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Wirtschaftsumfeld | Singapur

Singapur ist eine sehr offene Volkswirtschaft

Der Stadtstaat ist bereits Mitglied in 27 Freihandelsabkommen und verhandelt weitere. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Multilateralismus.

Von Werner Kemper | Kuala Lumpur

Die Insel Singapur ist von der Fläche etwa so groß wie Hamburg und ist durch zwei Brücken mit dem malaysischen Festland verbunden. Auf ihr leben über 5 Millionen Menschen. Der Stadtstaat verfügt über keinerlei eigene Bodenschätze und auch nicht über nennenswerte landwirtschaftliche Erzeugnisse. Nahezu alle Rohstoffe, inklusive eines Großteils des Trinkwassers, müssen (noch) importiert werden. Bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts war das Land eines der Armenhäuser der Welt.

Erst 1965, nach der Unabhängigkeit von Malaysia, begann Singapur, sich komplett auf freien Welthandel einzulassen. Inzwischen zählt die Insel zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Die wirtschaftliche Transformation gilt als eine der größten wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten des 20. Jahrhunderts.

Singapur ist für Investoren in vielerlei Hinsicht attraktiv

Das Forschungsinstitut Heritage Foundation veröffentlicht jährlich ein Ranking der offensten Volkswirtschaften. In diesem Ranking belegt Singapur fast schon traditionell den ersten Platz weltweit. Der Indexwert lag 2022 bei 84,4 - deutlich über dem Durchschnitt der Region Asien-Pazifik (57,1) und dem der Welt (60). Auch Deutschland liegt mit einem Wert von 76,1 weit hinter dem Inselstaat.

Besonders gut schneidet das Land in der Kategorie "Freihandel" ab. Dort liegt der Indexwert bei 95,0. Es folgen "Eigentumsrechte" mit 94,4, "Integrität der Regierung" (92,8) und "Steuerbelastung" (90,5). Bei all diesen – für potenzielle Handelspartner und Investoren äußerst wichtigen – Kategorien liegt Singapur an der Spitze.

Der gewichtete Durchschnittszollsatz in Singapur beträgt nach Angaben der Heritage Foundation 0,0 Prozent. Insgesamt sind 182 nichttarifäre Maßnahmen in Kraft. Ausländische Unternehmen sind den inländischen vor dem Gesetz vollkommen gleichgestellt. In nahezu allen Wirtschaftssektoren können Unternehmen zu 100 Prozent in ausländischem Besitz sein. Der hoch entwickelte Finanzsektor ist robust und die Zahl ausländischer Banken nimmt stetig zu.

Beim "Ease of doing Business"-Ranking der Weltbank liegt Singapur stets auf einem der vorderen Plätze. Bei den nichttarifären Handelshemmnissen handelt es sich überwiegend um Maßnahmen der Regierung, um Menschen und Umwelt zu schützen. So gibt es zum Beispiel ein komplettes Einfuhrverbot von Kaugummi und eine recht hohe Besteuerung von Tabak, Alkohol und Kfz.

Freihandelsabkommen sind integraler Bestandteil der Außenwirtschaftspolitik

In Singapur genießt das multilaterale Handelssystem, wie es durch die Welthandelsorganisation (World Trade Organization; WTO) verkörpert wird, allergrößte Priorität. Der Stadtstaat ist seit 1995 Mitglied der WTO und seit 1973 Mitglied des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (General Agreement on Tariffs and Trade; GATT). In der letzten ausführlichen WTO-Analyse zu Singapur im September 2021 wird besonders lobend erwähnt, dass das Land neuerdings in seinen Freihandelsabkommen (FHA) auch Schwerpunkte für Digitalisierung und grünes Wirtschaften vorsieht.

Inzwischen ist Singapur Mitglied in 27 FHA. Derzeit werden weitere mit Kanada und der Ukraine verhandelt. Einige wichtige Abkommen hat die Vereinigung Südostasiatischer Staaten (Association of Southeast Asian Nations, ASEAN) verhandelt, daher profitieren neben Singapur auch die regionalen Wettbewerber von den Handelserleichterungen.

Im Rahmen der ASEAN bestehen zahlreiche Abkommen

Abkommen zwischen

In Kraft seit

ASEAN Free Trade Area (AFTA) 

Januar 1993

ASEAN – Hongkong, China

Juni 2019

ASEAN – Südkorea

Januar 2010 (Warenverkehr) / Oktober 2010 (Handel mit Dienstleistungen)

ASEAN – Australien – Neuseeland

Januar 2010

ASEAN – Indien

Januar 2010 (Warenverkehr) / Juli 2015 (Handel mit Dienstleistungen)

ASEAN – Japan

Dezember 2008

ASEAN – China

Januar 2005 (Warenverkehr) / Juli 2007 (Handel mit Dienstleistungen)

Quelle: World Trade Organization, Regional Trade Agreements Database 2022

Regionale Wirtschaftspartnerschaft wird langfristig bedeutend

Singapur war das erste Land, das die Wirtschaftspartnerschaft Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) ratifiziert hat. RCEP umfasst die zehn ASEAN-Staaten (Brunei Darussalam, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam) sowie China, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland.

Die Weltbank schätzt, dass das Abkommen etwa 30 Prozent der Weltbevölkerung abdeckt. Außerdem entfallen rund 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP), knapp 25 Prozent des globalen Handels und 31 Prozent der ausländischen Direktinvestitionszuflüsse weltweit auf RCEP.

Kurzfristig erwartet Singapur durch RCEP weder eine Zunahme im Außenhandel noch bei Auslandsinvestitionen. Langfristig könne das FHA jedoch zu einer engeren Kooperation zwischen den Staaten führen, was für die kleine und offene Volkswirtschaft Singapur enorm wichtig wäre.

Zukünftig wird nur noch ein Ursprungszeugnis vonnöten sein, um innerhalb des RCEP-Verbundes Handel zu treiben. Das wird zu einer Reduktion der Transaktionskosten für den Handel mit mehreren Ländern in der Region führen. Auch eine weitere Diversifizierung von Lieferketten wird dadurch vereinfacht, was eventuell zu Neuansiedlungen multinationaler Unternehmen führt. Dies könnte Singapur als regionalen Hub in Südostasien noch attraktiver machen und somit langfristig zu höheren Investitionen im Stadtstaat führen.

Bereits jetzt haben die anderen 14 RCEP-Mitglieder einen Anteil von rund 51 Prozent an den Exporten Singapurs. China und Malaysia sind die mit Abstand wichtigsten Handelspartner des Stadtstaates. Bei ausländischen Direktinvestitionen in Singapur spielt lediglich Japan eine bedeutendere Rolle.

Singapur sieht transpazifische Partnerschaft als Vorbild

Das Handelsabkommen Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) gilt als noch tiefgreifender und umfangreicher als die RCEP. Elf Länder (Australien, Brunei Darussalam, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur, Vietnam) haben das CPTPP im März 2018 unterzeichnet. Acht Länder, darunter Singapur, haben es inzwischen ratifiziert und können die Vorteile daraus ausschöpfen. Dieses Abkommen umfasst 500 Millionen Menschen, 13 Prozent des globalen BIP sowie 15 Prozent des Welthandels. Viele der im FHA vorgesehenen Liberalisierungen sind weitreichender als in der WTO, weshalb Singapur in ihnen eine Vorlage für zukünftige Abkommen sieht.

Singapur ist Mitglied in verschiedenen Freihandelspartnerschaften

Abkommen zwischen

In Kraft seit

Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP)

Dezember 2018

Global System of Trade Preferences among Developing Countries (GSTP)

April 1989

Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP)

Januar 2022

Trans-Pacific Strategic Economic Partnership

Mai 2006

Quelle: World Trade Organization, Regional Trade Agreements Database 2022

Abkommen mit EU noch ohne erkennbare Effekte

Das FHA zwischen der EU und Singapur ist bereits seit 2019 in Kraft. Konkrete Auswirkungen auf den Außenhandel lassen sich allerdings noch nicht erkennen. Dies liegt an den negativen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf Handelsströme und Lieferketten, die den positiven Effekten gegenüberstehen.

Bilateral verfügt der Stadtstaat über eine beträchtliche Anzahl an Verträgen

Australien (Juli 2003); China (Januar 2009); Costa Rica (Juli 2013); European Free Trade Association (EFTA) (Januar 2003); EU (November 2019); Gulf Cooperation Council (GCC) (September 2013); Indien (August 2005); Japan (November 2002); Jordanien (August 2005); Neuseeland (Januar 2001); Panama (Juli 2006); Peru (August 2009); Südkorea (März 2006); Taiwan (April 2014); Türkei (Oktober 2017); United Kingdom (Januar 2021); USA (Januar 2004)

Quelle: World Trade Organization, Regional Trade Agreements Database 2022

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