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Wirtschaftsumfeld | Myanmar | Wirtschaftslage

Herausforderungen türmen sich

Myanmars Wirtschaft muss seit dem Militärputsch diverse Schwierigkeiten bewältigen. Die Firmen passen sich an.

Von Thomas Hundt | Bangkok

Die Weltbank schätzt, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im myanmarischen Fiskaljahr 2020/21 (Oktober bis September) preisbereinigt um 18 Prozent schrumpfte und im Folgejahr 2021/22 um rund 3 Prozent zulegte. Damit liegt die Wirtschaftsleistung deutlich unter dem Niveau vor der Coronapandemie. Verlässliche Wirtschaftsdaten aus Myanmar sind derzeit aber kaum verfügbar.

Myanmar: Wirtschaftsdaten (in Milliarden US-Dollar)

Kennziffer

2019

2020

2021

Bruttoinlandsprodukt

68,7

78,9

65,1

Bruttoanlageinvestitionen

20,6

23,1

19,5

Konsumausgaben

48,4

54,5

42,9

Exporte (Waren und Dienstleistungen)

20,9

22,6

18,4

Importe (Waren und Dienstleistungen)

20,8

20,9

16,1

Quelle: Weltbank 2022

Investitionen in die Infrastruktur finden angesichts leerer Kassen und des schwierigen Umfeldes kaum noch statt. Die wohlhabenden Bürger kaufen Immobilien, um ihre Ersparnisse gegen Wertverluste abzusichern. Im 2. Quartal 2022 meldete das nationale Statistikamt eine Inflationsrate von 18 Prozent.

Mangelnde Devisen und komplexe Einfuhrverfahren verteuern und verknappen Importwaren. Die Restaurants und Einkaufszentren in der Metropole Yangon sind dem Vernehmen nach aber gut gefüllt.

Touristen und Geschäftsreisende können das Tropenland seit Mai 2022 wieder besuchen, es kommen aber nur wenige Gäste. Das Auswärtige Amt warnt wegen gewalttätiger Auseinandersetzungen vor Reisen nach Myanmar und empfiehlt deutschen Staatsangehörigen weiterhin, das Land zu verlassen.

Seit dem Militärputsch am 1. Februar 2021 gilt der Ausnahmezustand. Die Verfassung schreibt vor, dass zwei Jahre danach Wahlen auszurufen sind. Beobachter können aber noch nicht einschätzen, wann im Jahresverlauf 2023 und in welchem Umfang Wahlen stattfinden werden.

Riskante Geschäfte und mehr Sanktionen

Die Europäische Union (EU) hat ihre Sanktionen gegen Personen aus Myanmar seit dem Putsch ausgeweitet. Sie führt derzeit 84 natürliche und 11 juristische Personen auf ihrer Sanktionsliste. Zudem verbietet die EU Ausfuhren von Rüstungsgütern. Waren mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-Use-Güter) sind zur Ausfuhr genehmigungspflichtig sowie für militärische Zwecke oder für militärische Endnutzer verboten.

Das statistische Bundesamt beziffert den Wert deutscher Exporte nach Myanmar im Zeitraum Januar bis Oktober 2022 auf 84 Millionen US-Dollar (US$; entspricht 78 Millionen Euro). Im Vorjahreszeitraum waren es 87 Millionen US$ (73 Millionen Euro) gewesen. Deutschland liefert hauptsächlich Arzneimittel sowie Medizin-, Labor- und Energietechnik.

Die EU bezeichnet Myanmar seit Oktober 2020 als Hochrisikoland, das Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nur mangelhaft bekämpft. Das deutsche Geldwäschegesetz fordert verstärkte Sorgfaltspflichten, wenn eine Person aus einem solchen Hochrisikodrittland an einer Finanztransaktion beteiligt ist.

Die internationale Organisation Financial Action Task Force (FATF) führt seit dem 21. Oktober 2022 Myanmar wegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung ebenfalls auf ihrer schwarzen Liste. Auf dieser stehen neben Myanmar nur noch Nordkorea und der Iran.

Die australische ANZ Bank kündigte im November 2022 an, dass sie sich aus operativen Gründen aus dem Land zurückziehen werde. Die ANZ hatte 2014 als eine der ersten internationalen Banken eine Lizenz von der myanmarischen Zentralbank erhalten. Andere ausländische Banken sind aber weiterhin vor Ort vertreten.

Laut der Internationalen Arbeitsorganisation ILO wirken sich Covid-19 und der Militärputsch massiv auf den Arbeitsmarkt aus. Die Zahl der Erwerbstätigen sei zwischen 2019 und 2021 von 22 Millionen auf 19 Millionen gesunken. Besonders die Bauwirtschaft, der Tourismus und die Bekleidungsindustrie hatten viele Arbeitskräfte entlassen.

Textilbranche stabilisiert sich

Die verbliebenen Textilfabriken melden inzwischen relativ volle Auftragsbücher. Sie sind in der Lohnfertigung tätig und beschäftigen überwiegend Frauen. Die Betriebe importieren sämtliche Vorprodukte und schneiden und nähen diese dann nach Vorgabe ihrer internationalen Kunden. Transporte im Inland sowie Ein- und Ausfuhren sind möglich.

Import-/Exportlizenzen

Wareneinfuhren mit über 9.000 gelisteten Zolltarifnummern müssen vorab genehmigt werden. Dies entspricht 81 Prozent aller zehnstelligen Zolltarifpositionen des Harmonisierten Systems. Im Jahr 2021 lag der Anteil nach Angaben der Weltbank nur bei rund einem Drittel. Das Wirtschaftsministerium in Myanmar genehmigt die Einfuhren, wenn überhaupt, nur langsam.

Auch immer mehr Ausfuhren benötigen eine Genehmigung. Insbesondere Agrarerzeugnisse sollen so im Lande verbleiben.

Firmen der Textilbranche sind von Sanktionen ausgenommen. Die EU gewährt Myanmar als einem der 46 weltweit am wenigsten entwickelten Länder weiterhin einen zoll- und quotenfreien Marktzugang.

Internationale Bekleidungskonzerne vergeben daher wieder Aufträge. Sie hatten nach dem Putsch ihr ausländisches Personal abgezogen, das inzwischen teilweise wieder zurückkehrt.

Auch Deutschland bezieht aus Myanmar hauptsächlich Bekleidungsstücke. Der Wert sämtlicher aus dem Land importierten Waren belief sich im Zeitraum Januar bis Oktober 2022 auf 1,3 Milliarden US$ (1,3 Milliarden Euro). Das war eine deutliche Zunahme gegenüber den Einfuhren in Höhe von 0,9 Milliarden US$ (0,8 Milliarden Euro) im gleichen Vorjahreszeitraum.

Militär verkompliziert den internationalen Handel

Die europäische Handelskammer EuroCham in Yangon befragte im September 2022 europäische Unternehmen, was ihre größten Herausforderungen seien. Sicherheitsrisiken lagen nur auf Rang drei. Über 80 Prozent der Befragten nannten stattdessen Bankgeschäfte als Haupthindernis, darunter Überweisungen ins Ausland sowie das Kaufen und Abheben von US-Dollar. Regulatorische Herausforderungen standen mit 58 Prozent an zweiter Stelle, darunter die Beantragung von Einfuhrlizenzen und die Ausstellung von Geschäftsvisa.

Zwangsumtausch

Die Zentalbank (Central Bank of Myanmar, CBM) fordert seit April 2022, dass Fremdwährungseinlagen innerhalb eines Arbeitstages zum offiziellen Referenzkurs in die Währung Myanmar Kyat umzutauschen sind. Der offizielle Referenzkurs liegt deutlich unter dem Marktkurs, daher sind die Verluste beim Umtausch immens. Zwar gewährt die CBM bestimmten Unternehmen und Organisationen Ausnahmen vom Zwangsumtausch, die Verunsicherung aber bleibt.

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