Special | Indonesien | US-Zollpolitik
Indonesien kämen US-Extra-Zölle zur Unzeit
Indonesien will zusätzliche Handelsbarrieren unbedingt vermeiden und kommt den USA entgegen. Davon könnten auch deutsche Firmen profitieren.
06.05.2025
Von Oliver Döhne | Jakarta
Südostasiens größte Volkswirtschaft Indonesien hat mit den USA einen größeren Handelsbilanzüberschuss. Mit 19 Milliarden US-Dollar (US$) liegt dieser jedoch weit unter dem von Vietnam oder Thailand. Und doch steht Indonesien mit den geplanten US-Sonderzöllen von 32 Prozent innerhalb der ASEAN relativ weit oben auf der Liste der Trump-Regierung. Angesichts eines ohnehin schwachen Konsums, knapper Haushaltsmittel und einer schleppenden industriellen Entwicklung würden die angedrohten Zölle die indonesische Volkwirtschaft zusätzlich treffen.
Von Zugeständnissen an die USA könnten auch deutsche Firmen profitieren
Das will die Regierung des südostasiatischen Staates verhindern. Nach Veröffentlichung von Trumps Zollttabelle reiste eine hochrangige Delegation aus Jakarta nach Washington und bot den USA unter anderem an: US-Firmen könnten exklusive Zollsenkungen erhalten. Zudem will Indonesien mehr Öl, Gas, Weizen, Soja und Bergbauequipment aus den USA importieren.
Außerdem werde der indonesisch-stämmige Mischkonzern Indorama Corporation 2 Milliarden US-Dollar in ein Ammoniakwerk im US-Bundesstaat Louisiana investieren, das dann die Düngemittelindustrie in Indonesien beliefern und den Handelsbilanzüberschuss Indonesiens abbauen könnte. Teil des Deals könnte auch der Export von indonesischem Nickel in die USA sein, deren Ausfuhren noch verboten sind.
Interessant aus deutscher Sicht ist, dass Indonesien erwägt, nicht tarifäre Handelshemmnisse abzubauen, und zwar für alle ausländischen Unternehmen. Dazu gehören die berüchtigten Anforderungen an einen Mindestanteil lokaler Produktion, zum Beispiel bei staatlichen Beschaffungsausschreibungen. Diese werden von den USA besonders kritisiert.
Indonesien exportiert Konsumgüter und elektronische Komponenten in die USA
Die USA sind für Indonesien nach China der zweitgrößte Absatzmarkt und ein wichtiger Abnehmer für die wenigen Industrieprodukte, bei denen Indonesien international wettbewerbsfähig ist. Indonesiens Exporte in die USA bestehen hauptsächlich aus günstig produzierten Konsumgütern wie Kleidung und Schuhen. Darüber hinaus exportiert das Land Möbel, Autoreifen und Palmöl in die USA, ferner Elektrokomponenten wie Netzwerktechnik und elektrische Industrieausrüstung wie Kontrollpanels.
Produktgruppe nach HS* | Export in die USA | US-Anteil am Gesamtexport der Produktgruppe in Prozent |
---|---|---|
Bekleidung (61,62) | 4.356 | 54,5 |
Schuhe (64) | 1.920 | 30,0 |
Kautschuk und Waren daraus (40) | 1.640 | 32,2 |
davon Luftreifen (4011) | 915 | 50,7 |
Palmöl und seine Fraktionen (1511) | 1.519 | 7,0 |
Möbel (94) | 1.304 | 57,0 |
Telekommunikationsausrüstung (8517) | 1.112 | 43,8 |
davon Netzwerktechnik, Router, Modems (8517.62.41) | 682 | 61,1 |
Fisch und Krebstiere (04) | 1.088 | 30,0 |
Touchscreens, Controlpanels, spezielle elektrische Industrieausrüstung (8543.70.90) | 754 | 45,0 |
US-Amerikanische Zollerhöhungen auf diese Waren würden die Nachfrage und damit auch Indonesiens Wirtschaftswachstum schmälern, das durch den schwächelnden Privatkonsum zurzeit ohnehin schon weit von angestrebten Wachstumsraten entfernt ist. Die Regierung möchte 2029 eigentlich ein Plus von 8 Prozent erreichen, ausgehend von 5 Prozent im Jahr 2024.
Auch könnte ein Handelskonflikt mit den USA dem Land einen Strich durch die Rechnung machen, künftig Batterien für E-Autos in die USA zu liefern. Indonesien baut hier gerade eigene Wertschöpfungsketten auf.
US-Zölle auf China mit indirekten Folgen
Nicht nur die Zölle auf indonesische Waren bereiten Sorgen, sondern auch die auf die chinesischen Lieferungen in die USA. Zum Beispiel könnte die chinesische Nachfrage nach dem Edelstahlvorprodukt Ferronickel sinken. Die indonesischen Ferronickel-Lieferungen nach China beliefen sich 2023 auf rund 15 Milliarden US$. Der Rohstoff wird in China weiterverarbeitet und die Ferronickel-Produkte werden nicht zuletzt in die USA exportiert.
Auch könnte China Indonesien mit Billiggütern überfluten. Schon jetzt ist beispielsweise die indonesische Textilindustrie durch chinesische Einfuhren existenzbedroht.
Ein Risiko droht auch für die Währung. Auch deutschen Unternehmen wird empfohlen, sich mit geeigneten Instrumenten gegen Wechselkursschwankungen abzusichern. Schon jetzt fließt angesichts der unsicheren globalen Lage Kapital aus Indonesien ab, und die Rupiah hat entsprechend abgewertet. Um sich vor ungewollten und unberechenbaren Schwankungen des US-Dollar-Wechselkurses abzusichern, könnten im Handel mit den neun anderen ASEAN-Partnern sowie mit China und Indien, mehr lokale Währungen zum Einsatz kommen.
Regierung könnte Anreize für ausländische Firmen erhöhen
Hohe US-Zölle auf chinesische Importe eröffnen aber auch die Chance, Indonesien mit seinem großen Markt und Rohstoffreichtum als alternativen Investitionsstandort zu China zu positionieren. Falls US-Firmen, die 2024 der viertgrößte Auslandsinvestor in Indonesien waren, ihr Kapital künftig eher in den USA investieren, müsste die indonesische Regierung für Unternehmen aus anderen Ländern besser Anreize schaffen, um im Land zu investieren.
Viele ausländische Firmen bezeichnen das Investitionsumfeld in Indonesien als herausfordernd. Es fehle unter anderem an hochwertigen Lieferketten und an qualifizierten Arbeitskräften. Zudem bestehen Lücken in der Infrastruktur und das Geschäftsumfeld gilt als überreguliert.
Dennoch haben sich in der jüngeren Vergangenheit ausländische und auch deutsche Firmen für den Aufbau von Produktionen entschieden. Wertmäßig liegen die ausländischen Direktinvestitionen im 1. Quartal 2025 auf dem ehrgeizigen Kurs der Regierung, auch wenn mit der koreanischen LG ein wichtiger Investor ein Großprojekt absagte.
Die Suche nach neuen Partnern könnte auch den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union den nötigen Schub geben. Von dem Abkommen dürften deutsche Unternehmen deutlich profitieren. Aus Diplomatenkreisen hieß es Anfang Mai, das Abkommen habe nun gute Chancen, noch 2025 abgeschlossen zu werden.