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Branche kompakt | Schweden | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Branchenstruktur

Das Umfeld basiert auf Kleinstunternehmen und akademischen Spin-offs. Bis 2025 soll die Region Stockholm zu einer der fünf wichtigsten Regionen der Life Sciences weltweit werden.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Für das vergangene Jahr 2023 beziffert das Beratungsunternehmen Fitch Solutions den Wert des schwedischen Pharmamarkts auf rund 5,1 Milliarden Euro. Im Jahr 2024 sollen die Arzneimittelumsätze voraussichtlich 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 7,7 Prozent der Gesundheitsausgaben ausmachen. Obwohl der schwedische Pharmamarkt im Vergleich zu seinen westeuropäischen Nachbarn klein ist, können hohe öffentliche Gesundheitsausgaben und das günstige Geschäftsumfeld Schwedens wichtige Faktoren sein, die das Land zu einem attraktiven Standort für eine Niederlassung machen. Zwar sollen die Pro-Kopf-Ausgaben in den kommenden fünf Jahren steigen – im gleichen Zeitraum wird sich allerdings der Anteil der Arzneimittelausgaben an den gesamten Ausgaben für Gesundheit von derzeit knapp 8 Prozent auf 7 Prozent reduzieren.

Stockholm Science City als Paradebeispiel für schwedische Innovationskraft

Rund um die zentralen Orte Stockholm und Uppsala, im südlichen Malmö und Lund sowie in Göteborg an der Westküste finden sich die meisten Unternehmensansiedlungen der Pharmabranche. Zuletzt hat auch die Region im nördlichen Umeå ein starkes Wachstum verzeichnet. Zwischen 2017 und 2021 ist die Anzahl an Arbeitsplätzen hier jährlich um 17 Prozent gewachsen und der Umsatz des Clusters hat sich in der gleichen Zeit auf knapp 56,5 Millionen Euro verdreifacht. Bis 2030 wird mit einem Umsatz von rund 130 Millionen Euro gerechnet. Zuletzt hat auch die Financial Times auf den Umeå Biotech Incubator aufmerksam gemacht und ihn als einen der führenden Start-Up Hubs Europas gekürt.

Aber auch die Hauptstadtregion investiert stark in die Branche. Im größten Life Science Cluster des Landes in der Stockholm-Uppsala Region findet sich auch die Stockholm Science City. Die Organisation verzeichnete in einem Zehnjahreszeitraum (2009-2019) einen Unternehmenszuwachs von 48 Prozent und fördert aktiv den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft, Industrie und Gesellschaft. In einer interaktiven Karte können interessierte Unternehmen aktiv nach Partnern suchen. Die Region blickt außerdem auf eine lange Tradition in der Forschung und Entwicklung von Biowissenschaften zurück. Hier finden sich neben Unternehmen der Biotechnologie auch noch neun Universitäten beziehungsweise deren Kliniken. Außerdem gibt es in der Region mehrere staatliche Einrichtungen, die für die Branche wichtig sind, darunter die schwedische Arzneimittelagentur.

Frühe IPOs an zweitrangigen Börsen sind gängig

Schweden hat zwei geregelte Aktienmärkte, Nasdaq Stockholm und Main Regulated Equity. Darüber hinaus verfügt Schweden über drei multilaterale Handelssysteme, die auch als Nebenbörsen bezeichnet werden: Nasdaq First North Growth Market (First North), Spotlight Stock Market und NGM Nordic SME. Die Umfrage von SwedenBIO, dem Verband schwedischer Biopharmazeutischer Unternehmen, zeigt, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen, nämlich 53 Prozent privat finanziert ist und die übrigen 47 Prozent an einer öffentlichen Börse notiert sind. Die am häufigsten genutzten Märkte für diese Arzneimittel entwickelnden Unternehmen sind First North (21 Prozent) Nasdaq Stockholm (14 Prozent) und Spotlight (7 Prozent).

Biotech-Start-ups wagen im Allgemeinen eher als andere Start-ups den Börsengang (IPO). Die Popularität von Zweitbörsen wie First North ist aber ein relativ neuer Trend, der gewissermaßen einzigartig für Schweden ist.

Ausgewählte Investitionsprojekte der pharmazeutischen Industrie in Schweden
Akteur/ProjektInvestitionssumme (in Mio. Euro)ProjektstandAnmerkungen
Europäische Investitionsbank/Affibody Medical AB

200

Ankündigung Dezember 2022Vergabe eines Risikodarlehens zur Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten von Biopharmazeutika zur Behandlung von Entzündungskrankheiten und Krebs 
Galderma

174

Fertigstellung bis Ende 2024Errichtung einer neuen Produktionsstätte für ästhetische Injektionen in Uppsala
Pfizer

21,8

Ankündigung September 2023Erweiterung der Produktionsanlage für Arzneimittel und Impfstoffe in Strängnäs
Vinnova

14

Ankündigung Mai 2023Finanzierung eines neuen Innovationsclusters mit Fokus auf ATMP, Mölndal bei Göteborg
Vinnova

0,6

Fertigstellung bis Juli 2024Finanzierung eines PRIO Testbed für molekulare Präzisionsmedizin
Abera Bioscience AB

n.n.

Ankündigung März 2024Errichtung eines neues Labors mit Fokus auf die Entwicklung neuer Impfstoffe in Uppsala
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

 

 

 

Niedrige Preise gefährden das Wachstum

Laut Fitch Solutions soll die Nachfrage nach verschreibungspflichtigen Medikamenten bis 2033 langsam, aber nachhaltig wachsen. Bis 2033 soll das Segment für rezeptfreie Arzneimittel (Over the Counter; OTC) zwar einen steigenden Anteil auf über 11 Prozent am gesamten Pharmamarkt entwickeln. Allerdings machen rezeptfreie Medikamente damit nur einen kleinen Teil des gesamten Pharmamarkts aus. Im Jahr 2023 lagen die Umsätze mit rezeptfreien Medikamenten in Schweden bei knapp 550 Millionen Euro. Bis 2028 wird mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 3,8 Prozent pro Jahr gerechnet. Über die Verschreibungspflicht eines Medikaments kann man sich bei bei der Schwedischen Medizinproduktbehörde (Läkemedelsverket, Swedish Medical Products Agency) informieren.

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Fitch Solutions, aber auch TLV, die schwedische Agentur für zahnärztliche und pharmazeutische Leistungen, weisen auf den zunehmenden Druck auf die Medikamentenpreise und das damit gedämpfte Wachstum des Pharmaumsatzes hin, auch wenn die schwedische Regierung die Ausgaben für das Gesundheitswesen bei Bedarf und für laufende Modernisierungsmaßnahmen plant zu erhöhen. In einem Vergleich mit 19 europäischen Ländern waren die Arzneimittelpreise in Schweden teilweise die niedrigsten europaweit.

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Viele Mikrounternehmen prägen das Ökosystem

Im europäischen Vergleich steht die schwedische Pharmaindustrie gut dar. Laut eines Reports von SwedenBIO gehört Schweden bereits zu den führenden Nationen im Bereich Life Sciences, nicht zuletzt aufgrund eines bedeutenden Exportanteils der Branche. Dieser lag 2023 bei 7,3 Prozent. 

Auch die große staatliche Unterstützung trägt zum Erfolg des Sektors bei. Und sie zahlt sich aus. Untersuchungen zeigen eine hohe Anzahl von Biotech-Unternehmen in der Frühphase im Land, das bei der Zahl der erforschten Arzneimittel in Europa insgesamt an fünfter Stelle steht, noch vor größeren Ländern, die ebenfalls eine etablierte Präsenz in diesem Sektor haben, wie die Niederlande und Italien.

Das Unternehmensumfeld der gesamten Life Science Branche wird von Mikrounternehmen dominiert. 78 Prozent gelten als Kleinstunternehmen mit bis zu neun Beschäftigten. 12 Prozent aller Unternehmen zählen zu kleinen Unternehmen mit 10 bis 40 Beschäftigten und bei 4 Prozent handelt es sich um mittelgroße Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten. Weniger als 1 Prozent aller Unternehmen haben mehr als 250 Angestellte.

 

Wichtige Branchenunternehmen in Schweden
Umsatz in Millionen Euro

Unternehmen

Umsatz Jahr 2023

Janssen-Cilag (Johnson & Johnson)

314,78

Bristol-Myers Squibb

258,62

Orifarm

220,61

Takeda

200,57

Marck, Sharp & Dohme

168,77

Novartis

153,91

Teva

138,39

Bayer

130,30

Quelle: Statista 2024

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