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Branchen | Polen | Bekleidung

Bekleidungsbranche setzt auf Auslandsmärkte und Onlinehandel

Polens Wirtschaft hat an Schwung verloren. Exporte, Übernahmen und Onlinehandel sollen den Bekleidungsfirmen Auftrieb geben.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Die Verkäufe von Textilien, Bekleidung und Schuhen legten im Jahresverlauf 2022 in Polen kräftig zu. In den ersten elf Monaten stiegen die Umsätze der Händler mit mindestens zehn Beschäftigten laut dem Statistischen Hauptamt GUS nominal um 29,7 Prozent und real um 23,2 Prozent gegenüber Januar bis November 2021.

Allerdings dämpft die angespannte finanzielle Situation polnischer Privathaushalte die Kauflust. Die hohen Energiekosten schmälern die Budgets, die Preise für Konsumgüter steigen. Insbesondere die börsennotierten Handelsgesellschaften hoffen dennoch weiter auf gute Geschäfte, indem sie ihre Präsenz auf Auslandsmärkten verstärken, durch Firmenübernahmen expandieren und sich noch intensiver dem Onlinehandel widmen. Das berichtet die Tageszeitung Parkiet.

Der schwache Wechselkurs des Złoty verbessert die Exportchancen polnischer Unternehmen. Doch der schwache Zloty sorgt auch dafür, dass Waren, die aus dem Ausland, etwa aus Asien, bezogen und dann von Polen aus weiterverkauft werden, teurer werden.

Marktführer 2022 mit guten Ergebnissen

In den ersten drei Quartalen 2022 verzeichneten die meisten börsennotierten Bekleidungsfirmen in Polen beachtliche Umsatzzuwächse. Eine Ausnahme war das Unternehmen CDRL, dessen Umsätze in den ersten drei Quartalen 2022 insgesamt rückläufig waren. CDRL produziert und vertreibt in Polen Kinder- und Jugendbekleidung, unter anderem unter der Marke Coccodrillo. Für das Gesamtjahr 2022 beziffert CDRL seinen Umsatz auf dem polnischen Inlandsmarkt auf vorläufig 64 Millionen Euro, das wären auf Złoty-Basis 8,4 Prozent mehr 2021. 

Einnahmen börsennotierter Bekleidungs- und Schuhfirmen in Polen in den ersten drei Quartalen 2022

Unternehmen

Marktsegment

Einnahmen in Mio. Euro 1)

Prozentuale Veränderung 2)

LPP

Bekleidung

2.506

48

CCC

Schuhe

1.426

21

Vistula Retail Group (VRG)

überwiegend Herrenbekleidung

193

26

Answear.com

Bekleidung

130

44

CDRL

Kinderbekleidung

65

-2

Wittchen

Lederaccessoires

57

57

Wojas

Schuhe

48

20

Monnari Trade

Bekleidung

42

32

Esotiq & Henderson

Miederwaren

39

17

Solar

Bekleidung

20

19

Protektor

Sicherheitsschuhe

16

5

1 umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2022 (1 Euro = 4,6861 Zł); 2 auf Złoty-Basis gegenüber den ersten drei Quartalen 2021Quelle: Tageszeitung Parkiet 2022

Der Vorsitzende des nutzer- und reichweitenstarken Onlinehändlers Answear.com, Krzysztof Bajołek, zeigt sich mit Blick auf 2023 optimistisch. Das Unternehmen sei auf elf europäischen Märkten gut etabliert und zähle dort vielfach zu den Marktführern.  

Auch die beiden führenden polnischen Modeunternehmen LPP und CCC sind auf Auslandsmärkten stark vertreten. Trotz des Verlustes der östlichen Nachbarmärkte konnte die Handelsfirma für Casual-Bekleidung LPP ihre Einnahmen kräftig steigern. Sie stieß im Frühjahr 2022 ihre Tochterfirma ReTrading OOO in der Russischen Föderation für 69 Millionen Euro ab, wo sie Filialen ihrer Handelsmarke Reserved betrieben hatte. Der (nicht genannte) asiatische Käufer muss den Preis bis 2026 zahlen, kann aber von dem Kauf zurücktreten, wenn er keinen Gewinn erwirtschaftet.

Kompensieren will LPP die Einbußen im Russlandgeschäft mit 2022 neu geschaffenen Onlineshops in Italien, Griechenland und Spanien. Darüber hinaus eröffnet das Danziger Unternehmen zum Beispiel in Italien auch stationäre Geschäfte. Der stellvertretende Vorsitzende von LPP, Przemysław Lutkiewicz, erwartet für das laufende Geschäftsjahr (01.02.2022 bis 31.01.2023) Einnahmen von über 3,4 Milliarden Euro, darunter von 1,1 Milliarden Euro aus dem Onlinehandel. Die Investitionen sollen sich im Berichtsjahr auf 213 Millionen Euro summieren, darunter 128 Millionen Euro in stationäre Geschäfte.

Unternehmen setzen auf den Onlinehandel

Der Onlinehandel gewinnt für viele Firmen als Absatzkanal weiter an Bedeutung. Ein Beispiel dafür ist auch das Produktions- und Handelsunternehmen Wittchen. Der Anbieter von Lederwaren, Taschen und Accessoires setzt laut seinem Vorsitzenden Jędrzej Wittchen bei der Auslandsstrategie zunächst auf eine Kooperation mit Onlinemarktplätzen. Daneben betreibt Wittchen bereits eigene Onlineshops sowie stationäre Geschäfte im Ausland, befindet sich dabei jedoch noch in der Anfangsphase der Entwicklung.

In den Onlinehandel investiert auch das Handelshaus für Miederwaren Esotiq & Henderson. Neue Instrumente und Funktionen sollen das Einkaufen über diesen Kanal noch einfacher machen. Eine seit Herbst 2022 verfügbare App für Mobilgeräte erweist sich laut Firmenvorstand Krzysztof Jakubowski als sehr erfolgreich. Gestiegene Kosten nötigten Esotiq & Hendersen 2023 zu größeren Preissteigerungen als in den Vorjahren. Jakubowski zeigt sich laut Parkiet offen für Firmenübernahmen.

Auch der Vorsitzende der Bekleidungsfirma Monnari, Mirosław Misztal, sieht in der Akquisition von Mitbewerbern einen möglichen Weg, sich in unsicheren Zeiten zukunftsfähig aufzustellen.

Protektor will mehr Spezialschuhe liefern

Beim Hersteller von Sicherheitsschuhen Protektor blickt man ebenfalls mit Zuversicht auf das Jahr 2023. Laut Firmenvorstand Tomasz Malicki will das Unternehmen seine Einnahmen steigern, indem es sich verstärkt an Ausschreibungen zur Ausstattung von uniformiertem Personal und anderen Arbeitskräften mit Bedarf an Spezialschuhen für den Arbeitsschutz beteiligt.

Protektor verlagert seine Produktion schrittweise aus seinen Werken in der Republik Moldau zurück nach Polen. Ein zunehmender Anteil der Fertigung erfolgt in seiner Fabrik in Lublin. Einen Großteil seiner Spezialschuhe exportiert das Unternehmen nach Westeuropa.

Polens Logistikzentren beliefern europäische Märkte

Polen ist in der Bekleidungsbranche auch als Logistikstandort von Bedeutung. Der deutsche Onlinehändler Zalando etwa vertreibt in Polen nicht nur seine Produkte, sondern er unterhält in dem Land auch große Logistikzentren. Über diese bedient Zalando auch den deutschen und andere Märkte. 

Der deutsche Händler mit Schuhen, Bekleidung und Accessoires BestSecret errichtet in der Woiwodschaft (Verwaltungsbezirk) Lubuskie unweit der deutschen Grenze ein Logistikzentrum mit 88.500 Quadratmetern Nutzfläche. Der dortige Panattoni Park Sulechów III wird von Januar bis Juni 2023 etappenweise an BestSecret übergeben. Das Unternehmen beliefert von Polen aus 27 europäische Länder.

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