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Slowakische Wirtschaft muss weiteres Sparpaket schultern

Die Slowakei setzt ab 2026 das dritte Konsolidierungspaket um. Dabei hat die Wirtschaft die bisherigen Sparrunden nur schwer verdaut. Die Konjunktur schwächt sich weiter ab.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Über der slowakischen Wirtschaft ziehen dunkle Wolken auf. Ein weiteres Konsolidierungspaket - bereits das dritte unter der aktuellen Regierung - bürdet Unternehmen, Selbstständigen und Arbeitnehmern weitere Lasten auf. Es soll den Staatshaushalt um 2,7 Milliarden Euro entlasten - fast je zur Hälfte durch Kürzungen und Steuererhöhungen.

Drei Feiertage fallen 2026 weg

Zur Kasse gebeten werden Firmen, Arbeitnehmende und Besserverdienende. Die Einkommensteuer wird progressiv gestaffelt und steigt in der Spitze auf 35 Prozent. Die Mehrwertsteuer für Süßwaren steigt, Arbeitgeber müssen im Krankheitsfall länger Lohnfortzahlung leisten. Außerdem entfallen 2026 drei Feiertage. 

Das dritte Konsolidierungspaket trifft die Volkswirtschaft zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Im August 2025 sank die Industrieproduktion im fünften Monat in Folge. Parallel dazu geht das Volumen der Neuaufträge zurück. Besonders in der Automobilindustrie sorgen die US-Zölle auf europäische Waren seit Mai für einen Ordereinbruch. Volkswagen Bratislava und Jaguar Land Rover in Nitra sind mit ihren teuren SUV-Modellen stark abhängig vom US-Markt. Bei Jaguar Land Rover legte außerdem ein Hackerangriff im August das Werk für mehrere Wochen lahm.  

Verbraucher konsumieren weniger

Auch die slowakischen Verbraucher sind verunsichert. Die Umsätze im Einzelhandel lagen im August 2025 inflationsbereinigt um 0,7 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Haushalte wurden bereits durch das zweite Konsolidierungspaket belastet, als der Basissatz der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte auf 23 Prozent kletterte. 

In der Folge lagen die Verbraucherpreise im September 2025 um 4,6 Prozent über dem Vorjahresniveau - doppelt so hoch wie im Durchschnitt der Eurozone. Die Inflation wird vor allem durch höhere Preise in Hotels, Gaststätten und im Finanzsektor angetrieben. Umfragen der Agentur Focus zeigen, dass slowakische Verbraucher daher ihre Ausgaben für Restaurantbesuche, kulturelle Aktivitäten und Urlaub zusammenstreichen.

Die deutsche Auslandshandelskammer in Bratislava (AHK Slowakei) erwartet daher steigende Lohnforderungen. "Die Erhöhung des Arbeitnehmeranteils beim Krankenkassenbeitrag und die Steuererhöhungen für Besserverdienende sorgen dafür, dass ab dem kommenden Jahr weniger Netto vom Brutto übrigbleiben wird", sagt Geschäftsführer Marco Trisciuzzi. "Da parallel die Inflation auf hohem Niveau verharrt, werden sich Unternehmen mit höheren Lohnforderungen konfrontiert sehen. Hinzu kommt 2026 eine überdurchschnittliche Erhöhung des Mindestlohns um 12 Prozent, was den Lohnkostendruck der Betriebe zusätzlich verstärkt."

Für die AHK kommt das neue Konsolidierungspaket in einer Zeit, "in der der slowakische Konjunkturmotor am Stottern ist, und die von globalen Unsicherheiten überschattet ist", erklärt Trisciuzzi. Bei vielen Firmen seien ohnehin schon Kostensparprogramme in Planung oder Umsetzung.

Die Regierung erwartet laut ihrer aktuellen Konjunkturprognose von September für 2025 nur noch ein Miniwachstum von 0,8 Prozent. Auch im Folgejahr soll der Anstieg mit 1,3 Prozent vergleichsweise bescheiden ausfallen.  

Unternehmen und Kommunen protestieren

Gewerkschaften, Unternehmen und Gemeinden protestieren daher gegen die Sparmaßnahmen. Vertreter der Kommunalverwaltungen weisen darauf hin, dass die Haushaltskonsolidierung ihren Anteil an der Einkommensteuer senkt. Gleichzeitig müssten sie aber viele Ausgaben finanzieren, zum Beispiel höhere Gehälter von Lehrern, Ärzten. 

Auch die Wirtschaftslobby schlägt Alarm. Der Verband der Industrie- und Verkehrsverbände (APZD) wandte sich Anfang Oktober 2025 an die Presse, um seine Sorge vor neuen Steuern und Abgaben zu erklären. Wenn die Belastung anhalte, drohe eine weitere Abwanderung von Talenten nach Tschechien. Bis 2027 könnten deshalb bis zu 34.000 Arbeitsplätze gefährdet sein.

Der Verband fordert die Abschaffung der Transaktionssteuer, die Unternehmen für jede Kontobewegung zahlen müssen. Außerdem plädiert APZD für stärkere Sparanstrengungen des Staates.

Auch die deutsche Auslandshandelskammer in Bratislava kritisiert, dass der Schwerpunkt der Haushaltskonsolidierung wie im Vorjahr auf der Steigerung der Einnahmen liegt. "Ein Ansatz, Sparmaßnahmen bei den öffentlichen Ausgaben systematisch zu entwickeln, ist nicht erkennbar", sagt AHK-Geschäftsführer Trisciuzzi. Er vermisst außerdem einen Dialog mit den Sozialpartnern. "Aufgrund des beschleunigten Verfahrens vergingen von der erstmaligen Bekanntmachung der Konsolidierungsmaßnahmen bis hin zur Verabschiedung durch das Parlament gerade einmal zwei Wochen."

Haushaltsdefizit bleibt hoch

Parallel zum Konsolidierungspaket hat die Regierung den Haushaltsentwurf für 2026 vorgelegt, der am 21. Oktober 2025 vom Parlament angenommen wurde. Er sieht eine Neuverschuldung von 6 Milliarden Euro vor. Das sind 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im laufenden Jahr 2025 soll der Fehlbetrag bei 5 Prozent liegen. Die Opposition kritisiert kostspielige Wahlgeschenke wie die 13. Rentenzahlung oder Subventionen beim Energiepreis. 

Der slowakische Rat für Haushaltsverantwortung (RRZ) bezweifelt, dass die Regierung 2026 ihr Ziel erreicht, das Defizit auf 4,1 Prozent zu senken. Das Expertengremium erwartet einen Fehlbetrag von 4,6 Prozent. Die Gesamtverschuldung könnte bis 2029 auf 70 Prozent steigen, falls die Staatsausgaben nicht gekürzt werden. Für eine Stabilisierung der Schuldenquote hält der RRZ weitere Konsolidierungsmaßnahmen von 3,8 Milliarden Euro für nötig.

Wie aktuelle Zahlen des Statistikamtes zeigen, kratzte die Slowakei schon 2024 hart an der Obergrenze, die Brüssel für die Gesamtverschuldung duldet. Die Schuldenlast betrug 59,7 Prozent des BIP. Spätestens 2025 dürfte dieser Wert überschritten werden. Das hängt auch damit zusammen, dass die Wirtschaft 2024 nicht, wie ursprünglich berechnet, um 2,1 Prozent stieg, sondern nur um 1,9 Prozent.

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