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Wirtschaftsausblick | Schweden
Laut derzeitigen Prognosen wird die schwedische Wirtschaft 2023 als einzige in Skandinavien schrumpfen. Die negative Konsum- und Investitionsentwicklung schmälert Exportchancen.
05.12.2022
Von Michał Woźniak | Stockholm
Die erst kürzlich vereidigte neue schwedische Regierung steht vor einer schweren Aufgabe. Die enorme Inflationsrate, steigende Zinsen, andauernde Lieferengpässe und die vergleichsweise hohen Energiepreise trüben die Stimmung von Verbrauchern und Unternehmen. Dagegen scheinen selbst die angekündigten Stromausgleichszahlungen nicht zu helfen.
Dieses Jahr ist das Wirtschaftswachstum zwischen 2,5 bis 3,0 Prozent relativ stark angestiegen. Es wird jedoch das schwedische Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den nächsten beiden Jahren kaum fördern. Laut zahlreicher Wirtschaftsforschungsinstitute wird das Wachstum in 2024 die Verluste aus dem Vorjahr bestenfalls wettmachen.
Die Auswirkungen des Abschwungs auf die Staatsfinanzen dürften sich in Zaum halten. Sowohl 2022 als auch die nächsten beiden Jahre sollte mindestens eine schwarze Null erreicht werden. Auch die bereits heute zu den niedrigsten in der EU zählende Staatsverschuldung soll nach dem Corona-Hoch zurückgehen und mittelfristig wieder weniger als 30 Prozent des BIP betragen. Damit ist der notwendige Spielraum für die Regierung gegeben, um langfristige Probleme anzugehen.
Dazu zählt unter anderem der schwedische Arbeitsmarkt. Die gestiegene Arbeitslosigkeit während der Corona-Pandemie konnte noch nicht vermindert werden. Tatsächlich wächst die Quote wieder – ein Trend, der frühestens Ende 2024 einen Abschluss finden soll. Derweil wird der Fachkräftemangel bei den Unternehmen immer stärker. Der Ausbau von Zukunftsbranchen, wie der Batterieherstellung, hebt die Ansprüche zudem.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal; Milliarden Euro) | 480,6 | 537,3 | 3.602 |
BIP pro Kopf (Euro) | 46.420 | 51.590 | 43.292 |
Bevölkerung (Millionen; jeweils zum 1. Januar) | 10,4 | 10,5 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = ... Schwedische Kronen) | 10,4848 | 10,1465 |
Eine weitere Herausforderung stellt die Stabilisierung der schwedischen Krone dar. Allein im Laufe des Jahres 2022 variierte ihr Wert gegenüber dem Euro um mehr als 8 Prozent. Seit Beginn der Pandemie im März 2020 waren es sogar bis zu knapp 14 Prozent. Momentan befeuert dies die Inflation und senkt die Margen der exportintensiven Wirtschaft. Langfristig belastet es aber vor allem die Planungssicherheit der Unternehmen.
Die noch währenden Corona-Nachholeffekte animierten schwedische Unternehmen in der 1. Jahreshälfte 2022 zu starken Investitionen. Laut dem schwedischen Statistikamt SCB gaben sie umgerechnet fast 20 Milliarden Euro aus. Alleine die verarbeitende Industrie investierte mit über 2,9 Milliarden Euro knapp 25 Prozent mehr in Maschinen und Geräte als im Vorjahresvergleich. Bei Energieproduzenten haben sich die Investitionen sogar verdoppelt.
Jedoch zeichnet sich mittlerweile auch eine Trendwende ab. Deutlich gesunkene Immobilienpreise belasten die Bauindustrie. Laut dem Industrieverband Teknikföretagen beklagen nach wie vor vier von fünf schwedischen Technologieunternehmen Zulieferprobleme. Weitere Analysen des Verbandes zeigen außerdem, dass jegliche Umsatzgewinne vor allem den steigenden Preisen, nicht höheren Stückzahlen zuzurechnen ist. Weil die Verkaufspreise aber langsamer wachsen als die Erzeugerpreise sinken die Margen und somit die Investitionsfähigkeit. Die Vertrauensindexe der Bau- und verarbeitenden Industrie fallen laut dem staatlichen Konjunkturinstitut bereits seit Sommer 2022. Entsprechend gehen Experten unisono von einem Investitionsrückgang in 2023 aus. Einzelne befürchten sogar, dass auch 2024 keine Kehrtwende bringen wird.
Projektbezeichnung | Summe | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Beschaffung und Modernisierung von Zügen | 1.755 | Modernisierung der einheimischen X2000-Flotte läuft bereits; im Juli wurde ein Kaufvertrag mit CAF über 25 Regionalzüge unterschrieben, die bis 2026 geliefert werden sollen | |
Ausbau des 400-kV-Stromnetzes | 1.295 | Baubeginn der etwa 300 km langen Leitung zwischen Sollefteå und Mehedeby ist für 2023 geplant | Svenska Kraftnät |
Neubau von Schleusen auf dem Trollhätte-Kanal | 500 | Anmeldungen für den Marktdialog (auch digital) zwischen 31.1. und 2.2.2023 laufen | Trafikverket |
Erneuerung von acht Bahn-Trafostationen | 295 | Die Arbeiten in Gagnef, Jokkmokk (drei Stationen), Norrköping, Salem, Umeå und Uppsala sollen 2024 abgeschlossen werden | Svenska Kraftnät |
Neue Batteriezellenproduktion in Mariestad | k.A. | Standortsuche läuft | |
Revitalisierung der alten Brennerei in Eslöv | k.A. | Neu- und Umbau von insgesamt sieben Wohn- und Bürogebäuden startete im November 2022 | NCC |
Neues Maschinenwerk in Landskrona | k.A. | 42.000 qm großes Grundstück soll Ende 2023 gekauft werden; Baubeginn Ende 2025 | Alfa Laval |
Bau eines Werkes für Dünnschicht-Solarzellen | k.A. | Finanzierungsmöglichkeiten für eine Kapazitätserweiterung bis 20 MW jährlich (mit scale-up-Potenzial bis 200 MW) werden untersucht | Midsummer |
Neubau des Brunnsbo-Bahnhofs | 5 | Klagefrist gegen Bauplan läuft am 14.12.2022 ab | Trafikverket |
Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen bietet GTAI auf ihrer Internetseite an.
Die auf über 8 Prozent prognostizierte Inflationsrate 2022 verdreifachte sich im Vergleich zum Vorjahr und zog drastische Zinserhöhungen der Zentralbank nach sich. Zwischen Mai und November 2022 stieg der Leitzins von 0,0 auf 2,5 Prozent, weitere Erhöhungen sind angekündigt. Dabei sind schwedische Haushalte im Vergleich zu ihren Einkommen laut Eurostat nahezu doppelt so hoch verschuldet wie deutsche. Laut dem lokalen Statistikamt SCB haben zudem etwa zwei Drittel der in den letzten zehn Jahren aufgenommen Hypothekenkredite eine variable Verzinsung.
Die Kauflust mindert zusätzlich der für dieses und nächstes Jahr auf zusammen etwa 7 Prozent prognostizierte Rückgang der Reallöhne. Auch die wieder steigende Arbeitslosigkeit, die im Laufe dieses Jahres nicht aufs Vor-Corona-Niveau zurückkehren konnte, belastet die Haushalte. Entsprechend verzeichnete der monatlich vom staatlichen Konjunkturinstitut erhobene Konsumentenvertrauensindex ein historisches Tief. Demnach wollen die Befragten vor allem größere Anschaffungen aufschieben und dafür mehr sparen. Nach der im 1. Halbjahr 2022 erarbeiteten positiven Konsumentwicklung sollen deswegen zwei Jahre negativer Dynamik folgen.
Laut einvernehmlichen Prognosen dürften die schwedischen Importe 2022 deutlich schneller steigen, als die Exporte – um etwa 7 bis 8 Prozent. Die Ein- und Ausfuhren sollen 2023 jeweils um knapp 5 Prozent wachsen. Ein Teil des Zuwachses wird allerdings durch gestiegene Rohstoffpreise bedingt, denn in den ersten acht Monaten des Jahres haben sich alleine die Einfuhren von Erdöl und -gas gegenüber dem gleichen Zeitraum 2021 verdoppelt. Zudem wird seit Sommer eine Verlangsamung der Dynamik sichtbar, vor allem bei Nahrungsmitteln, Chemieerzeugnissen sowie Konsumgütern.
Deutschland kann seine Position als wichtigster Warenlieferant behaupten. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist der Wert der Lieferungen zwischen Januar und August 2022 um 12 Prozent gestiegen. Trotzdem verzeichnet der deutsch-schwedische Handel die niedrigste Dynamik im Vergleich mit den Top 10-Handelspartnern. Neben den Rohstofflieferanten und ärgsten Verfolgern Norwegen, den Niederlanden sowie Dänemark konnten vor allem China (Platz 5, +42 Prozent), das Vereinigte Königreich (Platz 7, +80 Prozent) sowie die USA (Platz 10, +66 Prozent) aufholen.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 3) | |
---|---|---|---|
Importe | 191,2 | 226,4 | 14,6 |
Exporte | 196,3 | 226,4 | 11,6 |
Handelsbilanzsaldo | 5,1 | 0,0 | - |