Wirtschaftsumfeld | Serbien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Trotz hoher Inflation legten die Löhne und Gehälter auch 2021 und 2022 real weiter zu. Dennoch bleiben die Lohnkosten weiterhin deutlich unter dem Niveau in der Europäischen Union.
13.06.2023
Von Martin Gaber | Belgrad
Löhne und Gehälter
Die Löhne und Gehälter ziehen weiter an. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt stieg im Jahr 2022 erstmals auf über 100.000 serbische Dinar und damit rund 880 Euro, so Zahlen der serbischen Statistikbehörde. Nominal bleiben die Wachstumsraten auch im Jahr 2023 zweistellig, doch die Inflation nagt an den Einkommen. So lagen die Gehälter in den ersten drei Monaten des Jahres 2023 real um 0,4 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum.
Obwohl Löhne und Gehälter in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind, bleibt das Land in der Region durchaus konkurrenzfähig. So liegen in Serbien die Lohnkosten auf ungefähr dem gleichen Niveau wie in Bulgarien - dem Schlusslicht in der Europäischen Union (EU).
Mindestlohn deutlich gestiegen
Um der hohen Inflation gerecht zu werden, wurde auch der Mindestlohn deutlich erhöht. Für das Jahr 2023 hatte die Regierung erstmals einem Mindestlohn von über 40.000 Dinar netto (umgerechnet rund 340 Euro) zugestimmt. Das entspricht einem Plus von 14,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Laut Regierung ist das der bislang höchste prozentuale Anstieg beim Mindestlohn. Zudem wurde der Steuerfreibetrag erhöht und liegt nun bei 21.712 Dinar.
Neben dem Mindestlohn wurden auch die Gehälter im öffentlichen Dienst um 12,5 Prozent und die Renten um 12 Prozent angehoben. Die Gehälter beim serbischen Militär sogar um 25 Prozent.
2021 | 2022 | 1. Quartal 2023 | |
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nominal (in serbischen Dinar/RSD) | 90.784 | 103.316 | 114.708 |
nominal (in Euro) | 772 | 880 | 978 |
reale Veränd. (in %) *) | 5,2 | 1,7 | -0,4 |
Wechselkurs Euro/RSD | 117,57 | 117,46 | 117,33 |
Höchste Gehälter in Belgrad
In Serbiens Hauptstadt Belgrad werden die höchsten durchschnittlichen Bruttogehälter gezahlt. Es folgen die strukturstarken Regionen in Nord-, Zentral- und Westserbien. Die strukturschwachen Regionen im Osten und Süden des Landes bilden das Schlusslicht bei den Durchschnittsgehältern. Dabei gibt es lokal einige Ausreißer. Vor allem in Gemeinden und Städten mit Bergbau oder großen Kraftwerken liegen die Durchschnittseinkommen deutlich über dem landesweiten Schnitt. Zum Beispiel in Lajkovac (Kohlebergbau), Kostolac (Kohlekraftwerk) oder Bor (Kupfermine). Auch in Städten mit relevanten Industriebetrieben liegen die Durchschnittseinkommen oft über dem regionalen Niveau.
2022 (in serbischen Dinar) | Veränderung 2022/21 (in %) *) | 2022 (in Euro) | |
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Landesdurchschnitt | 103.316 | 13,8 | 880 |
Hauptstadt Belgrad | 130.252 | 15,4 | 1.109 |
Hochlohnregion Borska Oblast | 106.708 | 12,7 | 908 |
Hochlohnregion Južnobačka oblast (inkl. Novi Sad) | 109.580 | 16,2 | 933 |
Niedriglohnregion Pčinjska oblast | 79.078 | 10,0 | 673 |
Niedriglohnregion Jablanička oblast | 77.394 | 11,5 | 659 |
Wechselkurs Euro/RSD | 117,46 |
Öffentlicher Sektor bleibt attraktiver Arbeitgeber
Der öffentliche Sektor bleibt auch weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber. Die Gehälter wurden für das Jahr 2023 um 12,5 Prozent nach oben angepasst. Schon im Vorjahr lagen die Bruttogehälter in der öffentlichen Verwaltung knapp 10 Prozent über dem landesweiten Durchschnitt. Allerdings holt der Privatsektor auf. Dort zeigt sich eine große Dynamik in den Gehaltsanpassungen. In der Privatwirtschaft schwankt das Einkommen je nach Branche aber deutlich. An der Spitze liegt die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Dort kletterte das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt im Jahr 2022 auf über 250.000 serbische Dinar und damit über 2.100 Euro. Ein nominales Plus zum Vorjahr von fast 30 Prozent. Gerade in größeren Unternehmen und Städten wie Belgrad oder Novi Sad liegen die Gehälter häufig weit über dem Landesdurchschnitt.
Deutsche Unternehmen gelten als sichere Arbeitgeber
Internationale und gerade deutsche Betriebe sind in Serbien beliebte Arbeitgeber. Diese gelten als zuverlässig und sicher. Häufig sind zudem die Standards in den Betrieben höher als in vergleichbaren lokalen Unternehmen, da standortübergreifende Qualitätsrichtlinien gelten. Auch die Themen Mitarbeiterführung und Soft Skills spielen in deutschen Betrieben eine wichtigere Rolle. Gleichzeitig stellt dies höhere Anforderungen an die Mitarbeiter. Ob in deutschen Betrieben, wie oft vermutet, höhere Gehälter gezahlt werden, lässt sich nicht belegen. Die Höhe des Gehalts richtet sich oft nach der Konkurrenz vor Ort.
Wichtig zu wissen: In Serbien wurde bislang immer über das Nettogehalt verhandelt. Das verändert sich mittlerweile. Im Gespräch sollte daher immer geklärt werden, ob es um das Netto- oder Bruttogehalt geht.
2022 (in serbischen Dinar) | Veränderung 2022/21 (in %) *) | 2022 (in Euro) | |
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Insgesamt | 103.316 | 13,8 | 880 |
Bauwirtschaft | 88.666 | 12,4 | 755 |
Bergbau | 144.269 | 6,5 | 1.228 |
Verarbeitendes Gewerbe, darunter | 88.994 | 12,9 | 758 |
Nahrungsmittelindustrie | 78.334 | 13,0 | 667 |
Getränkeindustrie | 112.783 | 8,2 | 960 |
Textilindustrie | 78.896 | 12,7 | 672 |
Bekleidungsindustrie | 63.601 | 11,8 | 541 |
Holzindustrie (ohne Möbel) | 60.622 | 13,4 | 516 |
Möbelindustrie | 70.315 | 11,8 | 599 |
Papierindustrie | 95.393 | 12,6 | 812 |
Chemische Industrie | 114.241 | 14,7 | 973 |
Pharmaindustrie | 166.321 | 10,7 | 1.416 |
Gummi- und Kunststoffindustrie | 101.772 | 13,6 | 866 |
Maschinenbau | 101.937 | 12,8 | 868 |
Metallurgie (ohne Metallverarbeitung) | 122.669 | 13,7 | 1.044 |
Metallverarbeitung | 88.909 | 10,9 | 757 |
Elektrotechnik/Elektronik | 120.611 | 12,8 | 1.027 |
Fahrzeugbau | 92.100 | 13,9 | 784 |
Handel, Reparaturen | 85.727 | 14,5 | 730 |
Hotel | 79.168 | 16,2 | 674 |
Gastronomie | 58.601 | 15,2 | 499 |
Transport | 86.468 | 13,3 | 736 |
Information und Telekommunikation | 253.745 | 29,9 | 2.160 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 159.209 | 7,0 | 1.355 |
Immobilienbranche | 96.640 | 11,4 | 823 |
Wechselkurs Euro/RSD | 117,46 |
2022 (in serbischen Dinar) | 2022 (in Euro) | |
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Geschäftsführerin einer größeren/ausländischen Niederlassung 1) | 600.000 bis 1.200.000 | 5.108 bis 10.216 |
Geschäftsführerin eines kleinen bis mittleren Unternehmens 2) | 120.000 bis 600.000 | 1.022 bis 5.108 |
Vertriebsleiterin | 360.000 bis 780.000 | 3.065 bis 6.641 |
Produktionsleiterin | 360.000 bis 600.000 | 3.065 bis 5.108 |
Ingenieurin | 120.000 bis 240.000 | 1.021 bis 2.043 |
Programmiererin | 160.000 bis 430.000 | 1.362 bis 3.661 |
Sekretärin mit Fremdsprachenkenntnissen | 80.000 bis 150.000 | 681 bis 1.277 |
Buchhalterin | 75.000 bis 200.000 | 639 bis 1.703 |
Kraftfahrerin | 80.000 bis 180.000 | 681 bis 1.532 |
Wechselkurs Euro/RSD | 117,46 |
September 2022 (in serbischen Dinar) | September 2022 (in Euro) | |
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Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist) *) | 65.000 bis 122.000 | 553 bis 1.039 |
Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist | 72.000 bis 130.000 | 613 bis 1.107 |
Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann | 100.000 bis 180.000 | 851 bis 1.532 |
Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet | 110.000 bis 300.000 | 936 bis 2.554 |
Wechselkurs Euro/RSD | 117,46 |
Weitere Lohnbestandteile
Das Arbeitsrecht schreibt den Anspruch auf verschiedene Leistungen für den Arbeitnehmer fest (Art. 118 und 119 Arbeitsgesetz). Dazu zählen Zuschüsse für den Arbeitsweg. Diese werden in Höhe der Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr ausgezahlt. Gesetzlich geregelt ist auch der Anspruch auf Urlaubsgeld, eine Verpflegungspauschale sowie Tagegelder für Dienstreisen. Sollte der Arbeitgeber einen Transport zum Arbeitsplatz oder eine kostenlose Kantine zur Verfügung stellen, entfällt der Anspruch auf die jeweiligen Zuschüsse. Der Arbeitgeber darf diese Zulagen nicht als Bestandteil des verhandelten Nettogehalts sehen, sondern muss diese separat ausweisen.
Außerdem ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Rentenprämie, Zuschüsse für Bestattungen und eine Kompensation für Schäden durch Unfälle am Arbeitsplatz oder arbeitsbedingte Krankheiten zu zahlen.
Dazu bieten Unternehmen, vor allem für das höhere Management, Firmenwagen als Bestandteil des Gehaltspakets an. Auch zusätzliche Privatversicherungen sind aufgrund des maroden staatlichen Gesundheitssystems eine willkommene Zusatzleistung. Aber auch Weiterbildungen oder Abos im Fitnessstudio werden laut dem Personaldienstleister Manpower angeboten. Variable, leistungsabhängige Gehaltskomponenten gewinnen ebenfalls an Bedeutung.
Zudem bieten Unternehmen durch die zunehmende Mobilität der Arbeitskräfte auch Unterstützung beim Umzug an. Seit der Coronapandemie lassen sich Unternehmen auch häufiger auf mobiles Arbeiten (Homeoffice) oder eine Vier-Tage-Woche ein.
Sozialversicherungsbeiträge
Die Gesamtbelastung für den Arbeitgeberanteil beläuft sich auf 15,15 Prozent und ist seit dem Vorjahr um einen Prozentpunkt gesunken. Der für die Kalkulation der Bruttolöhne ebenso maßgebliche Arbeitnehmeranteil beträgt 19,9 Prozent.
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 10,0 |
Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 5,15 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 0,0 |
Sonstige Versicherungen (Arbeitgeberanteil) | nach individueller Vereinbarung oder betrieblicher Praxis |