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Special | Polen | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Klimaziele: Zankapfel Kohleausstieg

Eigentlich wollte Polen bis zum Frühjahr 2023 neue Klimaziele festlegen. Doch die Regierungskoalition ist gespalten. Auch neue Vorgaben auf europäischer Ebene sorgen für Unmut.

Von Christopher Fuß | Warschau

Regierungsvertreter aus Polen laufen Sturm gegen das Klimaschutzpaket Fit for 55. Im April 2023 verabschiedete der Rat der Europäischen Union einige zentrale Bestandteile des Programms. Einwände aus Polen fanden keine Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten. Premierminister Mateusz Morawiecki hatte noch im Dezember 2020 den strengeren Klimaschutzzielen zugestimmt, was ihm Partner in der Regierungskoalition heute zum Vorwurf machen.

Laut den neuen Vorgaben sollen einige Branchen ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 62 Prozent reduzieren. Das Referenzjahr ist 2005. Ab 2034 gibt es außerdem keine kostenlosen Emissionszertifikate mehr. In der Theorie würde dieser Schritt Investitionen in klimafreundliche Technologien vorantreiben. Eine neue Zollgebühr (Carbon Border Adjustment Mechanism CBAM) soll verhindern, dass Waren aus Drittländern ohne Emissionsauflagen die europäischen Hersteller ins Abseits drängen. Ab 2027 fallen Kraftstoffe für den Transport- und Gebäudesektor unter den europäischen Emissionsrechtehandel EU-ETS. Rohstoffe wie Heizkohle und Diesel werden damit teurer. Ein Klimasozialfonds der EU soll Härten abfedern. Polen darf auf 12 Milliarden Euro aus dem Förderinstrument hoffen.

Unternehmen für mehr Klimaschutz

Vertreter der polnischen Regierung argumentieren, Fit for 55 sei zu teuer. Die heimische Industrie würde ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Privathaushalten drohe Energiearmut. Die Debatte rund um Fit for 55 ist auch deshalb so aufgeladen, weil im Herbst 2023 Parlamentswahlen in Polen anstehen.

Einige Unternehmensverbände sehen das Paket weniger kritisch: "Mit einer angemessenen staatlichen Strategie ist Fit for 55 keine Gefahr, sondern eine Chance", meint beispielsweise Analyst Jan Ruszkowski vom Arbeitgeberverband Lewiatan. Polen müsse Emissionen reduzieren, um für Investoren attraktiv zu bleiben, mahnt Wojciech Graczyk vom Verband der privaten Arbeitgeber im Energiesektor ZPPE. "Es gibt Situationen, in denen die polnischen Tochtergesellschaften von globalen Firmen in Polen 20 Prozent der internationalen Einnahmen erwirtschaften und gleichzeitig 80 Prozent der Konzernemissionen verursachen", rechnet Graczyk gegenüber dem Online-Nachrichtenportal Business Insider vor.

Neue Strategie umstritten

Hauptverantwortlich für den Ausstoß von Treibhausgasen ist Polens Energiemix. So deckt beispielsweise Kohle rund 70 Prozent des Strombedarfs. Das soll sich ändern. Die Energiestrategie PEP2040 aus dem Klimaministerium sieht vor, dass der Kohleanteil an der Stromproduktion bis 2030 um 50 Prozent sinkt. Ab 2040 soll Kohle nur noch rund 8 Prozent des Strombedarfes decken. Die Hauptlast am Strommix würden dann die erneuerbaren Energien mit knapp 51 Prozent und die Atomkraft mit 23 Prozent stemmen. Noch hat das Kabinett die Klimaziele nicht verabschiedet, auch weil Teile der Regierungskoalition für eine längere Nutzung der heimischen Braunkohle plädieren.

Aus dem Steinkohleabbau will Polen nicht vor 2049 aussteigen. Die staatlichen Energiekonzerne sollen ihre Kohlesparten in eine Auffanggesellschaft überführen. Das Projekt kommt wegen Finanzierungsproblemen nur langsam voran.

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