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Lohn- und Lohnnebenkosten | Rumänien | Lohnkosten
Inflation und ein höherer Mindestlohn zwingen die Unternehmen zu Lohnerhöhungen. Insgesamt sind die Personalkosten in Rumänien im EU-Vergleich noch vergleichsweise niedrig.
10.05.2022
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Rumänien verzeichnete im Jahr 2022 ein dynamisches Lohnwachstum. Die durchschnittlichen Arbeitskosten, inklusive Sozialversicherung und Steuern, sind im Vergleich zu 2021 von 8,50 auf 9,50 Euro pro Stunde gestiegen. Ein Grund dafür ist eine Anhebung des Mindestlohns auf 3.000 Lei (rund 610 Euro) von 2.550 Lei (etwa 507 Euro), der seit Januar 2023 gilt.
Die Löhne werden weiter steigen, weil sich der Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte verschärft. Im privaten Sektor erwartet die rumänische Regierung Lohnsteigerungen zwischen 10 und 12 Prozent. Im öffentlichen Sektor werden die Bruttogehälter ebenfalls steigen. Für Lehrkräfte hat die Regierung bereits die Gehälter erhöht, und zwar in den mittleren und oberen Gehaltsstufen zwischen 15 und 10 Prozent und in den untersten Gehaltsstufen um 25 Prozent. Dies geht aus einer Notverordnung hervor, welche die Regierung zum 1. Juni 2023 in Kraft gesetzt hat. Grund dafür waren die Streiks der Lehrkräfte im Mai 2023.
Die Gewerkschaften der Angestellten im öffentlichen Sektor fordern seit Mai 2023 eine Indexierung des Mindestlohns sowie Anpassung von Pensionszahlungen aufgrund der Inflation. Nachdem Ende Mai 2023 die Lehr- und Polizeikräfte gestreikt hatten, haben die Angestellten im Gesundheitssektor, der Bahn und der Straßenverwaltung weitere Streiks angekündigt.
2021 | 2022 | Februar 2022 | Februar 2023 | |
---|---|---|---|---|
nominal (in Lei/RON) | 5.800 | 6.120 | 6.059 | 6.845 |
nominal (in Euro) | 1.178,5 | 1.241,4 | 1.225,1 | 1.391,3 |
reale Veränderung (in %) | 2,4 | -7,8 | 1,5*) | -2,5*) |
Wechselkurs Euro/RON | 4,92 | 4,93 | 4,95 | 4,92 |
2021 (in Lei/RON) | Veränderung 2021/2020 (in %) 1) | 2021 (in Euro ) 2) | |
---|---|---|---|
Landesdurchschnitt | 5.800 | 7,5 | 1.178 |
Hauptstadt Bukarest | 7.790 | 9,0 | 1.583 |
Hochlohnregion (Kreis Timis) | 5.376 | 7,0 | 1.092 |
Niedriglohnregion (Kreis Bacau) | 4.876 | 5,0 | 991 |
Im Schnitt verdienten 2022 die rumänischen Arbeitnehmer umgerechnet 1.241 Euro brutto im Monat. Nach Angaben der nationalen Statistik war das Gehalt im öffentlichen Dienst im um 30 Prozent höher als in der Privatwirtschaft. Staatsbedienstete erhalten pro Monat 5.300 Lei netto, umgerechnet 1.081 Euro. Ein höheres Gehalt im öffentlichen Sektor bedeutet aber nicht, dass der öffentliche Dienst produktiver ist. Der Staat gibt rund 26 Prozent seines Haushalts für Lohn- und Pensionszahlungen aus. Aktuell beschäftigt der rumänische Staat 1,2 Millionen Menschen.
Die Dringlichkeitsverordnung (DVO) 1.447 vom 8. Dezember 2022 der Regierung führte zum 1. Januar 2023 einen neuen monatlichen Mindestlohn in Höhe von 3.000 Lei brutto ein. Demnach erhalten Arbeitnehmer mindestens ein monatliches Nettogehalt von 1.898 Lei. Dabei profitieren sie von einer im Rahmen des Mindestlohns festgelegten Steuerbefreiung in Höhe von 200 Lei. Dieser Freibetrag gilt vorerst bis zum 12. Dezember 2023.
In der Baubranche, inklusive Unternehmen, die im Bereich Architektur, Ingenieurwesen und technische Beratung tätig sind, gilt seit 1. Januar 2023 bis 31. Dezember 2028 ein um 1.000 Lei höherer Mindestlohn von 4.000 Lei.
Zu den laut der DVO 114/2018 enthaltenen weiteren Sondervergünstigungen im Baubereich, die bis zum 31. Dezember 2028 anwendbar sind, zählen die Befreiung von der Einkommensteuer und des Krankenversicherungsbeitrags, die Reduzierung des Beitrages zur Rentenversicherung sowie Vergünstigungen bei den Arbeitgeberbeiträgen. Die Nichteinhaltung des Mindestlohns wird als Ordnungswidrigkeit betrachtet.
Nur fünf Prozent aller Erwerbstätigen, also etwa 257.000 Rumänen, verdienen mindestens 10.000 Lei brutto im Monat, berichtet die Wirtschaftszeitung Ziarul Financiar. Die bestbezahlten Jobs bieten die Sektoren IKT, Finanz- und Versicherungswesen. In der Textilindustrie waren im Februar 2023 mit bis zu 45 Prozent die größten Lohnsteigerungen zu beobachten. Ein Grund dafür ist die Anhebung des Mindestlohns, der in der Branche größtenteils bezahlt wird. Das Lohnniveau in Rumänien ist besonders in den Wirtschaftszentren Bukarest, Timis, Cluj, Brasov oder Iasi, höher.
Februar 2023 (in Lei/RON) | Veränderung Februar 2023/22 (in %) 1) | Februar 2023 (in Euro) 2) | |
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Insgesamt | 6.845 | 13 | 1.391 |
Bauwirtschaft | 5.506 | 21 | 1.119 |
Bergbau | 9.645 | 29 | 1.960 |
Verarbeitendes Gewerbe, darunter | 6.130 | 16 | 1.246 |
Nahrungsmittelindustrie | 4.709 | 12 | 957 |
Getränkeindustrie | 7.127 | 15 | 1.449 |
Textilindustrie | 4.985 | 45 | 1.013 |
Holzindustrie | 4.762 | 17 | 968 |
Papierindustrie | 6.048 | 17 | 1.229 |
Chemische Industrie | 6.805 | 6 | 1.383 |
Gummi- und Kunststoffindustrie | 6.635 | 15 | 1.349 |
Maschinenbau | 7.565 | 15 | 1.538 |
Metallurgie | 7.374 | 13 | 1.499 |
Elektronik | 7.987 | 20 | 1.623 |
Elektrotechnik | 6.322 | 15 | 1.285 |
Fahrzeugbau | 7.588 | 21 | 1.542 |
Handel, Reparaturen | 6.098 | 12 | 1.239 |
Hotel und Gastronomie | 3.811 | 14 | 775 |
Transport | 6.635 | 20 | 1.349 |
IT und Telekommunikation | 14.096 | 14 | 2.865 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 11.160 | 13 | 2.268 |
Immobilienbranche | 6.049 | 10 | 1.229 |
2023 (in Lei/RON) | 2023 (in Euro) 2) | |
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Geschäftsführer einer größeren Niederlassung 3) | 26.695 bis 50.000 | 4.863 bis 10.163 |
Geschäftsführer eines kleinen bis mittleren Unternehmens | 16.200 bis 35.200 | 3.292 bis 7.154 |
Vertriebsleiter | 10.150 bis 33.200 | 2.063 bis 6.747 |
Ingenieur | 5.600 bis 16.000 | 1.138 bis 3.252 |
Programmierer | 6.148 bis 38.000 | 1.250 bis 7.723 |
Sekretär mit Fremdsprachenkenntnissen | 4.600 bis 12.000 | 934 bis 2.439 |
Buchhalter | 5.100 bis 12.900 | 1.117 bis 2.547 |
Kraftfahrer | 3.500 bis 8.000 | 711 bis 1.626 |
Die Entwicklungen in den Branchen IT, Outsourcing-Dienstleistungen, Automobil- und Elektroindustrie, Telekommunikation und Logistik haben in den Vorjahren die Nachfrage nach Arbeitskräften erhöht. Besonders die Sparten Online-Marketing, Business Process Outsourcing, Einzelhandel, Post- und Paketzustelldienste und Pharmazie sind auch auf Personalsuche. Im EU-weiten Wettbewerb punktet Rumänien aber mit relativ günstigen Lohnkosten. Facharbeiter sind sehr gefragt: Rund 60 Prozent der Erwerbstätigen sind in Beschäftigungsverhältnissen tätig, die keine Hochschulbildung erfordert.
Bild vergrößernVergütungsfragen werden im Vorstellungsgespräch viel offener angesprochen und diskutiert als in Deutschland. Die Parteien verhandeln üblicherweise Nettogehälter und oft auf Euro-Basis. Die meisten Unternehmen halten ein Gehalt in Euro vertraglich fest, zahlen es aber in Lei aus. Änderungen ergeben sich zum Teil bei Führungspositionen. Leistungsboni oder sonstige Vergünstigungen hängen von der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers ab.
2023 (in Lei/RON) | 2023 (in Euro) 1) | |
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Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist) 2) | 3.000 bis 4.967 | 610 bis 1.009 |
Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist | 3.935 bis 5.650 | 799 bis 1.148 |
Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann | 4.629 bis 8.325 | 940 bis 1.692 |
Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet | 6.603 bis 10.605 | 1.342 bis 2.155 |
Die Auszahlung einer Prämie ist üblich. Sie entspricht dem 13. Monatsgehalt in Deutschland. Die Auszahlung des Bonus hängt oft nicht mit der persönlichen Leistung zusammen. Einige Unternehmen zahlen ihn je zur Hälfte zu Weihnachten und Ostern aus.
Die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen ist in vielen Unternehmen üblich. Arbeitgeber können diese Kosten steuerlich absetzen. Bei höheren Positionen kommt es zu Sachleistungen: Dienstwagen, private Kranken- oder Rentenversicherung oder etwa einen Laptop. Rumänen, die weniger als 600 Lei (122 Euro) netto verdienen, haben seit Juni 2022 Anspruch auf einen 50-Euro-Gutschein zum Kauf von Grundnahrungsmitteln.
Seit Anfang 2018 werden die Arbeitgeberanteile überwiegend auf den Arbeitnehmer übertragen. Die Bemessungsgrundlage entspricht dem Mindestlohn. Die Bruttolöhne entsprechen weitestgehend den vollen Personalkosten. Die Einkommensteuer beträgt seit dem 1. Januar 2018 nur noch 10 statt 16 Prozent.
Rentenversicherung (Arbeitnehmeranteil) 2) | 25 |
Krankenversicherung (Arbeitnehmeranteil) 2) | 10 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 2,25 |
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 4 für besondere Arbeitsbedingungen, 8 für spezielle Arbeitsbedingungen |