Wirtschaftsausblick | Mongolei
Abhängigkeit von Rohstoffen rächt sich für die Mongolei
Weniger Kohleexporte nach China setzen der wirtschaftlichen Konjunktur in der Mongolei zu. Zudem ist die Koalition geplatzt, weshalb Großprojekte auf dem Prüfstand stehen.
21.07.2025
Von Viktor Ebel | Ulan Bator
Top-Thema: Unklar, was aus Megaprojekten wird
Knapp ein Jahr war die Drei-Parteien-Koalition der nationalen Einheit am Ruder. Im Mai 2025 platzte sie, kurz darauf trat auch der Premierminister aufgrund wochenlanger Proteste zurück. Das Bündnis war mit dem Anspruch angetreten, das Land wirtschaftlich voranzubringen. Dafür wurden beispielsweise 14 Megaprojekte mit den Schwerpunkten Rohstoffabbau und -verarbeitung, Infrastruktur und erneuerbare Energien angekündigt, die mit Hilfe ausländischer Investoren realisiert werden sollten.
Zwar bekennt sich auch die neue Regierung zu den Großvorhaben. Doch es dürfte eine Priorisierung erfolgen, wie aus Regierungskreisen zu vernehmen ist. Den Vorzug sollen bereits laufende und besiegelte Projekte erhalten, wie neue Eisenbahntrassen und Abfertigungsstationen an der Grenze zu China, der Bau einer Raffinerie gemeinsam mit Indien oder die Erschließung eines Uranbergwerks mit der französischen Orano.
Unsicher sind hingegen Vorhaben noch ohne Investor – etwa Wind- und Solarparks oder Industriekomplexe. Investoren dürfte die zwanzigste Regierungskrise seit der Demokratisierung der Mongolei vor über 30 Jahren abschrecken, wie der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Mongolei, Viktor Frank, sagt. Einige Infrastrukturprojekte dürften ebenfalls auf Hold gestellt werden. Die Exportflaute bei Rohstoffen schränkt den finanziellen Spielraum der Regierung 2025 deutlich ein.
Wirtschaftsentwicklung: Exportflaute bremst Wachstum
Während internationale Beobachter wie die Asiatische Entwicklungsbank und die Weltbank in ihrer Frühjahrsprognose für 2025 noch ein reales Wachstum von 6,0 Prozent und mehr vorausgesagt haben, hält die Economist Intelligence Unit (EIU) zur Mitte des Jahres nur noch 4,0 Prozent für realistisch. Hauptgrund für die Korrektur ist der Rückgang der Kohleexporte nach China, die laut mongolischem Statistikbüro im 1. Halbjahr 2025 nominal dem Wert nach mehr als 40 Prozent eingebrochen sind. Kohle war 2024 mit einem Anteil von etwa 55 Prozent das mit Abstand wichtigste mongolische Exportgut.
Positive Signale senden hingegen unter anderem die Kupferminen des Landes, die das zweitwichtigste Ausfuhrgut zu Tage fördern. Sie konnten ihre Exporte im 1. Halbjahr 2025 nominal um über 50 Prozent steigern. Weitere Wachstumstreiber sind die sich erholende Viehwirtschaft, das Transportgewerbe und anhaltend hohe Investitionen in den Bergbau. Das von der EIU prognostizierte Wachstum von 4,7 Prozent für 2026 könnte übertroffen werden, wenn die Mongolei neue Rohstofflagerstätten an den Start bringt und alternative Märkte für ihre Kohle erschließt.
Investitionen: Bergbau ist wichtigster Anlagesektor
Die Bruttoanlageinvestitionen hatten 2024 mit einer Zunahme um fast 20 Prozent auf Basis der Landeswährung ein starkes Ergebnis erzielt. Mit einem Anteil von 52 Prozent floss laut Zahlen des mongolischen Statistikbüros das meiste Geld in den Bergbau. Entsprechend hoch fällt der Anteil von Maschinen und Ausrüstung an den Bruttoanlageinvestitionen aus. Er stieg zwischen 2020 und 2024 von 33 auf 56 Prozent.
Firmen mit Sitz in den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Singapur investierten in den letzten Jahren am stärksten in der Mongolei. In den Jahren 2025 und 2026 werden die Bruttoanlageinvestitionen laut EIU abflauen, da die Regierung ihre Ausgaben kürzen muss.
Konsum: Inflation hat Zielkorridor durchbrochen
Im Jahr 2024 haben Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst, wo jede vierte erwerbstätige Person beschäftigt ist, den privaten Konsum noch kräftig angetrieben. Dafür besteht 2025 kaum Spielraum. Hinzu kommt die anziehende Inflation, die Ende 2024 den Zielkorridor von 4 bis 8 Prozent durchbrach und laut Prognose der EIU auch im Jahresverlauf 2025 über diesem Niveau bleiben wird.
Neben Dienstleistungen und Lebensmitteln ist auch Strom teurer geworden. Die Mongolei ist insbesondere bei Lebensmitteln und Kraftstoffen stark von Importen abhängig, deren Preise sich volatil entwickeln. Gerade das Viertel der Bevölkerung, das unterhalb der Armutsgrenze lebt, ist davon stark betroffen. Der Privatverbrauch wird in den nächsten Jahren daher nur verhalten zunehmen.
Außenhandel: Exporte gehen größtenteils nach China
Die Ausfuhren gingen im 1. Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wertmäßig um nominal 17 Prozent zurück. Das ist vor allem auf die deutlich geschrumpften Exporterlöse für Kohle auf dem chinesischen Markt zurückzuführen. Im Jahresverlauf könnte das Ausfuhrvolumen dank weiter steigender Kupferexporte aber noch das starke Vorjahresniveau von knapp 16 Milliarden US-Dollar erreichen und 2026 dann sogar übertreffen. Dass sich die Mongolei hier abermals auf China als wichtigsten Absatzmarkt verlässt, birgt Risiken.
Das Reich der Mitte nahm 2023 und 2024 jeweils mehr als 90 Prozent der Exporte ab. Bei den Warenimporten ist die Mongolei neben China auch auf Russland angewiesen. Auf die beiden Nachbarländer entfielen zuletzt zusammen rund zwei Drittel aller Einfuhren – allen voran Kraftstoffe, Fahrzeuge, Bergbautechnik und Lebensmittel. Die unwägbare konjunkturelle Entwicklung dürfte das Importwachstum 2025 ausbremsen.
Deutsche Perspektive: Potenzial für Kooperation bei Metallen der seltenen Erden
Um langfristig eine stabile wirtschaftliche Entwicklung sicherzustellen, muss sich die Mongolei breiter aufstellen – sowohl was ihr Produktportfolio als auch ihre Handelspartner angeht. Die gefragten seltenen Erden könnten dafür eine Schlüsselrolle spielen. In den Steppen des Binnenstaats werden die zweitgrößten Vorkommen weltweit vermutet.
Auch Deutschland ist an diesen Rohstoffen interessiert und hat mit der Mongolei 2024 eine strategische Partnerschaft geschlossen. Noch findet kein Abbau statt. Auch sind Fragen bezüglich der Verarbeitung und des Transports ungeklärt. Doch mit der Angelegenheit vertraute Beobachter bestätigten gegenüber Germany Trade & Invest, dass Lösungen diskutiert werden – darunter der Aufbau von Verarbeitungsanlagen in der Mongolei.