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Spanien baut für 2 Milliarden Euro die Meerwasserentsalzung aus
Spanien bereitet sich mit neuen Entsalzungsanlagen auf die nächsten Trockenperioden vor. Deutsche Technologieanbieter können vom weltweiten Netzwerk spanischer Firmen profitieren.
26.06.2025
Von Friedrich Henle | Madrid
Schon heute kann Spanien seine Wasserversorgung ohne entsalztes Meerwasser nicht mehr bestreiten. Pro Tag produzieren Meerwasserentsalzungsanlangen (MWEA) hierzulande etwa 5 Millionen Kubikmeter Wasser. Diese Menge deckte bereits 2021 durchschnittlich etwa 2 Prozent des gesamten spanischen Wasserbedarfs ab – Tendenz steigend. Insgesamt liegt Spanien in Bezug auf die installierte Kapazität von MWEA weltweit auf Platz 4, hinter Saudi-Arabien, den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Um auch weiterhin eine sichere Wasserversorgung für Haushalte, Industrie und Landwirtschaft zu garantieren, baut Spanien seine Kapazitäten kräftig aus. Denn Klimaprognosen zufolge wird die Iberische Halbinsel zukünftig stärker als alle anderen Weltregionen von abnehmenden Niederschlägen und einem schnelleren Temperaturanstieg betroffen sein.
Mit rund einem Fünftel ist die spanische Landwirtschaft einer der Hauptabnehmer von entsalztem Meerwasser. Der Sektor steht für etwa 80 Prozent des gesamten Wasserverbrauchs in Spanien.
Neue Entsalzungsanlagen für Murcia und Valencia
Schon seit Jahren rückt die Meerwasserentsalzung daher immer stärker in den Fokus. Im Mai 2025 haben die Regionen Murcia und Valencia den Neubau von zwei weiteren MWEA angekündigt. Sie ergänzen zahlreiche Neubau- und Erweiterungsprojekte entlang der Mittelmeerküste, die derzeit vorbereitet werden.
Pro Jahr sollen die beiden neu angekündigten Anlagen insgesamt 150 Hektokubikmeter (dies entspricht 150 Millionen Kubikmeter) Trinkwasser produzieren. Bereits im Sommer 2025 könnten Vergaben für entsprechende Vorentwürfe lanciert werden. Die Ausschreibungen für den Bau sind für Ende 2026 oder Anfang 2027 geplant.
Acuamed ist zentraler Akteur des Ausbaus der Entsalzungskapazitäten
Projektträger bei der Meerwasserentsalzung in Spanien ist in den meisten Fällen Acuamed (Aguas de las Cuencas Mediterráneas). Das Staatsunternehmen will in den nächsten Jahren mehr als 2 Milliarden Euro in den Aus- und Neubau von MWEA und der dazugehörigen Wasserinfrastruktur investieren. Das meiste Geld fließt in den Neubau der MWEA Tordera II, Foix, Axarquía und Bajo Almanzora II. Nach Abschluss der Investitionen würde die Kapazität aller Acuamed-Anlagen von jährlich 385 Hektokubikmeter auf 630 Hektokubikmeter steigen. Um die Betriebskosten zu senken, sollen zudem alle Standorte mit eigenen Solarparks ausgestattet werden.
Vorhaben (Region) | Projektstand | Kosten | Weitere Informationen |
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Neubau La Tordera II (Katalonien) | In Planung; Ausschreibung im 4. Quartal 2025 erwartet | 287 | Ausbau von 20 auf 60 Hektokubikmeter pro Jahr; Auftraggeber: Ens d’Abastament d’Aigua Ter-Llobregat (ATL) |
Neubau Foix (Katalonien) | In Planung; Ausschreibung im 2. Quartal 2025 erwartet | 223 | Kapazität 20 Hektokubikmeter pro Jahr; Auftraggeber: Ens d’Abastament d’Aigua Ter-Llobregat (ATL) |
Neubau Bajo Almanzora II (Andalusien) | In Planung; technische Studien im März 2025 beauftragt | 160 | Kapazität 30 Hektokubikmeter pro Jahr; Auftraggeber: Acuamed; Auftragnehmer der technischen Studien: TPF Getinsa Euroestudios |
Erweiterung Valdelentisco (Murcia) | Im Bau | 134 | Ausbau von 42 auf 70 Hektokubikmeter pro Jahr; 43 Mio. Euro der Kosten für die Errichtung einer Solarkraftanlage; Auftraggeber: Acuamed; Auftragnehmer der ersten Bauphase (10 Mio. Euro): ENEAS, Acsa |
Erweiterung Torrevieja (Valencia) | Im Bau seit Juli 2024 | 80 | Ausbau von 80 auf 120 Hektokubikmeter pro Jahr; Auftraggeber: Acuamed; Auftragnehmer: Ferrovial, Sacyr |
Erweiterung Águilas (Murcia) | Im Bau seit Dezember 2024 | 52 | Ausbau von 60 auf 70 Hektokubikmeter pro Jahr; Auftraggeber: Acuamed; Auftragnehmer: Ferrovial, Sacyr |
Erweiterung Campo de Dalías (Andalusien) | Im Bau; Fertigstellung Ende 2025 erwartet | 17,5 | Ausbau von 30 auf 40 Hektokubikmeter pro Jahr; Auftraggeber: Acuamed; Auftranehmer: Ayesa |
Neubau Axarquía (Andalusien) | In Planung; technische Studien im Januar 2025 ausgeschrieben | n/a | Kapazität 25 Hektokubikmeter pro Jahr; Auftraggeber: Acuamed |
Es ist wahrscheinlich, dass die bereits geplanten Vorhaben 2025 und 2026 wesentliche Fortschritte machen werden. Der Grund: Spanien will die Kosten in Höhe von 2 Milliarden Euro teilweise aus den europäischen NextGenerationEU-Fonds abdecken, deren Finanzperiode 2026 endet. Leitende Mitarbeitende von Acuamed betonten auf einer Veranstaltung in Madrid im April 2025, dass man aktuell daran arbeite, noch rechtzeitig entsprechende Förderanträge vorzubereiten.
Wie erfahren Unternehmen von Geschäftschancen?
In Spanien existiert eine zentrale, digitale Plattform für staatliche Ausschreibungen. Acuamed veröffentlicht seine Bau- und Dienstleistungsaufträge auch auf dieser Plattform. Potenzielle Auftragnehmer können sich dort registrieren, um tagesaktuell über neue Ausschreibungen informiert zu werden.
Acuamed betreibt nach eigenen Angaben aktuell zwölf MWEA, alle auf Basis der Umkehrosmose-Technologie. Dabei wird Wasser mit hohem Druck durch feine Membranen gepresst, die gelöste Stoffe wie Salze herausfiltern. Die Umkehrosmose ist energieeffizienter als thermische Verfahren bei der Meerwasserentsalzung. Dennoch steht der dafür benötigte Strom für mehr als die Hälfte der laufenden Kosten.
Spanische Firmen sind Global Player bei Entsalzungsanlagen
Spanische Unternehmen können mit einer langen Tradition als Generalunternehmer für den Bau und als Betreiber von MWEA auf der ganzen Welt aufwarten. Bereits in den 1960er Jahren wurden auf den Kanarischen Inseln die ersten MWEA in Spanien errichtet. Nach Angaben des spanischen Verbands für Wasserentsalzung und -wiederverwendung (AEDyR - Asociación Española de Desalación y Reutilización) befinden sich sieben spanische Unternehmen in den Top 20 der weltweit wichtigsten Player im Bereich Entsalzungsanlagen. Für deutsche Unternehmen können diese Kontakte ein Türöffner in neue Märkte sein.
GS Inima baut erste Meerwasserentsalzungsanlage in Portugal
Im Oktober 2024 hatte GS Inima einen Auftrag gewonnen, um gemeinsam mit Aquapor und Lúsagua die erste MWEA auf dem portugiesischen Festland zu errichten und zu betreiben. Laut Jahresbericht 2024 stieg der Auftragsbestand insgesamt um 18 Prozent auf aktuell 10,4 Milliarden Euro. Darunter befinden sich neben Entsalzungsanlagen auch andere Projekte im Wassersektor. Als wichtigste Zielmärkte der Projektpipeline nennt GS Inima Oman, die Vereinigte Arabische Emirate, Brasilien, Spanien und Portugal. Das in Spanien gegründete Unternehmen Inima gehört seit 2012 zur koreanischen GS Engineering & Construction-Gruppe.
beträgt das weltweite Geschäftsvolumen für den Aus- und Neubau von Entsalzungsanlagen (Schätzung Veolia 2025).
Acciona errichtet die größte MWEA Afrikas
Der im Bau- und Konzessionsbereich tätige Acciona-Konzern aus Spanien besitzt ebenfalls eine bedeutende, international aktive Sparte für MWEA. Das Unternehmen errichtet beispielsweise in Marokko im Verbund mit zwei lokalen Firmen die aktuell größte MWEA in Afrika, mit einer Kapazität von 300 Hektokubikmetern pro Jahr.
Im Jahr 2024 konnte Acciona weitere Aufträge für MWEA in Katar, Australien und den USA gewinnen. Vom erzielten Gesamtumsatz von 19,2 Milliarden Euro entfielen 1,2 Milliarden Euro auf die Wassersparte. Das Auslandsgeschäft stellte einen Anteil von 77 Prozent am Gesamtumsatz dar.
Aqualia ist in Nordafrika und Chile aktiv
Das spanische Unternehmen Aqualia wiederum hat MWEA unter anderem in Ägypten, Algerien und Chile errichtet. Nach eigenen Angaben ist es aktuell in 18 Ländern präsent, betreibt 45 MWEA weltweit und verfügte zum Jahresende 2024 über einen weiteren Auftragsbestand in Höhe von 22,6 Milliarden Euro. Darunter fallen auch neue Wasserwerke und Kläranlagen. Weitere spanische Bau- und Dienstleistungskonzerne, die weltweit Projekte im Bereich MWEA umsetzen, sind beispielsweise die ACS-Gruppe, Ferrovial und OHLA.