf Risiken vorbereitet
Für deutsche Unternehmen in der Republik Moldau bleibt der Krieg in der Ukraine das größte Geschäftsrisiko. Im Ernstfall müssen deutsche Unternehmen ihre Produktionsstätten räumen. Darauf seien die deutschen Firmen vor Ort vorbereitet, heißt es in Unternehmenskreisen. Die meisten von ihnen könnten Mitarbeitende schnell ins nähere EU-Ausland schicken und wären in der Lage, beispielsweise von Rumänien aus weiter zu produzieren. Außerdem können deutsche Unternehmen ihre Investition mit einer Investitionsgarantie des Bundes absichern.
Generell wächst das Interesse an der Republik Moldau als Sourcingmarkt, etwa für Produkte der Elektroindustrie oder für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Deutschland leistet als einer von vielen internationalen Gebern Entwicklungshilfe. Im Bereich Wirtschaft gibt unter anderem das Programm Partnering in Business with Germany. Es bietet moldauischen und deutschen Unternehmen eine Plattform, um Kontakte zu knüpfen.