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Wirtschaftsausblick | Pakistan
Die negativen Auswirkungen der schweren Überflutungen belasten das ohnehin schwache Wirtschaftswachstum in Pakistan.
02.12.2022
Von Heena Nazir | Dubai
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet im laufenden Finanzjahr (1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023) eine reale Zunahme des Bruttoinlandproduktes (BIP) um 3,5 Prozent. Damit halbiert sich die Dynamik nahezu gegenüber dem geschätzten Plus von 6 Prozent im Vorjahr. Die Analysten der Weltbank zeigen sich kritischer und rechnen nur mit einem Zuwachs von 2 Prozent.
Die jüngsten Überflutungen verstärken die wirtschaftlichen Probleme. Fast 15 Prozent des Landes standen auf dem Scheitelpunkt der Flutwelle unter Wasser. Etwas mehr als 33 Millionen Menschen sind davon betroffen. Der Schaden wird auf 40 Milliarden US-Dollar (US$) geschätzt. Besonders schwer trifft es den Agrarsektor. Es wurden 9,4 Millionen Morgen kultiviertes Land zerstört. Dies führte zu erheblichen Verlusten bei Baumwoll-, Dattel-, Weizen- und Reispflanzen.
Die geringere landwirtschaftliche Produktion wird sich negativ auf den Industrie- und Dienstleistungssektor auswirken, insbesondere weil die Textilbranche von der lokalen Baumwollproduktion abhängig ist (Textilien machen etwa 25 Prozent der Industrieproduktion aus). Vorläufigen Schätzungen der Weltbank zufolge wird die nationale Armutsquote als direkte Folge der Flut um 2,5 auf 4,0 Prozentpunkte steigen. Zwischen 5 und 9 Millionen Menschen werden so in die Armut getrieben.
Indikator | 2020/20211 | 2021/20221 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
BIP (nominal, Mrd. US$) 2 | 348,7 | 382,8 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) 2 | 1.562 | 1.690 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) | 222,7 | 227 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = x Pakistanische Rupien) | 160 | 175 | - |
Doch schon vor der Flutkatastrophe wurde das Land von einer tiefen Wirtschaftskrise erschüttert. Pakistan kämpft seit Jahren mit hoher Inflation, schwacher Währung und steigendem Handelsbilanzdefizit. Erst durch den Erhalt eines Kredits des IWF von über 6 Milliarden US$ im Jahr 2019 konnte eine Zahlungsbilanzkrise verhindert werden. Es setzte eine Konsolidierungspolitik ein, um die Bedingungen des Fonds zu erfüllen. Eine weitere Tranche in Höhe von 1,2 Milliarden US$ wurde Anfang Oktober 2022 ausbezahlt. Dafür muss das Land seine Staatsausgaben drosseln, Subventionen streichen und die Steuern erhöhen. Diese Maßnahmen führen jedoch kurzfristig zu einer weiteren starken Belastung der Wirtschaft.
Positiv zu vermerken ist, dass sich Pakistan weitere bedeutsame Geldquellen sichern konnte. Die Weltbank und die Asian Development Bank stellen der Islamischen Republik 4,5 Milliarden US$ zur Verfügung. Das Emirat Katar kündigte an, den Staat mit 3 Milliarden US$ zu unterstützen. Die Vereinigten Arabischen Emirate planen eine Investition in Höhe von 1 Milliarde US$. Saudi-Arabien will dem Land mit einem Notkredit von über 2 Milliarden US$ unter die Arme greifen.
Im Finanzjahr 2021/2022 (vom 1. Juli bis 30. Juni) ist der Zufluss ausländischer Investitionen um 28 Prozent zurückgegangen und lag bei umgerechnet 1,8 Milliarden US$. Für das erste Quartal 2022/2023 verzeichnet das Land einen Rückgang des ausländischen Engagements um 39 Prozent im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode. Experten rechnen für die kommende Monate mit einem weiteren Abschwung. Die aktuell schwierige politische und wirtschaftliche Situation in Pakistan verunsichert Investoren und wirkt sich negativ auf das Investitionsklima aus.
Projektbezeichnung | Investitions-Summe (Mio. US$) | Projektstand | Projektbetreiber/Kontakt |
Access to clean energy investment program | 3.651 | Durchführung | |
1.124 Megawatt; Kohala Hydropower Project, AJK | 2.400 | Design | |
1.320 Megawatt; Thar Mine Mouth Oracle Power Plant & Surface Mine | 1.912 | Design | |
720 Megatwatt; Karot Hydropower Project, AJK/Punjab | 542 | Durchführung | |
RT Red Line Corridor project from Malir Halt to Numaish | 518 | Design | |
330 Megawatt; ThalNova Thar Coal Power Project | 373 | Durchführung | |
Punjab Affordable Housing Project | 200 | Design | |
Solid Waste Emergency and Efficiency Project in Karachi: | 105 | Durchführung | |
Sindh Solar Energy Project | 105 | Durchführung | |
Pehur High Level Canal Extension Project (formerly Khyber Pakhtunkhwa Water Resources Project) | 97 | Durchführung |
Pakistan befindet sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Vor allem die hohe Inflation bereitet große Sorgen. Diese ist aufgrund der weltweit steigenden Rohstoffpreise kaum einzudämmen und wird durch die Folgen des Krieges in der Ukraine sowie schwere Überflutungen weiter verstärkt. Das pakistanische Statistikamt berichtet, dass die Inflationsrate im Jahresdurchschnitt 2022 über 20 Prozent betragen wird. Besonders ausgeprägt verteuern sich Energie, Lebens- und Genussmittel sowie Dienstleistungen. Weiterhin verlor die pakistanische Rupie gegenüber dem US-Dollar in den vergangenen drei Jahren fast die Hälfte ihres Wertes. Das treibt den Schuldendienst und die Einfuhrkosten in die Höhe und trübt das Konsumklima weiter ein.
Vorläufigen offiziellen Anhaben zufolge sind im Finanzjahr 2021/2022 die Exporte (cif) um 25,6 Prozent auf 31,8 Milliarden US$ gestiegen. Aufgrund der verheerenden Auswirkungen der Überflutungen und der schwächelnden Weltwirtschaft werden die Ausfuhren im laufenden Haushaltsjahr weniger stark wachsen. Die pakistanischen Textilexporte (die einen Anteil von über 60 Prozent an den Gesamtexporten haben) verzeichneten im Oktober 2022 sogar einen Rückgang von über 11 Prozent auf Monatsbasis und sanken auf 1,4 Milliarden US$.
Die Importe (cif) verzeichneten im Fiskaljahr 2021/2022 einen Zuwachs um 42,1 Prozent und stiegen auf über 80 Milliarden US$. Aufgrund dessen ist das Handelsbilanzdefizit um 55,6 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode auf Minus 48,4 Milliarden US$ angeschwollen. Die weiteren Aussichten sind düster. Die stark steigenden Ölpreise verteuern den Rohstoffimport, dabei entfallen rund 33 Prozent der Einfuhren auf Erdöl. Auch die infolge der Flutkatastrophe sinkende Nahrungsmittelproduktion wird die Importe weiter in die Höhe treiben und so das Defizit verstärken.
2020/2021 1 | 2021/2022 1,2 | Veränderung 2022/2021 | |
Importe (cif) | 56,4 | 80,1 | 42,1 |
Exporte (cif) | 25,3 | 31,8 | 25,7 |