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Wirtschaftsumfeld | Singapur | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

In Singapur werden mehr Fachkräfte benötigt. Die Regierung wirbt diese mit attraktiven Zusatzanreizen gezielt aus dem Ausland an. 

Von Werner Kemper | Kuala Lumpur

Der singapurische Arbeitsmarkt wird nach wie vor von zwei gegenläufigen Tendenzen bestimmt: Zum einen von einer erhöhten Nachfrage nach Arbeitskräften, zum anderen vom Trend zu mehr Automatisierung und Digitalisierung, was etliche Arbeitsplätze für gering qualifizierte Kräfte überflüssig macht. Diese Entwicklung wird nachhaltig von der Regierung gefördert, die zunehmend der Beschäftigung der eigenen Staatsbürger Priorität gibt.

Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Beschäftigten um rund 228.000 Menschen. Vor dem Hintergrund von etwa 3,8 Millionen Erwerbspersonen ist das kein schlechter Wert. Es handelte sich dabei überwiegend um zurückkehrende ausländische Arbeitskräfte im Bausektor, die während der Pandemie das Land verlassen hatten. Die allgemeine Arbeitslosenrate lag 2022 bei 2,6 Prozent, für 2023 wird eine ähnliche Größenordnung erwartet.

Die Regierung möchte nach wie vor den Zuzug gering qualifizierter ausländischer Arbeiter reduzieren. Qualifizierte Fach- und Spitzenkräfte sind jedoch weiterhin willkommen und werden aktiv angeworben. Sie sollen zu einer höherwertigen Produktion sowie mehr Forschung und Entwicklung beitragen. So dürfen sie und ihre Familien eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beantragen und können nach zwei weiteren Jahren die Staatsbürgerschaft erlangen. Seit dem 1. September 2023 gelten neue Regeln für den Erhalt eines "Employment Pass" (EP) für hoch qualifizierte Fachkräfte. Neben einer höheren Einkommensschwelle müssen 40 Punkte innerhalb eines "Complementary Assessment Framework" erreicht werden. Für bestimmte zukunftsrelevante Berufszweige werden Bonuspunkte vergeben. Zu ihnen gehören unter anderem Experten in den Feldern künstliche Intelligenz, Cybersecurity oder Erzeugung von Fleischalternativen.

Ab einem monatlichen Einkommen von 30.000 Singapur-Dollar (S$) bekommt die Fachkraft direkt einen EP für fünf Jahre. Mitreisende Ehepaare dürfen ebenfalls einer Arbeit nachgehen. Bereits seit September 2022 müssen Büroangestellte monatlich mindestens 5.000 S$ verdienen, im Finanzsektor sogar 5.500 S$. Ab einem Alter von Mitte 40 muss das Gehalt bei 10.500 S$ respektive 11.500 S$ liegen.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten 2022

Bevölkerung (in Mio.)

6,0

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio.)

3,9

Erwerbstätige (in Mio.)

3,7

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

2,6

Analphabetenquote (in %)

2,9

Universitätsabschluss (in %)

41,6

Quelle: Department of Statistics Singapore 2023; Ministry of Manpower 2023; International Labour Organization 2023

Die Regierung lockt ausländische Fachkräfte zielgerichtet

Bei der Anwerbung ausländischer Fach- und Führungskräfte ist der Stadtstaat nach wie vor erfolgreich, denn er kann mit exzellenten Lebens- und Wirtschaftsbedingungen aufwarten, die ihm bei internationalen Bewertungen immer wieder Spitzenplätze einbringen. Einen solchen belegt Singapur aber mittlerweile auch bei den Lebenshaltungskosten, die zu den höchsten der Welt zählen.

Hoch ist auch der Bildungsstand. Mitte 2022 verfügten 41,6 Prozent der Erwerbspersonen mit Residenzstatus über einen Hochschulabschluss und mehr als 20 Prozent über eine berufliche Qualifizierung. Singapur verfügt im internationalen Vergleich über ein gut entwickeltes Bildungs- und Ausbildungssystem mit zahlreichen Einrichtungen. Dazu zählen die beiden international renommierten Universitäten Nanyang Technological University und National University of Singapore, die unter anderem mit der Technischen Universität München kooperieren.

Die Regierung unterstützt die Aus- und Fortbildung, die als Pfeiler der staatlichen Entwicklung stetig ausgebaut wird. Zudem gestaltet sie die Arbeitswelt familienfreundlicher und fördert die Beschäftigung von Frauen. Auch Unternehmen ermutigen junge Mütter, wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Familien erhalten Unterstützung bei Vorschulgebühren, Studenten im tertiären Bereich Stipendien und Kinder mit speziellen Bedürfnissen Subventionen.

Zudem steht die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern oberhalb der offiziellen Altersgrenze von 63 Jahren auf der Agenda. Das Wieder- und Weiterbeschäftigungsalter liegt bei 68 Jahren. Arbeitnehmer können sofern sie es wünschen bis zu diesem Alter beschäftigt bleiben oder sogar zu einem neuen Arbeitgeber wechseln.

Qualifizierte Mitarbeiter werden aktiv angeworben

Größter Arbeitgeber ist der Dienstleistungssektor, in dem Ende 2022 knapp 2,9 Millionen der insgesamt 3,9 Millionen Arbeitnehmer tätig waren. Es folgte die Bauwirtschaft mit 498.000 und die verarbeitende Industrie mit 483.000 Mitarbeitern. Nach den starken Rückgängen in der Belegschaft während der Pandemie kamen 2022 im Finanzsektor 124.000 neue Arbeitskräfte hinzu. Im Bausektor waren es 91.300 und in der verarbeitenden Industrie wurden 33.800 neue Stellen geschaffen.

Die Ende 2021 registrierten 785.456 Mitglieder einer Gewerkschaft stellten 20 Prozent der Beschäftigten. Sie sind vor allem in den Sozialdiensten zu finden, gefolgt von der verarbeitenden Industrie, Transport, Lagerhaltung sowie dem Groß- und Einzelhandel. Die Mehrheit der 61 Einzelgewerkschaften ist dem Gewerkschaftsbund "National Trades Union Congress" angeschlossen, der enge Beziehungen zur People's Action Party unterhält.

Konflikte zwischen den Tarifparteien treten selten offen zutage. Obwohl die Arbeitnehmer außer in den Versorgungsbereichen Wasser, Gas und Strom über Streikrecht verfügen, werden Dispute in der Regel durch informelle Beratungen mit dem Arbeitsministerium gelöst. Wird keine Einigkeit erzielt, können die Parteien den Fall einem Industrieschiedsgericht zur Entscheidung vorlegen.

Für Unternehmen ist es nicht immer leicht, geeignete Fachkräfte zu finden. Von Vermittlungsagenturen ist zu hören, dass sie dazu übergehen, sich an bereits beschäftigte Arbeitskräfte zu wenden. Arbeitgeber nutzen vermehrt Zeitarbeitskräfte, insbesondere, wenn sie für spezielle Projekte vorübergehend Personal benötigen. Außerdem bieten Hunderte von Personalvermittlungsbüros ihre Dienste an. Üblicherweise muss der Arbeitgeber dafür eine Gebühr zahlen, die sich am Lohn des Kandidaten orientiert. Eine Liste der vom Arbeitsministerium lizenzierten Agenturen findet sich auf dessen Website. Für die Personalsuche eignen sich ferner Karrieremessen, die qualifizierte Jobsucher anlocken. Veranstaltet werden diese von Industrieverbänden, Hochschulen und Vermittlungsagenturen.

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