Wirtschaftsausblick | Rumänien
Rumäniens Wirtschaft wächst nur noch langsam
Die rumänische Wirtschaft wird 2025 unter ihrem Potenzial bleiben. Wachstumsrisiken sind eine hohe Inflation, politische Unsicherheit und ein stagnierender Export.
05.06.2025
Von Dominik Vorhölter | Bukarest
Top-Thema: Rumänien bleibt auf EU-Kurs
Der neue rumänische Präsident Nicusor Dan gilt als Hoffnungsträger. Er hat unter anderem angekündigt, die Korruption entschlossen zu bekämpfen. Seine Wahl wird vom proeuropäisch eingestellten Teil der Bevölkerung und ausländischen Investoren begrüßt. Sie können wieder Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Rumänien fassen. Diese Wahl wird die Position Rumäniens als ein stabiles Mitglied der EU und der NATO wieder festigen. Zuvor stand die politische Ausrichtung des Landes infrage, als der rechtsextreme Kandidat George Simion Anfang Mai 2025 den ersten Wahlgang gewann. Generell wirkt sich die NATO-Mitgliedschaft positiv auf das Investitionsklima aus.
Auch die Aussicht auf den Erhalt des Status Quo und auf erneute politische Stabilität wird die Wirtschaft beleben. Unternehmen werden ab der zweiten Jahreshälfte 2025 wieder stärker investieren. Ab Herbst werden voraussichtlich neue EU-Fördermittel fließen, wenn die Regierung es schafft, das Haushaltsdefizit zu senken. Die Fördermittel sind für den Bau neuer Autobahnen, Gleise und Stromnetze vorgesehen. In der Energiewirtschaft etwa erhalten deutsche Unternehmen Aufträge.
Ab der zweiten Jahreshälfte 2025 müsste die Regierung für den Erhalt neuer Fördermittel weitere Steuerreformen umsetzen. Um damit das Haushaltsdefizit auf mindestens 7,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu senken. Diese Bedingung stellte die EU bereits 2021 im Finanzierungsplan für die Aufbau- und Resilienzfazilität für Rumänien. Das Haushaltsdefizit stand Ende 2024 auf einem Höchststand bei 9,3 Prozent des BIP. Ein Grund dafür ist unter anderem eine schlechte Steuermoral.
Wirtschaftsentwicklung: Rumäniens Wirtschaft wächst verhalten
Die EU-Kommission prognostiziert ein reales BIP-Wachstum um 1,4 Prozent für 2025. Damit bleibt Rumäniens Wirtschaftsleistung unter ihrem Potenzial von im Schnitt rund 2,3 Prozent pro Jahr. Erst 2026 wird das BIP-Wachstum wieder um 2,2 Prozent steigen, erwarten die EU-Analysten. Etwas positiver fällt die Prognose des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche aus. Es erwartet für 2025 ein reales BIP-Wachstum von 1,6 Prozent und für 2026 ein Plus von 2,5 Prozent.
Der private Konsum und die Investitionen werden die Konjunktur antreiben, aber nur moderat. Impulse werden aus der Bauwirtschaft, dem Einzelhandel und der Logistikbranche kommen. Letztere wird vom Beitritt Rumäniens in den Schengenraum profitieren. Spediteure sparen Kosten für Personal und Kraftstoff, weil Transporte ohne Binnengrenzkontrollen schneller ablaufen werden.
Außenhandel verliert an Schwung
Die Exporte werden 2025 nur leicht steigen. Rumäniens Industrieproduktion leidet unter hohen Arbeitskosten und einer schwachen Auslandsnachfrage aus der EU. Fast 70 Prozent der Ausfuhren gehen in die Europäische Union und ein Fünftel nach Deutschland. Nach einem Rückgang um 0,3 Prozent im Jahr 2024 erwartet die EU-Kommission für 2025 ein Plus von 1,5 Prozent. Eine mögliche Rezession in Deutschland und geopolitische Spannungen bremsen die Erholung.
Die Binnennachfrage lässt nach. Dadurch wachsen die Importe langsamer. Die EU rechnet für 2025 mit 2,9 Prozent gegenüber 3,2 Prozent im Jahr 2024. Dadurch wird das Leistungsbilanzdefizit voraussichtlich sinken.
Handel profitiert von steigenden Realeinkommen
Die Inflation bleibt 2025 hoch. Laut EU-Kommission steigt die Teuerung auf 5,1 Prozent – mehr als doppelt so viel wie im EU-Durchschnitt (2,4 Prozent). Ein Grund: Ab Juli 2025 entfallen Preisdeckel für Strom und Gas. Die Unternehmen werden die höhere Energiekosten an die Verbraucher weitergeben. Auch Lebensmittel und Dienstleistungen verteuern sich.
Für 2026 erwartet die EU-Kommission immerhin einen Rückgang der Inflation auf 3,9 Prozent. Doch auch dieser Wert liegt über dem Inflationsziel der rumänischen Zentralbank von 2,5 Prozent. Die Preisstabilität bleibt damit ein Risiko für die wirtschaftliche Erholung.
Die real verfügbaren Einkommen steigen weiter, allerdings werden sie im Vergleich zum Vorjahr moderater wachsen. Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) rechnet für 2025 mit einem deutlichen Zuwachs der Reallöhne um 3,5 Prozent. Dagegen wuchsen die Reallöhne 2024 außergewöhnlich um stolze 7,4 Prozent. Somit bleibt der Handel mit Bekleidung, Sportartikeln, Medien oder elektronischen Geräten ein vielversprechender Wachstumsmarkt in Rumänien.
Deutsche Perspektive: Unternehmen fordern verlässliche Rahmenbedingungen
Deutsche Unternehmen blicken hingegen etwas skeptischer in die Zukunft. Sie fürchten eine insgesamt sinkende Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, steigende Arbeitskosten und fehlende Fachkräfte. Besonders hoch ist die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften und Hochschulabsolventen. Die Konjunkturumfrage der AHK Rumänien vom Frühjahr 2025 bewertet die Aussichten insgesamt aber als befriedigend.
Die Vertreter der deutschen Wirtschaft erwarten keine Besserung der Wirtschaftspolitik. Das erschwert die Planung der Unternehmen. Die deutsche Community hofft auf eine faire Steuerpolitik: "Steuerhinterziehung muss effektiver bekämpft werden, bevor diejenigen, die bereits Steuern zahlen, mit höheren Abgaben belastet werden", fordert Sebastian Metz, Geschäftsführendes Vorstandmitglied der AHK Rumänien.
Deutsche Unternehmen sind in Rumänien die größten Investoren. Die meisten von ihnen sind in der Automobilbranche und der Elektroindustrie tätig. Der Hersteller von Elektromotoren ebm Papst investiert 30 Millionen Euro in ein neues Werk in Oradea und will dort ab 2026 mit der Produktion starten. Rumänien gewinnt als Standort für Forschung und Entwicklung und zunehmend als Beschaffungsmarkt an Bedeutung.