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Steigender Wohlstand fördert die Nachfrage nach Kosmetika
Die Kosmetikindustrie Polens profitiert von wachsenden Konsumausgaben. Trotz der guten Lage am heimischen Markt sehen viele Hersteller vor allem im Export neue Wachstumschancen.
09.07.2025
Von Christopher Fuß | Warschau
Die Verkäufe der Kosmetikindustrie in Polen befinden sich im Aufwind. Laut der Bank PKO gingen im Jahr 2024 Kosmetikprodukte im Wert von 5,3 Milliarden Euro über die Ladentische. Das entspricht einem Plus von 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Analysten sehen weiteres Potenzial. Sie erwarten zwischen 2025 und 2028 ein jährliches durchschnittliches Wachstum von 4,2 Prozent. Einige Produktgruppen entwickeln sich schneller als der Markt. Der Absatz von Hautpflegeartikeln und Schminke nimmt den Prognosen zufolge besonders dynamisch zu.
Das Umsatzplus der Kosmetikindustrie geht vor allem auf die steigenden Realeinkommen zurück. Weil polnische Verbraucher mehr Geld im Portemonnaie haben, klettern die Konsumausgaben. Dieser Umstand hilft wiederum der Kosmetikindustrie.
Laut der Bank Pekao gibt es für die Hersteller einen weiteren Grund zur Freude. Eine Studie zeigt, dass die Materialkosten der Kosmetikindustrie im Laufe des Jahres 2024 um 8 Prozent gesunken sind. Rohstoffe machen mehr als 50 Prozent der Kosten eines Kosmetikherstellers aus. Sinken die Preise, verbessern sich die Gewinne der Firmen.
Internationale Konzerne verbessern die Handelsbilanz
in der Rangfolge der umsatzstärksten Kosmetikmärkte in der EU.
Auch das Exportgeschäft der Kosmetikhersteller wächst. Im Jahr 2024 lieferten die Unternehmen Waren im Wert von 5,3 Milliarden Euro ins Ausland, ein Plus von 4,2 Prozent. Rund ein Fünftel der Ausfuhren geht nach Deutschland. Auf Platz zwei und drei der wichtigsten Exportziele landen das Vereinigte Königreich und Tschechien.
Polen exportiert deutlich mehr Kosmetikartikel, als das Land importiert. Der Überschuss im Außenhandel hängt mit der starken Präsenz internationaler Hersteller zusammen. Laut PKO haben zwar nur rund ein Viertel aller Kosmetikunternehmen in Polen einen ausländischen Eigentümer, gleichzeitig stemmen die internationalen Firmen aber rund drei Viertel des gesamten Branchenexports.
Ein Beispiel ist L'Oréal: Der französische Hersteller betreibt ein Werk in einem Vorort von Warschau. Mehr als 90 Prozent der Produktion gehen in den Export. Auch der deutsche Kosmetikkonzern Beiersdorf, Eigentümer der Marke Nivea, verkauft die Produkte aus seinem Werk bei Poznań auf internationalen Märkten. US-amerikanische Kosmetikfirmen wie Colgate-Palmolive oder Procter & Gamble unterhalten ebenfalls Produktionsstätten in Polen.
Polnische Firmen konzentrieren sich auf regionale Märkte
Zu den national und international erfolgreichsten Herstellern mit polnischem Eigentümer gehört das Unternehmen Dr. Miele Cosmed Group (kein Bezug zum Haushaltsgerätehersteller Miele). Ein weiterer heimischer Platzhirsch in Polen ist das Kosmetikunternehmen Ziaja. Der Hersteller erzielt rund 20 Prozent seiner Umsätze über das Exportgeschäft. Zu den größten polnischen Kosmetikunternehmen gehören außerdem die Cosmo Gruppe, Dr. Irena Eris und Eveline Cosmetics. Abgerundet wird das Bild der heimischen Hersteller von einer Vielzahl an Start-ups.
Eine wichtige Rolle in Polens Kosmetikindustrie spielen Auftragsfertiger. Sie produzieren sogenannte White-Label-Produkte für heimische und internationale Kosmetikunternehmen. Die Artikel werden anschließend mit dem Logo einer etablierten Marke verkauft. Bekannte Auftragsfertiger in Polen sind Adex Cosmetics, Canexpol und die Poplawska Gruppe.
Rund 250 Hersteller haben sich im Verband der polnischen Kosmetikindustrie PZPK (Polski Związek Przemysłu Kosmetycznego) zusammengeschlossen. Die Interessensvertretung gilt als das wichtigste Sprachrohr der Branche. Unter den Mitgliedern befinden sich auch internationale Größen, darunter die deutsche Beiersdorf.
Produktgruppe | 2024 ¹) | 2028 ²) | Veränderung ³) |
---|---|---|---|
Körperpflegemittel | 2,6 | 2,9 | 3,6 |
Pflegende Kosmetik für die Haut | 1,4 | 1,8 | 5,4 |
Dekorative Kosmetik | 0,6 | 0,8 | 5,3 |
Parfums, Eau de Toilette | 0,6 | 0,7 | 2,8 |
Sonstiges | 0,1 | 0,1 | 5,2 |
Insgesamt | 5,3 | 6,2 | 4,2 |
Verband fordert Innovationen
Die Hersteller in Polen versprechen sich vor allem im Exportgeschäft neue Wachstumsmöglichkeiten. Das zeigt eine Interviewreihe des Branchenmagazins Świat Przemysłu Kosmetycznego. Länder wie Tschechien, die Slowakei, Ungarn oder Rumänien stehen dabei im Fokus.
Viele Expansionspläne haben jedoch einen Haken. Wie der PZPK beklagt, geben polnische Kosmetikhersteller zu wenig für Forschung und Entwicklung aus. Stattdessen versuchen die Firmen, über niedrige Kosten zu konkurrieren. Im Jahresbericht des PZPK heißt es dazu: "Mit der Präsenz auf ausländischen Märkten sollten polnische Unternehmen verstärkt in Innovationen investieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, zumal Vorteile, die auf niedrigen Arbeitskosten […] beruhen, allmählich verschwinden."
Dabei gäbe es Unterstützung. Die Unternehmensberatung EY verweist in einer Analyse der polnischen Kosmetikindustrie auf Förderprogramme. Forschende Kosmetikunternehmen erhalten beispielsweise Steuervorteile. Außerdem können die Firmen EU-Gelder im Rahmen des Programms SMART-PATH in Anspruch nehmen.
Als weitere Herausforderung identifiziert PZPK europäische Umweltauflagen. Insbesondere die Neufassung der EU-Abwasserrichtlinie sorgt bei dem Verband für Diskussionen. Um die verschärfte Richtlinie einzuhalten, seien teure Investitionen nötig, so der Verband.
Wenige Ketten bestimmen den Handel
Der stationäre Vertrieb von Kosmetikprodukten erfolgt in Polen vor allem über drei Kanäle: Drogeriemärkte, Discounter und Parfümerien. Fast 60 Prozent aller Kosmetikverkäufe finden in diesen Geschäften statt. Der Onlinehandel kommt laut PZPK auf einen Marktanteil von über 16 Prozent - Tendenz steigend - zulasten stationärer Läden.
Trotz der wachsenden Konkurrenz durch Onlinegeschäfte drängen neue Einzelhändler nach Polen. Bislang bestimmten vier Drogerieketten den Markt: Rossmann, Natura, Hebe und Super-Pharm. Seit 2022 mischt auch die deutsche Kette dm mit. Sie unterhielt Ende 2024 genau 50 Filialen in Polen. Weitere 30 Geschäfte sollen bis Ende 2025 ihre Türen öffnen.
Welchen Einkaufskanal die Kunden nutzen, hängt vom gesuchten Produkt ab. Verbraucher nutzen Drogeriemärkte nach Angaben des PZPK vor allem für Hautpflegeprodukte, Babypflege und Schminke. Discounter punkten hingegen beim Verkauf von Haarpflegeprodukten, Duschprodukten und Deodorants. Über den Onlinehandel beziehen Kunden hingegen Parfüms und Eau de Toilette.