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Wirtschaftsumfeld | Serbien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Investitionen und Abwanderung leeren den Arbeitsmarkt. Das erschwert die Personalsuche für Unternehmen.

Von Martin Gaber | Belgrad

Serbiens Wirtschaft bleibt auf Wachstumskurs und benötigt dafür weitere Arbeitskräfte. Die Arbeitslosenquote fiel im Jahr 2022 unter die Marke von 10 Prozent, so die Statistikbehörde (Republički zavod za statistiku). In den nächsten Jahren dürfte die Quote laut Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) weiter sinken. So gestaltet sich die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern, vor allem spezialisierten Fachkräften immer schwieriger. Noch im Jahr 2015 hatte die Arbeitslosenquote an der Marke von 20 Prozent gekratzt.

Regionale Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt

Die Wirtschaftsstruktur in Serbien ist von regionalen Unterschieden geprägt. Nord-, West- und Zentralserbien gelten als strukturstarke Regionen, in denen sich bereits zahlreiche Betriebe angesiedelt haben. Ost- und Südserbien hingegen gelten als strukturschwach. So liegt in diesen Verwaltungsgebieten die Arbeitslosenquote über dem landesweiten Durchschnitt. Die Regierung bemüht sich, die Unterschiede auszugleichen. Sie unterstützt mit ihrer Ansiedlungspolitik die Schaffung von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen.

Investitionen leeren den Arbeitsmarkt

Einen weiteren Anstieg der Beschäftigung schafft unter anderem das positive Investitionsklima. Serbien bleibt ein Schwerpunkt für Investitionen in der Industrie. Im Fokus stehen dabei vor allem Autozulieferer. So hat beispielsweise zum Jahresbeginn 2022 Continental seine bereits bestehenden Investitionen in Serbien um ein neues Werk mit 500 zusätzlichen Beschäftigten erweitert. Die sogenannte Mega Factory ist nach Unternehmensangaben eines der größten Continentalwerke weltweit. 

Deutsche Unternehmen beschäftigen 80.000 Menschen

Alleine durch deutsche Vorhaben sind seit dem Jahr 2018 rund 40.000 Arbeitsplätze entstanden. Insgesamt beschäftigen die 900 deutschen Unternehmen im Land rund 80.000 Arbeitnehmer. Laut der jährlichen Konjunkturumfrage der Deutsch-Serbischen Wirtschaftskammer (AHK Serbien) zeigten sich im Jahr 2023 die Unternehmen mit den Arbeitskräften zufrieden: Produktivität und Leistungsbereitschaft sowie die Qualifikation der Arbeitnehmer sind die wichtigsten Standortfaktoren.

Abwanderung ist eine große Herausforderung

Der Standortfaktor Arbeitskräfte gerät allerdings in Gefahr. Nicht nur Investoren reißen ein Loch in den Arbeitsmarkt, sondern auch die Abwanderung aus Serbien. In der AHK-Konjunkturumfrage bemängeln die Betriebe bereits die fehlende Verfügbarkeit von qualifizierten Fachkräften. Der anhaltende Abwanderungstrend nach Westeuropa und insbesondere in die Bundesrepublik trägt dazu bei.

Gerade handwerklich begabtes Personal ist in Westeuropa gefragt und verlässt das Land mit der Perspektive auf bessere Rahmenbedingungen. Nach Medienberichten dürfte sich die Zahl der Auswanderer zwischen 40.000 und 50.000 pro Jahr bewegen. Trotz Einwanderern und Rückkehrern verzeichnet Serbien beim Migrationssaldo ein Minus.

Mangel an Arbeitskräften in vielen Bereichen

Ein Großteil der Anzeigen in den Stellenportalen richtet sich an IT-Experten, vor allem Softwareentwickler sind begehrt. Aber auch Elektro- und Maschinenbauingenieure werden gesucht. Doch nicht nur Hochqualifizierte stehen auf der Wunschliste der Unternehmen. Gerade auch Personal mit Berufsausbildung oder für einfache Tätigkeiten wird laut dem Stellenportal Infostud gesucht. So hängt an vielen Lokalen und Einzelhandelsgeschäften in Serbien der Hinweis "Mitarbeiter gesucht". 

"In den letzten drei Jahren haben wir festgestellt, dass auch Lageristen und Servicepersonal in der Gastronomie zu Mangelberufen geworden sind. Es fehlen aber auch Friseure, Automechaniker, Köche, Metzger", sagt Sonja Ćetković, Geschäftsführerin von Infostud in der Tageszeitung Danas. Die Liste ließe sich noch um viele Positionen ergänzen.

Bausektor setzt auf Arbeitskräfte aus dem Ausland

Auch im boomenden Bausektor fehlt Personal. Hier versucht man die Personalkrise auf einem anderen Weg zu lösen. Modulor, nach eigenen Angaben eines der führenden internationalen Bauunternehmen des Landes, baut auf Arbeitskräfte aus Indien, Syrien, Libanon und Burundi. Nach Unternehmensangaben fehlt es dabei in Serbien sowohl an einfachen Hilfsarbeitern als auch an Ingenieuren. Die Zahl der Bewerber auf die Ausschreibungen sei in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Ähnlich kritisch entwickelt sich die Lage im Gastgewerbe und in der Landwirtschaft.

Die Regierung versucht zu unterstützen und entsprechende Abkommen mit den Staaten abzuschließen. Damit sollen die Vermittlung von Arbeitskräften und die behördlichen Prozesse erleichtert werden.

Gezielte Ausbildung wird angestrebt

Als weiteres Mittel gegen den Fachkräftemangel versuchen Regierung und verschiedene Organisationen, potenzielle Arbeitnehmer gezielter auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. So hat Serbien zum Schuljahr 2019/20 offiziell die duale Berufsbildung eingeführt. Ein entsprechendes Gesetz wurde verabschiedet. Auch deutsche Unternehmen vor Ort bilden dual aus. Das Interesse an der dualen Ausbildung ist bislang aber überschaubar. Mit dem Schuljahr 2023/24 soll das Gesetz angepasst und unter anderem der praktische Anteil erhöht werden.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022

Bevölkerung (in Mio.)

6,8

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

4,3

Erwerbstätige (Bevölkerung älter als 15, in Mio.)

3,2

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition) 1)

9,4

Analphabetenquote (in %) 2)

0,5

Universitätsabschluss (in %)

20,3

1 alle Personen älter als 15, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen; 2 Daten für das Jahr 2019Quelle: Republički zavod za Statistiku (RZS, Statistikamt Serbien) 2023; Weltbank 2022

Personalagenturen sind beliebt

Für die Personalsuche bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. Digital wird in erster Linie das Portal Poslovi von Infostud genutzt. Die Social Media-Plattform LinkedIn wird gerne dann verwendet, wenn fremdsprachige Fach- und Führungskräfte gesucht werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, Stellenanzeigen in Tageszeitungen zu veröffentlichen. Auch Personalagenturen sind für die gezielte Suche eine Option. Zu den wichtigsten gehören Adecco, Hill International, ManpowerGroup oder Gi Group.

Die Deutsch-Serbische Wirtschaftskammer bietet eine Erstberatung an.

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