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Branchen | Namibia | Wasserstoff

Grüner Wasserstoff als Gamechanger

Mehrere große Wasserstoffvorhaben könnten Namibia zum Energieexporteur machen. Pilotprojekte testen zudem lokale Anwendungen in verschiedenen Bereichen. (Stand: 24.11.2023)

Von Marcus Knupp | Berlin

Der Name Hyphen steht für eines der weltweit größten Projekte zur Produktion von grünem Wasserstoff. Das Investitionsvolumen von fast 10 Milliarden US-Dollar (US$) entspricht rund drei Vierteln des namibischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Und das Vorhaben mit deutscher Beteiligung ist nicht das einzige im Land. Läuft alles nach Plan, wird Wasserstoff in wenigen Jahren das Hauptexportprodukt Namibias sein. Darüber hinaus gibt es etliche Ideen, Wasserstoff für die lokale Stromversorgung oder Transportlösungen zu nutzen.

Kleine Wirtschaft, große Chancen

Namibia hat mit nur etwa 2,6 Millionen Einwohnern einen begrenzten Energiebedarf. Dem stehen gegenüber eine Fläche von rund 824.000 Quadratkilometern, hohe Einstrahlungswerte der Sonne und eine circa 1.600 Kilometer lange Küstenlinie mit kräftigen Winden. Die namibische Regierung hat die Produktion von grünem Wasserstoff und Ammoniak als strategische Industrie in ihre Entwicklungsplanung aufgenommen und im November 2022 eine Namibia Green Hydrogen and Derivatives Strategy veröffentlicht. Zentrales Argument ist das große Angebot erneuerbarer Energien und damit geringe Produktionskosten für grünen Wasserstoff. Das Papier taxiert diese für das Jahr 2030 auf 1,2 bis 1,3 US$ pro Kilogramm.

Den Kostenvorteil gegenüber anderen Anbietern will Namibia nutzen und Wasserstoff oder seine Derivate wie synthetisches Methanol oder Kerosin exportieren. Märkte liegen vor allem in Europa und Ostasien (China, Japan, Korea). Den eigenen Anteil am weltweiten Handel mit Wasserstoff sieht Namibia bei 5 bis 8 Prozent. Nach 1 bis 2 Millionen Tonnen im Jahr 2030 soll das Exportvolumen bis 2040 auf 5 bis 7 Millionen Tonnen und bis 2050 auf 10 bis 15 Millionen Tonnen steigen. Zur Koordination der praktischen Umsetzung hat die Regierung in Windhuk einen Rat für Grünen Wasserstoff gebildet (Green Hydrogen Council).

Drei Entwicklungsregionen

Die nationale Wasserstoffstrategie definiert drei Entwicklungsregionen, alle an der Küste gelegen. Die nördliche existiert bislang nur als Idee. Neben Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und Elektrolyse von Wasserstoff umfassen die Planungen einen neuen Hafen und eine Pipeline zur zentralen Region um Walvis Bay. Dort sind die bisherigen Pilotprojekte angesiedelt, die neben der Elektrolyse auch Anwendungen im Hafen, bei der Eisenbahn und in der Stromversorgung vorsehen. Die südliche Region schließlich wird dominiert durch das Hyphen-Projekt als Teil der Southern Corridor Development Initiative (SCDI), die ein Gebiet von rund 26.000 Quadratkilometern in der Region ǁKharas umfasst. 

Das Unternehmen Hyphen Hydrogen Energy, an dem die Investitionsgesellschaft Nicholas Holdings und das deutsche Energieunternehmen Enertrag beteiligt sind, plant auf 4.000 Quadratkilometern in zwei Bauphasen 7 Gigawatt Erzeugungskapazitäten für Wind- und Solarstrom aufzubauen und zur Elektrolyse von Wasserstoff zu nutzen. Das notwendige Wasser wird durch Meerwasserentsalzung gewonnen. Pro Jahr kann Hyphen nach der Fertigstellung circa 350.000 Tonnen Wasserstoff produzieren. Ab 2027 sollen daraus zunächst 1 Million Tonnen Ammoniak für den Export hergestellt werden, ab 2029 dann 2 Millionen Tonnen. Im Juni 2023 kündigte die namibische Regierung eine 24-prozentige Beteiligung an dem Projekt an.

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Ein zweites größeres Vorhaben zur Herstellung von grünem Wasserstoff hat das französische Unternehmen Hydrogène de France (HDF) bei Swakopmund initiiert. Dieses zielt vorrangig auf eine durchgängige Stromversorgung. Wasserstoff dient dabei als Speichermedium und ergänzt ein Solarkraftwerk mit 85 Megawatt. Abends und nachts kann die gespeicherte Energie in Brennstoffzellen wieder in Elektrizität umgewandelt werden. Hierdurch entsteht eine durchgehende Stromversorgung auf Basis von Sonnenenergie, was sich auch im Projektnamen Renewstable Swakopmund äußert.

Einen etwas anderen Fokus hat das Erongo Green Industry Development Project in Arandis. Das vom Namibia Investment Promotion and Development Board (NIPDB) unterstützte Vorhaben zielt auf die lokale Produktion von Ausrüstungen und Komponenten, die für die Wasserstoffwirtschaft benötigt werden. Dazu zählen Solarzellen, Teile für Elektrolyseure, Komponenten für Produktion und Handhabung synthetischer Kraftstoffe und wasserstoffbasierte Antriebe. Pressemeldungen zufolge schätzt NIPDB das mögliche Investitionsvolumen auf rund 15 Milliarden Euro. Bei Treffen mit namibischen Regierungsvertretern waren auch Vertreter deutscher Firmen wie Bosch oder DSE Green Technologies dabei.

Enge Zusammenarbeit mit Deutschland

Mit deutscher Förderung starten in Namibia vier Pilotprojekte zur Anwendung von wasserstoffbasierten Technologien: 

  • Das Projekt Green Hydrogen Application in the Port Environment. Kern des von Cleanergy Namibia durchgeführten Vorhabens ist die Betankung von wasserstoffgetriebenen Schiffen und Hafenfahrzeugen in Walvis Bay. Hier engagiert sich neben der deutschen Filiale von CMB.Tech auch der namibische Hafenbetreiber Namport. 
  • Ein weiteres Projekt von Cleanergy, einem Joint Venture des lokalen Unternehmens Ohlthaver & List mit der CMB.Tech ist eine Refueling Station mit angeschlossener Elektrolyseanlage.
  • Bei der namibischen Eisenbahn TransNamib ist auf der 210 Kilometer langen Strecke zwischen Walvis Bay und Kranzberg der Einsatz von Dual-Fuel-Lokomotiven geplant, die sowohl mit Dieselöl als auch mit Wasserstoff betrieben werden können. 
  • Mit dem Daures Green Hydrogen Village entsteht in der Nähe des Brandbergs in der Provinz Erongo der Prototyp einer klimaneutralen Siedlung. Auf einer Fläche von 30.000 Hektar wird zunächst die Produktion von grünem Wasserstoff auf Basis von Wind- und Solarenergie aufgebaut. In der nächsten Phase soll über den Zwischenschritt Ammoniak lokal Dünger produziert werden.

Zusätzliche Förderung erhält Namibia im Rahmen der Global Gateway Strategie der Europäischen Union. Kern ist eine Roadmap für die strategische Partnerschaft im Bereich nachhaltige Rohstofflieferketten und grünem Wasserstoff. 

 

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