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Wasserstoff: Entwicklungschance für Afrika?

Potenzielle Produktionsländer für grünen Wasserstoff haben sich in der Africa Green Hydrogen Alliance zusammengeschlossen - mit Hoffnungen auf einen Wirtschaftsboom.

Von Marcus Knupp | Berlin

Saubere Energie als Grundlage für die heimische Wirtschaft und gefragtes Exportprodukt: Die Erwartungen an die Wasserstoffwirtschaft sind groß. Etliche Länder auf dem afrikanischen Kontinent verfügen über hervorragende Voraussetzungen, an dem erhofften Boom teilzunehmen. Starke Winde an den Küsten, hohe Einstrahlungswerte der Sonne im Landesinnern oder mächtige Reserven an Wasserkraft können die benötigte Energie zur Produktion von grünem Wasserstoff bieten. Die Nachfrage aus Europa und Asien wird in den kommenden Jahrzehnten im Zuge der Dekarbonisierung der Wirtschaft aller Voraussicht nach kontinuierlich wachsen. Bis die Früchte des neuen Wirtschaftszweiges geerntet werden können, sind aber noch einige Aufgaben zu erledigen.

Zusammen statt gegeneinander: Africa Green Hydrogen Alliance

Die größte Aufmerksamkeit erhalten derzeit sehr große Projekte zur Produktion von grünem Wasserstoff. Beispiele sind das Hyphen-Projekt im Süden Namibias mit einem Investitionsvolumen von 10 Milliarden US-Dollar (US$) oder die von dem marokkanischen Düngemittelkonzern OCP geplante Herstellung von Ammoniak auf Basis von grünem Wasserstoff. In dieses Projekt sollen rund 7 Milliarden US$ fließen. Südafrika will in einem "Hydrogen Valley" Unternehmen der Wasserstoff-Wertschöpfungskette ansiedeln und plant insbesondere an der Atlantikküste ebenfalls grünen Wasserstoff in großem Stil auf Basis erneuerbarer Energien herzustellen.

Die Technologie liefern oft ausländische Unternehmen. Um teure Parallelstrukturen zu vermeiden, haben sich zunächst sechs afrikanische Staaten im Mai 2022 entschlossen, im Rahmen der "Africa Green Hydrogen Alliance" zusammenzuarbeiten. Zu den Gründungsmitgliedern Ägypten, Kenia, Marokko, Mauretanien, Namibia und Südafrika kommen Ende 2023 Angola und Äthiopien hinzu. Synergien zwischen den Ländern ergeben sich potenziell zum Beispiel bei der Transportinfrastruktur oder bei der Verwendung von Wasserstoff in der lokalen Industrie.

Perspektive Export: Schwierige Logistik

Viele der großen Vorhaben zur Produktion von grünem Wasserstoff zielen auf den Export. Hintergrund ist der enorme Bedarf an Wasserstoff als Energieträger und Einsatzstoff in der Industrie in potenziellen Abnehmerländern wie Deutschland oder Japan. Diese brauchen die Ressource, um ihre Wirtschaft zu dekarbonisieren, verfügen aber selbst nicht über ausreichende oder ausreichend kostengünstige Möglichkeiten für die Erzeugung von grünem Wasserstoff. Allerdings sind etwa von Namibia nach Westeuropa oder Ostasien sehr große Distanzen zu überwinden.

Der naheliegendste Transportweg für ein Gas wie Wasserstoff ist die Pipeline. Aufgrund der großen Entfernung und der zahlreichen Grenzen und Meere auf dem Weg von der Quelle zum Ziel ist dies aber für die meisten Strecken keine gangbare Option. Auch der Transport per Schiff ist aufwendig. Hier müsste der Wasserstoff unter hohem Druck (circa 700 bar) verstaut oder zur Verflüssigung auf minus 230° Celsius heruntergekühlt werden. Beides ist extrem energieintensiv. Leichter ist die Verschiffung von flüssigem Ammoniak. Dazu kann der Wasserstoff im Haber-Bosch-Verfahren durch Zugabe von Stickstoff verbunden und am Zielort wieder extrahiert werden.

Voraussetzung für den Aufbau einer solchen Transportkette für die Produktion von grünem Wasserstoff in großen Mengen für den Export sind langfristige Liefervereinbarungen mit den potenziellen Abnehmern.

Perspektive lokale Industrie: Waren statt Energie

Stickstoffverbindungen wie Ammoniak oder der Wasserstoff selbst lassen sich aber auch vor Ort in Produktionsverfahren verwenden. Neben dem genannten marokkanischen Unternehmen OCP plant auch das australische Unternehmen Minbos Resources die Herstellung von Dünger auf Basis von Ammoniak in Angola. Der südafrikanische Chemiekonzern Sasol will mit Wasserstoff synthetisches Flugbenzin herstellen. In der Eisen- und Stahlindustrie kann Wasserstoff im Direktreduktionsverfahren die Kokskohle und damit einen wichtigem Emittenten von Treibhausgasen ersetzen.

Anstelle von Wasserstoff könnten also auch vor Ort klimafreundlich hergestellte industrielle Produkte oder Vorprodukte verschifft werden. An dieser Stelle gehen die Interessen der traditionellen Industrieländer und der neuen Produktionsstandorte für grünen Wasserstoff teilweise auseinander. Denn während ein Kernziel der ersten Gruppe die Dekarbonisierung und Erhaltung bestehender Industriesektoren ist, könnte die Produktion am neuen Standort eine Verlagerung der Kapazitäten bedeuten. Dabei ist offen, wie und von wem solche neue Industrieanlagen finanziert werden können.

Perspektive Energieversorgung: Mit neuen Anwendungen in die Zukunft

Eine dritte Kategorie der Nutzung grünen Wasserstoffs ist der Einsatz in der lokalen Energieversorgung. So können zum Beispiel fossile Brennstoffe wie Benzin und Diesel ersetzt werden, wenn mit Brennstoffzellen ausgestattete Fahrzeuge statt dessen Wasserstoff tanken. In Namibia gibt es erste Prototypen von Lokomotiven und Hafenschleppern mit dieser Technik. Eine kleine Ökonomie wie das südwestafrikanische Land könnten sich auf diese Weise von Energieimporten unabhängig machen. 

Dies gilt umso mehr, als die zur Erzeugung von grünem Wasserstoff aufgebauten Stromerzeugungskapazitäten aus Solar- oder Windenergie auch die Versorgung der Haushalte übernehmen könnten. Grüner Wasserstoff wäre hier ein Energiespeicher. Er kann dann in Brennstoffzellen zur Erzeugung von Elektrizität eingesetzt werden, wenn sie benötigt wird. Damit ließen sich temporäre Lücken in der Produktion erneuerbarer Energien überbrücken.

 

H2 diplo bietet Unterstützung

Im Auftrag des Auswärtigen Amtes unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit dem Projekt Globale Wasserstoffdiplomatie (kurz: H2 diplo) eine nachhaltige Energieaußenpolitik.

 

Zu den Projektzielen gehört, insbesondere Export- und Transitländern fossiler Energieträger wie Erdgas und Erdöl, Optionen für eine dekarbonisierte Energieexportwirtschaft aufzuzeigen. Dafür bestehen bisher Partnerschaften mit Nigeria, Angola, Saudi-Arabien, Kasachstan und der Ukraine, weitere sind in Planung.

 

Weitere Informationen zum Projekt hier.

 

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