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Wirtschaftsausblick | Nigeria
In Nigeria stehen in Kürze Präsidentschaftswahlen an, mit ungewissem Wahlausgang. Unternehmen wünschen sich Veränderungen in vielen Bereichen.
24.01.2023
Von Corinna Päffgen | Accra
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet ein reales Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) für 2023 in Höhe von 3,0 Prozent. Etwas verhaltener schätzt die Economist Intelligence Unit (EIU) die Entwicklung ein. Sie rechnet mit einem realen Anstieg des BIP von 2,7 Prozent.
Zwar ist das erwartete Wirtschaftswachstum höher als die Bevölkerungszunahme, die rund 2,4 Prozent jährlich beträgt. Doch eine dynamischere Entwicklung wird durch viele Faktoren gebremst. Dazu gehören Wechselkursinstabilitäten und knappe Devisenverfügbarkeiten. Hinzu kommen die hohe Inflation, Infrastrukturdefizite und die Korruption. Diese Herausforderungen hat die amtierende Regierung nicht in den Griff bekommen. Unternehmen hoffen nun auf frischen Wind durch einen neuen Präsidenten und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Ein Novum bei den anstehenden Wahlen ist, dass erstmals drei Kandidaten mit reellen Chancen auf einen Wahlsieg ins Rennen gehen. Keiner der Kandidaten hat bislang in Meinungsumfragen einen nennenswerten Vorsprung, sodass eine Stichwahl nicht ausgeschlossen ist. Analysten gehen deshalb davon aus, dass die Präsidentschaftswahlen das 1. Halbjahr 2023 bestimmen werden und erst nach den Wahlen dringende Wirtschafts- und Steuerreformen angegangen werden.
Die Reduzierung der Benzinsubventionen und die Produktion einer neuen Megaraffinerie können ein höheres Wachstum künftig unterstützen. Der fiskalische Spielraum der Regierung würde größer, Treibstoffimporte könnten reduziert und gleichzeitig raffinierte Produkte für den Export hergestellt werden. Die EIU erwartet deshalb für 2024 eine Zunahme der Wirtschaftsleistung um real 3,3 Prozent. Der IWF prognostiziert für das Folgejahr einen Anstieg von 2,9 Prozent.
Indikator | 2022 | 2023 * | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 528,4 | 545,3 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) | 2.086 | 2.312 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) | 218,5 | 223,7 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = x Naira (N)) | 398,87 | 418,71 | - |
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Die private Investitionstätigkeit dürfte bis zum Abschluss der Wahlen zurückhaltend sein. Ob vermehrt ausländische Investitionen in den Öl- und Gassektor erfolgen, bleibt abzuwarten. Zwar versucht Nigeria mit dem neuen Gesetz für den Ölsektor (Petroleum Industry Bill) Investitionen anzuziehen und Europa versucht sich aus der Abhängigkeit von Russland zu befreien, sodass neue Märkte in den Fokus rücken. Allerdings fahren etablierte Unternehmen im Sektor ihr Engagement eher zurück.
Staatliche Investitionen können aufgrund des eingeschränkten Spielraums nur auf niedrigem Niveau erfolgen. Der Haushalt 2023 sieht Mittel für den Gesundheitsbereich in Höhe von etwa 3,6 Milliarden US-Dollar (US$) vor, die Verteidigungsausgaben belaufen sich auf rund 6 Milliarden US$ und in die Infrastruktur sollen 2,3 Milliarden US$ an öffentlichen Geldern fließen. Um wesentliche Ausgaben für den wachsenden Schuldendienst, Löhne und Gehälter sowie für Investitionen zu finanzieren, ist regelmäßig die Aufnahme neuer Schulden notwendig.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (in Mrd. US$) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Bau einer Autobahn von Abidjan (CIV) nach Lagos (Nigeria) | k.A. | Geplant. | Projekt der Afrikanischen Entwicklungsbank mit einer Straßenlänge von 1.028 km, das als ÖPP-Projekt (Öffentlich-private Partnerschaft) ausgestaltet wird. Interessensbekundungsverfahren laufen. |
Bau von Zufahrtsstraßen zur Second Niger Bridge; Bau diverser Brücken in Port Harcourt | k.A. | Geplant. | Projekte führt Julius Berger durch. |
Nigeria Rural Access and Agricultural Marketing Project | 0,6 | Geplant. | Instandsetzung von 1.600 km ländlicher Straßen und Modernisierung von Agrarlogistikzentren in 13 Bundesstaaten; Projekt der Weltbank; Interessensbekundungsverfahren läuft. |
Bonga South West Aparo (BSWA) | 10 | Geplant. | Kapazität: 225.000 Barrel pro Tag (bpd, FPSO *) wird vor der Küste von Shell installiert. |
Bahntrasse Lagos-Calabar | 11,1 | Geplant. | Die finale Entscheidung bezüglich der Finanzierung steht noch aus. Durchführung erfolgt durch die China Civil Engineering Construction Corporation (CCECC). |
Bau der Bahntrasse Lagos-Kano | 6,7 | Im Bau. | CCECC führt Bau für Teile der Strecke durch. Weitere Streckenabschnitte sollen durch ÖPP-Projekte durchgeführt werden. |
Second Niger Bridge | 2 | In Testphase. | Julius Berger führt Bau durch. |
Dangote-Ölraffinerie | 15 | Fast abgeschlossen. | Geplante Kapazität des Dangote-Vorhabens: 400.000 bpd. |
Tiefseehafen in Lekki | 1,5 | Abgeschlossen. | Terminal für Schiffe bis zu 10.000 Twenty Foot Equivalent (TEU); jährliche Kapazität 2,5 Mio. TEU (größter Terminal in Subsahara-Afrika). Finanzierung kommt aus China; Bauausführung erfolgt durch die Tolaram Group und die China Harbour Engineering Limited. |
Eko Atlantic Project | 6 | Im Bau. | Erweiterung von Victoria Island mit eigener Infrastruktur für circa 250.000 Bewohner |
Qua Iboe Power Plant | 1 | Verzögert sich. | In Akwa Ibom soll von den privaten Investoren Black Rhino und Globeleq ein 540-MW-Kraftwerk gebaut werden. |
Der private Konsum wird nach Schätzungen der EIU im Jahr 2023 schrumpfen. Dies liegt an der hohen Inflation von durchschnittlich knapp 20 Prozent. Vor allem die Preise für Lebensmittel und Diesel sind hoch. Diesel wird aufgrund der unzureichenden Stromversorgung auch für die Stromerzeugung gebraucht. Sollten im Sommer zudem, wie geplant, die Benzinsubventionen wegfallen, wird dies die Kaufkraft weiter schmälern.
Der Konsumgütermarkt sowohl im Lebensmittel- als auch im Non-Food-Bereich (Kleidung, Schuhe, Haushaltswaren und elektronische Geräte) dürfte mittelfristig aufgrund der Bevölkerungsdynamik und einer wachsenden, zunehmend kaufkräftigen Mittelschicht interessant bleiben.
Nigerias Außenhandel konnte sich im Jahr 2022 weiter erholen. Sowohl Exporte auch als Importe sind gestiegen. Diese Entwicklung dürfte sich 2023 wieder abschwächen. Die EIU geht von einem Rückgang der Importe um 8 Prozent aus. Die Exporte sollten zwar steigen, jedoch nach Einschätzung der Analysten nur um 3 Prozent.
Für deutsche Unternehmen ist Nigeria ein wichtiger Exportmarkt in Subsahara-Afrika. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes exportierte Deutschland Waren im Wert von 976 Millionen Euro nach Nigeria. Nur nach Südafrika waren die Ausfuhren höher.
2022 | 2023 * | Veränderung 2023/22 * | |
---|---|---|---|
Importe (fob) | 62,2 | 57,0 | -8 |
Exporte (fob) | 68,8 | 70,8 | 3 |