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Wirtschaftsumfeld | Spanien | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Das Angebot an akademischen Fachkräften ist gut, die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild aber noch eine Seltenheit. Zuwanderung füllt Lücken vor allem bei Dienstleistungen.

Von Friedrich Henle | Madrid

Unternehmen berichten immer wieder davon, dass es zwar nicht an Bewerbungen mangele, jedoch die Suche nach passenden Fachkräften oft mühsam sei. In einer im September 2025 veröffentlichten Analyse hebt das ICER (Instituto de Ciencias del Empleo y las Relaciones Laborales) die Paradoxie des spanischen Arbeitsmarktes hervor: Trotz der höchsten Arbeitslosenquote in der EU bleiben im Schnitt rund 150.000 Stellen unbesetzt. Der Grund ist die Lücke zwischen Ausbildung und den Anforderungen der Wirtschaft.

Martin Beck, Verantwortlicher des "German Desk" beim spanischen Personaldienstleister Catenon, sieht den Arbeitsmarkt dennoch in Bewegung: "Die wirtschaftliche Stimmung in Spanien ist gut, Unternehmen stellen vermehrt Personal ein. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote höher und der Pool an Arbeitskräften größer als in Deutschland." Technische Positionen könne man deshalb hierzulande besser besetzen.

"Das Recruiting ist in Spanien lebendiger als in Deutschland. Man kommt mit potenziellen Fachkräften schneller ins Gespräch. Und bis zum Abschluss vergeht viel weniger Zeit",

so Beck weiter. In Spanien sei es durchaus üblich, dass ein Bewerbungsverfahren mit einem so genannten "Offer Letter" ende, in dem der Arbeitgeber neben dem Gehalt nur die groben Rahmendaten der Jobvereinbarung fixiere. Der eigentliche Arbeitsvertrag würde dann später oder am ersten Arbeitstag unterzeichnet. Die in der Regel nur 15-tägige Kündigungsfrist durch die Arbeitnehmer erhöhe zusätzlich die Flexibilität bei einem Jobwechsel.

Einwanderung vergrößert den Arbeitskräftepool

Insbesondere der Dienstleistungssektor in Spanien profitiert von Migration, vor allem aus Lateinamerika. Menschen aus dieser Region können ohne Sprachbarriere in dem iberischen Land aktiv werden. Dabei existieren neben legalen Beschäftigungsverhältnissen auch Grauzonen bis hin zur Schwarzarbeit. Die Anerkennung von ausländischen Berufs- und Hochschulabschlüssen verläuft laut Presseberichten schleppend. Das führt dazu, dass mehr als die Hälfte der Einwanderinnen und Einwanderer in ihrem aktuellen Arbeitsverhältnis überqualifiziert sind.

Duale Ausbildung nach deutschem Vorbild noch die Ausnahme

Allgemein ist das Berufsbildungswesen bei technischen und handwerklichen Tätigkeiten in Spanien eher verschult und weniger praxisorientiert. Initiativen für eine duale Berufsausbildung nach dem deutschen Modell wie die FEDA Madrid werden sehr gut angenommen, bleiben jedoch zahlenmäßig begrenzt. FEDA (Formación Empresarial Dual Alemana) ist eine vom Auswärtigen Amt und der deutschen Kultusministerkonferenz anerkannte Berufsschule und gehört zu den 135 Deutschen Auslandsschulen.

Auch große deutsche Unternehmen wie Volkswagen und Mercedes bieten in Spanien duale Ausbildungsplätze an – in Kooperation mit der Deutschen Handelskammer (AHK Spanien). Tanja Nause, Leiterin der Aus- und Weiterbildungsabteilung der AHK Spanien, ergänzt: "Aktuell entwickeln wir sogar mit Amazon ein duales Ausbildungsprogramm für Mechatronik im Baskenland. Ziel ist es, den Teilnehmenden auch Perspektiven für eine berufliche Zukunft bei Amazon in Deutschland zu eröffnen."

Die spanische Regierung setzt darauf, das berufliche Bildungswesen zu stärken. Sie reformierte es zuletzt mit einem größeren Gesetz (Ley Orgánica 3/2022), das Ausbildung und Weiterbildung ganzheitlich betrachtet und die Lernergebnisse in verschiedene Grade einteilt. Zudem wurde der Praxisanteil bei Ausbildungsprogrammen auf mindestens fünf Monate erweitert. 

Dem Vernehmen nach schwinden in der Bevölkerung die Vorurteile gegenüber Ausbildungsberufen. Zunehmend weniger Menschen betrachten die akademische Bildung als einzig erstrebenswerten Weg. Universitäten und Berufsschulen haben jedoch ein gemeinsames Problem: hohe Abbruchquoten.

Wirtschaftsentwicklung und demografischer Wandel beeinflussen den Arbeitsmarkt

Trotz eines Rückgangs der Arbeitslosigkeit um über einen Prozentpunkt im Jahresvergleich liegt Spanien im 2. Quartal 2025 mit 10,3  Prozent weiterhin an der Spitze der EU-Staaten. Die hohe Arbeitslosenquote betrifft besonders Frauen (11,6 Prozent) und junge Menschen unter 25 Jahren (23,5  Prozent). Problematisch ist auch der hohe Anteil der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die weder Arbeit haben, noch sich in einer Ausbildung oder im Studium befinden (18 Prozent).

Von einem hohen Niveau ausgehend, sinken sowohl die Arbeitslosenquote insgesamt als auch die Jugendarbeitslosigkeit seit der Coronakrise. Im 2. Quartal 2025 waren mit 22,3 Millionen so viele Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt wie nie zuvor. Der Zuwachs um 584.000 im Jahresvergleich ist der guten wirtschaftlichen Lage Spaniens als auch einer deutlichen Netto-Zuwanderung geschuldet.

Mit einer Geburtenrate auf Rekordtief und einer besonders hohen Lebenserwartung erfährt Spanien einen intensiven demografischen Wandel. Die Alterung der Gesellschaft und damit vieler Fachkräfte schreitet voran. Damit droht einerseits ein Mangel an Expertise. Es bietet sich jedoch auch die Chance, dass die verfestigte hohe Arbeitslosigkeit sinken wird.

Spanien im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

Im Alltag in Spanien fällt immer wieder auf, dass solide Englischkenntnisse wenig verbreitet sind. Positive Gegenbeispiele sind zumeist jüngere Fach- und Führungskräfte mit internationaler Erfahrung, beispielsweise aus den Bereichen Consulting sowie Informations- und Kommunikationstechnologie.

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