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Lohn- und Lohnnebenkosten | Rumänien | Lohnkosten
In einzelnen Branchen Rumäniens gilt ein Mindestlohn. Die Lohnkosten sind aber vergleichsweise niedrig. In der IT-Industrie steigt der Kostendruck, weil Fachpersonal knapp ist.
10.05.2022
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Auf dem rumänischen Arbeitsmarkt wird sich im Jahr 2022 der Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte verschärfen. Dies wird das durchschnittliche Wachstum der Bruttomonatslöhne erhöhen: Sie werden 2022 laut Nationalem Statistikinstitut (INS) zwischen 7 und 10 Prozent wachsen. Im Dienstleistungssektor werden die Bruttomonatslöhne zwischen 7 und 10 Prozent und in der Industrie zwischen 5 und 7 Prozent wachsen. Weil die Regierung wegen der Coronapandemie ein Moratorium auf Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst eingeführt hatte, fiel das Wachstum der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne 2021 mit 6,5 Prozent vergleichsweise niedrig aus. Die Lohnentwicklung beschränkte sich 2021 hauptsächlich auf den privaten Sektor.
2020 | 2021 | Februar 2021 | Februar 2022 | |
---|---|---|---|---|
nominal (in Lei/RON) | 5.396 | 5.800 | 5.497 | 6.059 |
nominal (in Euro) | 1.115,3 | 1.178,5 | 1.127,6 | 1.225,1 |
reale Veränderung (in %) | 3,6 | 7,5 | 5*) | 10*) |
Wechselkurs Euro/RON | 4,8383 | 4,9215 | 4,8750 | 4,9458 |
Im Schnitt verdienen die rumänischen Arbeitnehmer umgerechnet 1.174 Euro brutto im Monat. Dabei ist das durchschnittliche Gehalt im öffentlichen Sektor um 45 Prozent höher als das durchschnittliche Gehalt im privaten Sektor, berichtet die Nationale Kommission für Strategie und für wirtschaftliche Prognosen der rumänischen Regierung. Damit ist Rumänien das Land in der Europäischen Union mit dem größten Gehaltsunterschied zwischen öffentlichem und privatem Sektor. Ein höheres Gehalt im öffentlichen Sektor bedeutet aber nicht, dass der öffentliche Dienst produktiver ist. Der Staat gibt 26 Prozent seines Haushalts für Lohn- und Pensionszahlungen aus.
Jeder dritte Arbeitnehmer in Rumänien lebt vom monatlichen Mindestbruttolohn, der bei 2.300 Lei (ca. 467 Euro) liegt, und das unabhängig vom Bildungsstand. Der Mindestlohn steigt laut einer Eilverordnung vom 4. Oktober 2021 ab Januar 2022 um 11 Prozent von 2.300 auf 2.550 Lei. Für Beschäftigte in der Lebensmittelproduktion und in der Landwirtschaft soll der monatliche Mindestlohn garantiert ab Januar 2023 auf 3.000 Lei brutto steigen. Er könnte aber auch schon ab Juni 2022 steigen. Dies geht aus einem Gesetzentwurf hervor, über den das Parlament Mitte April 2022 abgestimmt hat.
Diese Maßnahme ist Teil des angekündigten Konjunkturprogramms Sprijn Romania (Unterstützung für Rumänien), das die Regierung in Reaktion auf die Inflation ab Juni 2022 aktivieren möchte. Dabei geht es darum, das Risiko sinkender Reallöhne zu minimieren. Das Maßnahmenpaket hat einen Umfang von 17,3 Milliarden Lei (1,8 Milliarden Euro).
Die Dringlichkeitsverordnung (DVO) 114/2018 der Regierung führte zum 1. Januar 2019 einen neuen Mindestlohn in Höhe von 3.000 Lei/RON brutto ein. Diese Vorschrift gilt für alle Unternehmen der Baubranche, inklusive Unternehmen, die im Bereich Architektur, Ingenieurwesen und technische Beratung tätig sind. Diese Dringlichkeitsverordnung wurde durch DVO Nr. 43/2019 geändert, und zwar dahingehend, dass der ursprünglich nur für 2019 bestimmte Mindestlohn von mindestens 3.000 RON im Baubereich für die gesamte Dauer der Sondervergünstigungen (1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2028) aufrecht erhalten bleibt.
Zu den von der DVO 114/2018 enthaltenen Sondervergünstigungen im Baubereich, die bis zum 31. Dezember 2028 anwendbar sind, zählen die Befreiung von der Einkommensteuer und des Krankenversicherungsbeitrags, die Reduzierung des Beitrages zur Rentenversicherung sowie Vergünstigungen bei den Arbeitgeberbeiträgen. Die Nichteinhaltung des Mindestlohns wird als Ordnungswidrigkeit betrachtet.
Nur vier Prozent aller Erwerbstätigen, also etwa 237.000 Rumänen, verdienen mindestens 10.000 Lei brutto im Monat, berichtet die Wirtschaftszeitung Ziarul Financiar. Im Finanzwesen und der IT- und Immobilienbranche waren 2021 mit 10 bis 11 Prozent die größten Lohnsteigerungen zu beobachten. Dagegen sanken 2021 die Löhne im Hotel- und Gaststättengewerbe. Das Lohnniveau in Rumänien ist besonders in den Wirtschaftszentren Bukarest, Timis, Cluj, Brasov oder Iasi, höher.
Februar 2022 (in Lei/RON) | Veränderung Februar 2022/21 (in %) 1) | Februar 2022 (in Euro) 2) | |
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Insgesamt | 6.059 | 10,2 | 1.225 |
Bauwirtschaft | 4.560 | 9,6 | 922 |
Bergbau | 7.494 | 7,2 | 1.515 |
Verarbeitendes Gewerbe, darunter | 5.276 | 11,6 | 1.067 |
Nahrungsmittelindustrie | 4.210 | 11,4 | 851 |
Getränkeindustrie | 6.179 | 11 | 1.249 |
Textilindustrie | 3.435 | 13,1 | 695 |
Holzindustrie | 4.082 | 13,7 | 825 |
Papierindustrie | 5.151 | 4,2 | 1.041 |
Chemische Industrie | 6.413 | 20 | 1.297 |
Gummi- und Kunststoffindustrie | 5.748 | 11 | 1.162 |
Maschinenbau | 6.605 | 10,3 | 1.335 |
Metallurgie | 6.523 | 11,5 | 1.319 |
Elektronik | 6.636 | 9 | 1.342 |
Elektrotechnik | 5.490 | 8,3 | 1.110 |
Fahrzeugbau | 6.265 | 14,1 | 1.267 |
Handel, Reparaturen | 5.423 | 14,5 | 1.096 |
Hotel und Gastronomie | 3.349 | 16,4 | 677 |
Transport | 5.508 | 8,3 | 1.114 |
IT und Telekommunikation | 12.328 | 17,7 | 2.493 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 9.844 | 8,7 | 1.990 |
Immobilienbranche | 5.485 | 14,9 | 1.109 |
2022 (in Lei/RON) | 2022 (in Euro) 2) | |
---|---|---|
Geschäftsführer einer größeren Niederlassung 3) | 24.050 bis 45.050 | 4.863 bis 9.108 |
Geschäftsführer eines kleinen bis mittleren Unternehmens | 14.600 bis 31.700 | 2.951 bis 6.409 |
Vertriebsleiter | 10.050 bis 31.800 | 2.032 bis 6.429 |
Ingenieur | 5.030 bis 14.400 | 1.117 bis 2.911 |
Programmierer | 5.539 bis 34.000 | 1.120 bis 6.875 |
Sekretär mit Fremdsprachenkenntnissen | 4.000 bis 11.500 | 808 bis 2.325 |
Buchhalter | 5.030 bis 12.600 | 1.117 bis 2.547 |
Kraftfahrer | 3.500 bis 12.000 | 707 bis 2.426 |
Die Entwicklungen in den Branchen IT, Outsourcing-Dienstleistungen, Automobil- und Elektroindustrie, Telekommunikation und Logistik haben in den Vorjahren die Nachfrage nach Arbeitskräften erhöht. Auf Personalsuche sind auch die Sparten Online-Marketing, Business Process Outsourcing, Einzelhandel, Post- und Paketzustelldienste und Pharmazie. Im EU-weiten Wettbewerb punktet Rumänien aber mit relativ günstigen Lohnkosten.
Vergütungsfragen werden im Vorstellungsgespräch viel offener angesprochen und diskutiert als in Deutschland. Die Parteien verhandeln üblicherweise Nettogehälter und oft auf Euro-Basis. Die meisten Unternehmen halten ein Gehalt in Euro vertraglich fest, zahlen es aber in Lei aus. Änderungen ergeben sich zum Teil bei Führungspositionen. Leistungsboni oder sonstige Vergünstigungen hängen von der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers ab.
2022 (in Lei/RON) | 2022 (in Euro) 1) | |
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Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist) 2) | 2.412 bis 3.767 | 487 bis 761 |
Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist | 2.835 bis 5.250 | 573 bis 1.061 |
Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann | 4.129 bis 6.825 | 834 bis 1.379 |
Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet | 4.771 bis 8.505 | 964 bis 1.719 |
Üblich ist die Auszahlung einer Prämie, die dem in Deutschland üblichen 13. Monatsgehalt entspricht. Die Auszahlung des Bonus hängt oft nicht mit der persönlichen Leistung zusammen. Einige Unternehmen zahlen ihn je zur Hälfte zu Weihnachten und Ostern aus.
Die Ausgabe von Lebensmittelgutscheinen ist in vielen Unternehmen üblich. Arbeitgeber können diese Kosten steuerlich absetzen. Bei höheren Positionen kommt es zu Sachleistungen: Dienstwagen, private Kranken- oder Rentenversicherung oder etwa einen Laptop. Rumänen, die weniger als 600 Lei (122 Euro) netto verdienen, sollen ab Juni 2022 Anspruch auf einen 50-Euro-Gutschein zum Kauf von Grundnahrungsmittel bekommen.
Seit Anfang 2018 werden die Arbeitgeberanteile überwiegend auf den Arbeitnehmer übertragen. Damit entsprechen die Bruttolöhne weitestgehend den vollen Personalkosten. Die Einkommensteuer beträgt seit dem 1. Januar 2018 nur noch 10 statt 16 Prozent.
Rentenversicherung (Arbeitnehmeranteil) *) | 25 |
Krankenversicherung (Arbeitnehmeranteil) *) | 10 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 2,25 |
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 4 für besondere Arbeitsbedingungen, 8 für spezielle Arbeitsbedingungen |