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Wirtschaftsumfeld | Bulgarien, Rumänien | Schengen-Raum

Rumänien und Bulgarien teilweise neue Schengen-Mitglieder

Die EU erlaubt für Rumänien und Bulgarien ab 31. März 2024 Einreisen ohne Passkontrollen auf dem See- und Luftweg. Auf dem Landweg bleiben aber die Binnengrenzen jedoch aufrecht.  

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Reisende innerhalb der EU können ab 31. März 2024 ohne Passkontrolle nach Rumänien und Bulgarien einreisen - aber nur auf dem See- und Luftweg. Der EU-Rat für Inneres hatte Anfang Januar 2024 den Beitritt Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum mit dieser Einschränkung beschlossen. Das heißt, die EU fordert weiterhin, dass sich Reisende auf dem Landweg an den Binnengrenzen ausweisen müssen. Diese neue Freizügigkeit heißt im Volksmund "Schengen Air". Die EU wählte den Zeitpunkt Ende März, weil dann für den internationalen Luftverkehrsverband, IATA, die Sommersaison beginnt. 

Dies ist zunächst eine gute Nachricht für Geschäftsreisende und für die Tourismusbranche. Reisedienstleister hoffen auf eine höhere Nachfrage. Durch die Zeitersparnis bei der Abfertigung der Passagiere am Flughafen sehen einige Reiseanbieter die Chance, ihr Angebot in Südosteuropa auszuweiten. Beispielsweise kündigte das Tourismusunternehmen DER Tour auf Nachfrage von Germany Trade & Invest an, mehr Flüge aus Nicht-Schengen-Ländern in die Region Südosteuropa anzubieten.

"Schengen Air" - nur heiße Luft? 

Voraussichtlich wird der Status "Schengen Air" aber keinen wesentlichen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum von Bulgarien und Rumänien haben. Da erst der volle Beitritt zum Schengen-Raum Rumäniens und Bulgariens die Lieferketten für Unternehmen reibungsloser machen könnte: Denn gerade auf dem Landweg verzögern sich Warentransporte regelmäßig. An den Grenzen zu Rumänien oder Bulgarien kommt es bislang vor, dass Lkw-Fahrer bis zu zehn Stunden auf den Grenzübertritt warten müssen. 

Verzögerungen in der Lieferkette erschweren die just-in-time-Lieferungen. Unternehmen gleichen diese Engpässe mit Lagerhaltung aus, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Für Transportdienstleister verursachen längere Wartezeiten an den Binnengrenzen zudem höhere Personalkosten. Die rumänische Regierung zum Beispiel rechnet damit, dass offene Binnengrenzen innerhalb der EU um 0,5 Prozentpunkte zusätzlich zum jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) Rumäniens beitragen könnten. 

Ob eine Erweiterung des Schengen-Raums auch zu mehr Warenverkehr in Bulgarien und Rumänien führen würde, ist hingegen fraglich. Beide Länder müssen dafür auch ihre Autobahn- und Schieneninfrastruktur massiv ausbauen. 

Offene Binnengrenzen sind wichtig für die deutsche Wirtschaft

Offene Grenzen Deutschlands und Österreichs entlang der Balkanroute sind bereits heute bedeutend für den Warenhandel. Eine Erweiterung des Schengen-Raumes muss aber funktionieren. Aufgrund der Migrationskrise hatten 2015 Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen zeitweise wieder Grenzkontrollen eingeführt. Solche Kontrollen auf der Balkanroute führten zu einem jährlich um 9,6 Milliarden Euro niedrigeren Warenhandel, wie aus einer kleinen Bundestagsanfrage der FDP aus dem Jahr 2016 hervorgeht. 

Angenommen, der Intrakontinentalhandel Deutschlands würde durch eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen auch auf der Italien- und Balkanroute betroffen sein, fiele das jährliche BIP Deutschlands zwischen 1,9 Milliarden bis 4,6 Milliarden Euro niedriger aus.

Warum zögern EU-Mitgliedstaaten den vollen Beitritt Bulgariens und Rumäniens hinaus?

Der Entscheidung über den Schengen-Beitritt eines Landes müssen die für Justiz und Inneres zuständigen Minister aller EU-Mitgliedstaaten im Rat für Inneres (Justice and Home Affairs Council, JHA) zustimmen. Bulgarien und Rumänien haben laut EU-Kommission bereits seit 2011 alle Kriterien zur Aufnahme in den Schengen-Raum erfüllt. Aktuell sperren sich aber Österreich und die Niederlande gegen den vollwertigen Beitritt Bulgariens und Rumäniens. 

Die österreichische und die niederländische Regierung bezweifeln, dass Bulgarien und Rumänien die Schengen-Richtlinien vollumfänglich umsetzen können. Sie verweisen auf steigende Migrationszahlen, Korruption und eine schlechte Bilanz im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Die Regierungen Bulgariens und Rumäniens verhandeln derzeit mit Österreich und den Niederlanden über eine Öffnung der Binnengrenzen auch auf dem Landweg. Beobachter gehen davon aus, dass es voraussichtlich Ende 2024 soweit ist. 

Was sind die Kriterien, um Mitglied zu werden? 

  • Um in den Schengen-Raum aufgenommen zu werden, müssen die Staaten zusammenarbeiten bei der Überwachung der Land-, See- und Luftgrenzen, bei der Erteilung von Visa, bei der Polizeiarbeit, beim Schutz personenbezogener Daten.
  • Mitgliedsländer übernehmen die Verantwortung für die Kontrolle der EU-Außengrenzen
  • Beteiligung am gemeinsamen Informationsaustausch für Grenzsicherheit und Grenzmanagement
  • Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden 

Welche Länder gehören bisher zum Schengen-Raum?

Im Jahr 2024 sind 27 Länder Teil des Schengen-Abkommens, also 23 EU-Staaten und die Nicht-EU-Länder Schweiz, Island, Liechtenstein und Norwegen. Die Kleinstaaten Monaco, San Marino und der Vatikan haben offene Binnengrenzen. Sie gelten daher de facto als zugehörig. Mit rund 420 Millionen Einwohnern ist der Schenken-Raum die weltweit größte Zone, in der Menschen frei reisen können. Nicht dazu gehören Irland und Zypern.

Der Begriff Schengen-Raum bezieht sich auf den Ort Schengen in Luxemburg, wo einzelne Staaten das Abkommen zur Abschaffung der Binnengrenzen unterzeichnet hatten.

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