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Rumäniens Automobilindustrie steigt um auf Elektroautos
Ford und Renault stellen die Kfz-Produktion auf Elektroantriebe um. Die jeweils unterschiedlichen Strategien haben Folgen für die gesamte Branche in Rumänien.
30.09.2022
Von Dominik Vorhölter
Rumäniens Automobilindustrie setzt ihren Wandel zu mehr Elektromobilität fort. Ein Schritt ist dabei die Übernahme der Produktionsstätte in Craiova von Ford Romania durch das türkische Joint Venture mit dem US-amerikanischen Autobauer, Ford Otosan. „Ford Otosan verfügt über eine umfassende Erfahrung bei der Entwicklung und beim Bau von Elektrofahrzeugen“, teilt die Ford Motor Company mit.
Ford investiert in rumänischen Standort
Nachdem die Europäische Kommission am 26. Juni 2022 die Übernahme genehmigt hatte, ist der Weg frei für den Umbau der rumänischen Produktionsstätte. Ford Otosan plant, insgesamt 490 Millionen Euro in das Ford-Werk in Craivoa zu investieren. Ab 2023 sollen dort neben dem Stadtgeländewagen (Sport Utility Vehicle, SUV) Ford Puma, der Kleinbus Turneo und die Business-Variante des Transporters Transit vom Band rollen. Alle drei Modelle will Ford Otosan ab dem Jahr 2024 mit vollelektrischem Antrieb auf den Markt bringen.
Renault setzt in Rumänien auf Fahrzeuge mit Hybrid-Antrieben
Renault plant, ab 2030 in seinen europäischen Werken nur noch Fahrzeuge mit Elektromotoren zu produzieren. Der Konzern kündigte im Mai 2022 an, das Geschäft mit Verbrenner-Motoren mittelfristig ins außereuropäische Ausland verlagern zu wollen. Bereits seit 2020 stärkt der Konzern die Produktion von Dacia-Modellen in Marokko. In Rumänien bleibt jedoch vorerst die Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungs- und Hybrid-Motoren bestehen, berichtet die Zeitung Ziarul Financiar.
Am rumänischen Standort Mioveni montiert die Renault-Gruppe Autos der rumänischen Marke Dacia. Dabei hat das Unternehmen die Produktion in Mioveni umgestellt und setzt dabei die modulare "Common Module Family"-Plattform ein. Dabei verwendet Renault gemeinsam mit Nissan und Mitsubishi gleiche Bauteile und Komponenten wie Unterboden oder Elektrik. Elektroautos der Marke Dacia produziert Renault in China.
Vorhaben | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand | Projektträgerschaft |
---|---|---|---|
Bau einer Autobatteriefabrik | 1.000 | In Planung | |
Neue Produktionslinie für Elektroautos in Craivoa | 490 | Start der Produktion ab 2024 | |
Bau einer Lithiumkonverter- und Raffinerieanlage | 400 | In Planung: Verarbeitung von 24.000 Tonnen Lithiumhydroxid | |
Bau eines Werks für E-Batterien und eines F&E-Zentrums | 200 | Bau von über 40.000 Quadratmetern Produktionsflächen, Lagerhallen und Bürogebäuden | |
Produktion von Lithium-Ionen-Batterien | 12 | Bau eines Werks bei Bukarest |
Zulieferer entwickeln Batterieproduktion
Die Pläne der rumänischen OEM (Originalausrüstungshersteller, Synonym für Autohersteller) wirken außerdem auf die Zulieferindustrie. Der deutsche Automobilzulieferer Dräxlmaier investiert 200 Millionen Euro in den Bau eines Forschungs- und Entwicklungszentrum und eine Produktionsstätte für Batterien in Timisoara. Des Weiteren hat der deutsche Batterieproduzent Varta eine Investition in eine Batteriefabrik in Höhe von 1 Milliarde Euro angekündigt.
Dies macht Rumänien interessant für weitere Zulieferer entlang der Wertschöpfungskette einer Batterieproduktion. So plant das deutsch-kanadische Unternehmen Rock Tech Lithium den Bau einer Anlage, die lithiumhaltiges Gestein zu Lithiumhydroxid veredelt. Der Stoff ist ein Ausgangsmaterial für Fahrzeugbatterien.
Produktion läuft auf Vorkrisenniveau
In Rumänien ist die Produktion neuer Fahrzeuge noch nicht stark beeinträchtigt von globalen Lieferengpässen mit Halbleitern wie vergleichsweise an anderen europäischen Produktionsstandorten. Das liegt unter anderem daran, dass die größten Autobauer Renault und Ford sich bisher auf ihre Lieferketten mit Zulieferern aus dem Inland, Bulgarien und Ungarn verlassen konnten.
Der Ausstoß der Branche stieg nach Angaben des Verbandes der Autohersteller im 1. Halbjahr 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 13,6 Prozent. Dies sei das höchste Produktionsvolumen seit dem 1. Halbjahr 2019, berichtet der Verband. Die rumänische Automobilindustrie hat sich demnach von den Einbrüchen der Coronapandemie erholt.
Umweltfreundlichere Autos erobern langsam den Markt
Der rumänische Automarkt zeigte sich im 1. Halbjahr 2022 robust und wuchs im europäischen Vergleich um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Auch der Gebrauchtwagenmarkt legte im gleichen Zeitraum gegenüber dem Vorjahr um ein Fünftel zu. Diese Dynamik wird angesichts der Inflation nicht anhalten.
Die Prognosekommission der rumänischen Regierung schätzt die jährliche Teuerungsrate für 2022 auf 14 Prozent. Schon im Juli 2022 sind die Neuwagenverkäufe gegenüber Juli 2021 um 6 Prozent zurückgegangen, berichtet der Verband der Automobilhersteller in Rumänien.
Kategorie | 1. Halbjahr 2021 | 1. Halbjahr 2022 | Veränderung 1. Halbjahr 2022/1. Halbjahr 2021 |
---|---|---|---|
Pkw | 47.093 | 58.041 | 23.2 |
Nutzfahrzeuge 1) | 11.555 | 10.386 | -10.1 |
Busse 2) | 985 | 1.091 | 10.8 |
Der Anteil der neu zugelassenen Autos mit umweltfreundlicheren Antrieben nimmt weiter zu. Dagegen schwinden Fahrzeuge mit Dieselantrieb. Dennoch haben Kfz mit Benzinmotoren noch den größten Anteil an den insgesamt zugelassenen Pkw in Rumänien. Unter den am meisten verkauften Elektroautos sind die Marken Volkswagen und Dacia. Die am meisten verkauften Autos mit Hybridantrieb sind Modelle von Mercedes und Toyota.
Der Absatz von Elektroautos könnte schneller wachsen, wenn die Ladeinfrastruktur im Land besser ausgebaut wäre. Für den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge stehen bis 2025 rund 52 Millionen Euro an Finanzmitteln bereit.
Staat stellt grüne Kennzeichen aus
Die rumänische Regierung fördert das Bewusstsein der Autofahrenden, möglichst wenig Emissionen zu erzeugen. Dafür vergibt der Staat seit Juli 2022 grüne Nummernschilder an Besitzer von Pkw ohne umweltschädliche Abgase. Zusätzlich fördert die Verwaltung des Umweltfonds (AFM) den Erwerb von umweltfreundlicheren Fahrzeugen mit Kaufprämien.
Für ein Elektroauto bietet AFM eine Prämie zwischen 4.500 und 9.000 Euro. Wer den maximalen Förderbetrag erhalten will, muss ein mindestens 15 Jahre altes Auto mit den Abgasnormen Euro-1, -2 oder -3 verschrotten. Für das Abwrackprogramm stehen insgesamt rund 250 Millionen Euro bereit.