Special | Polen | EU-Förderung
Modernisierungsfonds hilft Polen bei der Energietransformation
Die Programme des Modernisierungsfonds sind sehr beliebt. EU-Mittel fließen in den Straßenverkehr, ins Stromnetz oder in Batterien. Auch deutsche Unternehmen erhalten Fördergelder.
18.07.2025
Von Christopher Fuß | Warschau
Energieerzeuger und energieintensive Unternehmen müssen im Rahmen des Emissionshandels der Europäischen Union (EU ETS) CO2-Zertifikate kaufen. Bis zum Jahr 2030 fließen die Einnahmen aus dem Verkauf von 4,5 Prozent aller Emissionszertifikate in den europäischen Modernisierungsfonds (MF). Auf den Fördertopf können 13 Länder zugreifen, darunter Polen.
Das Volumen des MF ist an den aktuellen Preis für CO2-Zertifikate gekoppelt. Es gibt Kursschwankungen. Wenn die Konjunktur schwächelt, drosseln Unternehmen ihre Produktion. Sie verbrauchen dann weniger Energie und benötigen weniger Emissionszertifikate. Die Folge: Der Preis für CO2-Zertifikate sinkt. Aktuell scheint sich der Wert der Emissionsscheine zu stabilisieren. Wie bereits im Vorjahr lag er Anfang Juli 2025 bei rund 70 Euro pro Tonne CO2. Je nachdem, wie sich der Kurs entwickelt, könnte Polen bis 2030 zwischen 6 Milliarden und 10 Milliarden Euro an Förderung in Anspruch nehmen.
Die wichtigsten Zielgruppen des MF sind Energieerzeuger, Energienetzbetreiber und industrielle Großunternehmen. Mindestens 80 Prozent aller Fördergelder müssen in mindestens eine von sechs sogenannten Prioritäten der ETS-Richtlinie der EU fließen. Das übergeordnete Ziel ist eine nachhaltigere Energieversorgung in Unternehmen, in Privathaushalten und im Transportsektor.
Prioritäten des Modernisierungsfonds nach ETS-Richtlinie
- Erzeugung und Nutzung von Strom aus erneuerbaren Quellen
- Heizen mit Energie aus erneuerbaren Quellen
- Verbesserung der Energieeffizienz
- Bau von Energiespeichern und Modernisierung der Energienetze
- Unterstützung von einkommensschwachen Haushalten, um Energiearmut zu bekämpfen
- Gerechter Strukturwandel in Kohleregionen
Fast 1 Milliarde Euro für emissionsfreien Straßengüterverkehr
Polens staatlicher Umweltfonds NFOŚIGW verteilt die Einnahmen des MF auf nationale Programme. Je nach Themenschwerpunkt müssen die Europäische Investitionsbank (EIB), die Europäische Kommission und ein Investitionsausschuss die Projekte freigeben.
Ein Schwerpunkt des Umweltfonds liegt aktuell darauf, Emissionen im Straßengüterverkehr zu senken. Unternehmen können Prämien für den Kauf oder für das Leasing von emissionsfreien Lkw beantragen. Die maximale Fördersumme beträgt bis zu 178.600 Euro je Fahrzeug. Dabei gilt: Kleine Unternehmen erhalten mehr Unterstützung als große Logistikkonzerne. Das Programm läuft bis 2029.
Unternehmen, die Ladesäulen für batterieelektrisch betriebene Lkw errichten wollen, können noch bis Ende August 2025 Zuschüsse beantragen. Der Umweltfonds subventioniert allerdings nur Investitionen entlang des Kernnetzes europäischer Verkehrskorridore TEN-T oder in der Nähe eines Logistikzentrums. In beiden Fällen müssen die Ladesäulen allgemein zugänglich sein. Das Budget des Programms liegt bei rund 238 Millionen Euro.
Eine Ladesäule für Lkw belastet das Stromnetz aufgrund der hohen Leistung deutlich stärker als eine Ladesäule für Pkw. Darum stehen den Betreibern des Stromübertragungsnetzes bis Ende 2025 Zuschüsse zur Verfügung. Die Gelder sollen dabei helfen, Leitungen für den Anschluss von Lkw-Ladesäulen vorzubereiten. Der Umweltfonds stellt auch hier 238 Millionen Euro zur Verfügung, ähnlich wie beim Förderprogramm für den Bau von Ladesäulen.
Interesse an Biogas-Investitionen nimmt zu
Doch nicht nur der Lkw-Verkehr ist ein Förderschwerpunkt des MF. Bis zum 19. Dezember 2025 können Landwirte Zuschüsse beantragen, um Biogasanlagen zu bauen. Die Gelder des Programms "Energie für das Dorf" decken bis zu 65 Prozent der Investitionskosten. Auch Niedrigzinskredite stehen zur Verfügung. Die Leistung einer Biogasanlage darf in den meisten Fällen nicht über 1 Megawatt elektrische Energie oder über 3 Megawatt thermische Energie liegen. Es handelt sich bereits um die zweite Auflage von "Energie für das Dorf". Das Programm stößt auf reges Interesse. In der ersten Ausschreibungsrunde übertraf die Summe der Anträge das damalige Gesamtbudget.
Zum Jahreswechsel zwischen 2025 und 2026 will der Umweltfonds außerdem ein Programm starten, dass den Bau von Biomethananlagen fördert. Anlagenbetreiber, die ihr Biogas zu Biomethan aufbereiten wollen, können insgesamt 238 Millionen Euro beantragen. Auch der Neubau von Biomethananlagen fällt unter die Förderung.
Ein weiterer Förderschwerpunkt des Umweltfonds ist die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Mehrere Förderprogramme unterstützen den Einsatz der Technologie, beispielsweise in Industrieunternehmen, bei Wärmeversorgern oder Stromversorgern.
Viele Ausschreibungen werden nach ihrem Ablauf mit einigem zeitlichen Abstand neu aufgelegt. Weitere Informationen und Termine veröffentlicht der Umweltfonds auf seiner Internetseite.
Steigende Nachfrage hilft auch deutschen Unternehmen
Die bislang größte Ausschreibung des MF in Polen endete im Mai 2025. Unternehmen konnten Zuschüsse von insgesamt 950 Millionen Euro für den Bau von Energiespeichern beantragen. Der Umweltfonds hatte bis Mitte Juli 2025 noch keine Gewinner bekanntgegeben.
Trotz der Rekordfördersumme des Energiespeicherprogramms werden viele Bewerber leer ausgehen. Wie der Umweltfonds mitteilte, gingen insgesamt 630 Anträge mit einem Gegenwert von zusammen 6,7 Milliarden Euro ein. Das übertrifft das Projektbudget um mehr als das sechsfache.
Das große Interesse an Energiespeichern lockt auch deutsche Unternehmen an. Im Mai 2025 verkündete das Softwareunternehmen Entrix aus München seinen Markteinstieg in Polen. Das Unternehmen entwickelt KI-gestützte Lösungen, um Energiespeicher möglichst gewinnbringend zu steuern. "Der polnische Markt ist vielversprechend, denn immer mehr Investoren planen den Bau von Energiespeicheranlagen", sagte Aleksandra Radwańska, Leiterin des Polen-Geschäfts von Entrix, gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Puls Biznesu. Man habe bereits Kooperationen mit einigen Unternehmen in Polen vereinbart.
Die Fördergelder des MF helfen deutschen Unternehmen auch direkt. Eine Tochtergesellschaft des Energiekonzerns E.ON erhält 8 Millionen Euro, um das Fernwärmenetz der Küstenstadt Szczecin zu digitalisieren. Weitere 24 Millionen Euro bekommt das Unternehmen, um geothermische Energie in der Fernwärme einzuspeisen. Eine weitere E.ON-Tochter erhält 2,9 Millionen Euro, um das Stromnetz der Stadt Warschau mit einer Reihe von kleinen Energiespeichern zu stabilisieren.