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Branchen | Portugal | Medizintechnik

Portugals kleiner Markt für Medizintechnik wächst weiterhin

EU-Finanzhilfen sorgen für zusätzliche Investitionen in das Gesundheitswesen. Der Gesundheitsdienst SNS bündelt die Nachfrage. Digitale Anwendungen sind auf dem Vormarsch.

Von Oliver Idem | Madrid

Portugal zählt zu den kleineren europäischen Märkten für Medizintechnik. Die Nachfrage wächst aber relativ konstant. Das Marktforschungsunternehmen Fitch Solutions erwartet im Zeitraum 2022 bis 2027 ein jahresdurchschnittliches Wachstum von 6,4 Prozent. Damit wäre 2027 ein Marktvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro erreicht.

Für das Hilfsmittelsegment mit Produkten wie Hörgeräte und Schrittmacher liegen die Erwartungen über dem Durchschnitt. Weitere Wachstumstreiber sind laut Marktforschern andere Instrumente und Geräte wie Transfusionsapparate, ophthalmologische Instrumente sowie Krankenhausmöbel.

Laut der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer (AHK) ist ein Trend zur Nutzung von Robotern im medizinischen Bereich erkennbar. Einsatzfelder sind Operationen und Therapien, aber auch die Organisation und Verteilung von Medikamenten und Mahlzeiten. Im Fokus steht die Entlastung von medizinischem und Pflegepersonal von zeitintensiven, aber essentiellen Aufgaben.

Die Alterung der Bevölkerung spricht dafür, dass in Zukunft mehr chronische, nicht ansteckende Krankheiten behandelt werden müssen.

EU-Zuschüsse erleichtern notwendige Investitionen

Mittelfristig sind die finanziellen Perspektiven für den portugiesischen Staatshaushalt und die Finanzierung von Gesundheitsausgaben eher günstig. Die Wirtschaftsleistung hat schnell das Vorkrisenniveau überschritten und nimmt weiterhin stärker zu als im EU-Durchschnitt. Eine stabil niedrige Arbeitslosigkeit wirkt sich ebenfalls positiv aus.

Die Gelder aus dem Aufbau- und Resilienzplan der EU bilden einen zusätzlichen Treiber für Investitionen in die portugiesische Infrastruktur. Das Gesundheitswesen wurde im Plan umfassend berücksichtigt, unter anderem durch technische Modernisierungen und die Förderung digitaler Gesundheitsanwendungen.

Für die digitale Transformation im Gesundheitssektor wurden 300 Millionen Euro vorgesehen. Im Fokus stehen Datennetze und resiliente IT-Systeme. Zudem sollen die Kommunikation und die nationalen Gesundheitsregister verbessert werden. Damit setzt sich der Trend zu digitalen Angeboten im portugiesischen Gesundheitswesen fort. Die elektronische Patientenakte Registo de Saúde Eletrónico bildet mit ihren Basisdaten ein Kernelement.

Mittlerweile wird außerdem die Registrierungssoftware SClínico Hospitalar von mehr als 66.000 Personen genutzt. Damit liegen einheitliche Daten vor, die für die Steuerung der Gesundheitsversorgung genutzt werden können.

Der staatliche Gesundheitsdienst SNS bietet den Versicherten ein Internetportal mit allgemeinen Orientierungshilfen und individueller Unterstützung durch verschiedene Apps an. 

Weitere 225 Millionen Euro aus dem Aufbau- und Resilienzplan sind für die Ausrüstung und Digitalisierung in Krankenhäusern bestimmt. Davon werden vor allem Hospitäler in Lissabon, Seixal und Sintra profitieren. In den Inselregionen Azoren und Madeira fließen ebenfalls Mittel in die Modernisierung der Gesundheitsangebote.

Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Portugal (Auswahl; Investitionssummen in Millionen Euro)

Projekt

Investitionssumme

Anmerkung

Neues Krankenhaus in Madeira, Hospital Central da Madeira (HCM)

352

Im Bau, Ausschreibung für erste Phase ist erfolgt (Strukturen und Außenbereiche), Fertigstellung Ende 2024. Auftragnehmer der ersten Phase: Tecnovia Madeira, Sociedade de Empreitadas, Afavias, Socicorreia. Projekt wird je zur Hälfte finanziert vom portugiesischen Staat und der Region Madeira

Neues Krankenhaus, Hospital de Lisboa Oriental (HLO) in Marvilla, Lissabon

257

In Vorbereitung. Es sind 3 Jahre Bauarbeiten vorgesehen bis zur Inbetriebnahme 2027. Das öffentlich-private Projekt soll auf einem 180.000 qm2 großen Grundstück umgesetzt werden. Auftragnehmer: Baukonzern Mota Engil

Neues Krankenhaus, Hospital Central do Alentejo, in Evora (Alentejo)

210

Erdarbeiten begonnen; 180 Mio. Euro Budget sind für den Bau und 30 Mio. für den Kauf von Hightech-Ausrüstung ausgewiesen. Europäische Fördermittel von 40 Mio. Euro fließen; geplante Fertigstellung Ende 2023. Auftraggeber: Administração Regional de Saúde do Alentejo (ARS Alentejo); Auftragnehmer: Baukonzern Acciona 

Neues Krankenhaus von Sintra

70

Im Bau. Die Hälfte der Investition wird im Rahmend des Aufbauplans Plano de Recuperação e Resiliência (PRR) mitfinanziert. Die Inbetriebnahme soll im ersten Quartal 2024 erfolgen. 

Neues Krankenhaus Seixal in Setúbal (Alentejo)

25

Ausschreibung soll Ende 2023 oder Anfang 2024 veröffentlicht werden.

Erweiterung des Krankenhauses von Setúbal (CHS)

14

Im Bau. Eine neue Notaufnahme soll entstehen. Fertigstellung 2023. Auftraggeber: Centro Hospitalar de Setúbal, E.P.E.; Amtsblatt-Anzeige Nr. 13059/2021, Diário da República”(DR), 18.10.2021

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen

Als wachstumsdämpfend erweisen sich das relativ geringe Einkommensniveau in Portugal, das im Jahr 2022 bei 21.600 Euro brutto lag sowie eine stagnierende Bevölkerungszahl. So liegen die Pro-Kopf-Ausgaben für medizintechnische Produkte 2023 laut Fitch Solutions bei lediglich 132 Euro.

Medizintechnikbedarf wird vor allem durch Einfuhren gedeckt

Importe decken circa 85 Prozent der Medizintechniknachfrage in Portugal. Somit konkurrieren ausländische Lieferanten zumeist eher untereinander als mit lokalen portugiesischen Herstellern.

EU-Partnerländer dominieren klar das Geschehen bei den portugiesischen Medizintechnikeinfuhren. Das wichtigste Lieferland ist der iberische Nachbar Spanien. Dahinter folgen die Niederlande und Deutschland. Lieferungen aus Deutschland haben eine starke Position bei bildgebender Diagnostik. In den Wachstumssegmenten Hilfsmittel sowie andere medizintechnische Apparate und Geräte sind deutsche Anbieter ebenfalls gut vertreten. Da Portugal ebenfalls Teil des EU-Binnenmarktes ist, gelten in beiden Ländern grundsätzlich ähnliche Regelungen.

Um medizintechnische Produkte in Portugal auf den Markt zu bringen, ist eine Registrierung bei der Behörde Infarmed notwendig.

In Portugal wird nur wenig Medizintechnik produziert

Die lokale Herstellung beschränkt sich meistens auf einfachere Erzeugnisse aus der Zahnmedizin und auf Verbrauchsmaterialien. Von diesen wird ein beträchtlicher Anteil exportiert. Bekannte internationale Medizintechnikunternehmen sind auch in Portugal vertreten, jedoch zumeist ohne eigene Produktion vor Ort.

Einen Überblick über Branchenunternehmen und aktuelle Aktivitäten ermöglicht das Health Cluster Portugal.  


Führende Branchenunternehmen in Portugal (Auswahl)

Unternehmen

Bereich/Spezialisierung

3M

Medizinische Ausrüstung, klinische Informationssysteme

BD Bard

Medizinische Ausrüstung, klinische Informationssysteme, Herz-Kreislauf-System,  Neurochirurgie und Schmerzbehandlung

B. Braun

Medizinische Ausrüstung, klinische Informationssysteme, Herz-Kreislauf-System,  Neurochirurgie und Schmerzbehandlung

Fresenius 1)

Medizinische Ausrüstung, klinische Informationssysteme

Medtronic

Herz-Kreislauf-System, Neurochirurgie, Schmerzbehandlung, Traumatologie, Digital Health 

Hartmann 

Medizinische Ausrüstung und Produkte

Stryker 

Medizinische und chirurgische Ausrüstung, Orthopädie, Neurotechnologie

1 vertreten mit zwei Unternehmen "Fresenius Kabi" und "Fresenius Medical Care".Quelle: Dachverband für Medizintechnikunternehmen (APORMED)

SNS steht für hohe Nachfrage, aber auch Zahlungsrückstände

Der staatliche Gesundheitsdienst SNS steht mit seinen Einrichtungen nach Schätzung der AHK Portugal für etwa 75 Prozent der Medizintechniknachfrage. Der private Gesundheitssektor ist fragmentiert, und umfangreiche Beschaffungen kommen deshalb nur selten vor.

Die seit Jahren angespannte Finanzlage des großen Nachfragers SNS führt immer wieder zu verzögerten Zahlungen. Fitch Solutions zufolge waren im Januar 2023 Zahlungsrückstände von 342 Millionen Euro aufgelaufen. Durchschnittlich dauerte es 192 Tage, bis Rechnungen beglichen wurden.

Die Höhe der Zahlungsrückstände und der Wartezeit schwankten in den vergangenen Jahren, das Grundproblem blieb aber bestehen. Schleppende Zahlungseingänge können insbesondere kleine Anbieter vor Probleme stellen.

Für die öffentliche Vergabe existiert in Portugal ein zentrales Portal. In der Datenbank Contratos Públicos online BASE laufen die entsprechenden Inhalte zusammen. Den Erfahrungen der AHK Portugal zufolge können Ausschreibungen kurzfristig erfolgen, aber komplizierte Bewerbungsmechanismen enthalten. Je nach Art und Umfang ist es möglich, dass sich das Verfahren in die Länge zieht.

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