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Ursprungsregeln und Lieferkettenprobleme bleiben auf der Agenda

Das Thema Sonderzölle auf EU-Autos ist zwar passé, doch müssen Kfz-Firmen im US-Geschäft viel beachten. Probleme bei Lieferketten und hohe Frachtraten bleiben eine Herausforderung.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Nach dem Machtwechsel im Weißen Haus im Januar 2021 atmete die deutsche Kfz-Branche auf. Denn die zuvor immer wieder angedrohten Sonderzölle auf Autoimporte aus der Europäischen Union (EU) waren plötzlich vom Tisch. Präsident Joe Biden ist zwar, wie sein Amtsvorgänger, ein Verfechter der "Buy American"-Strategie, aber er ist gegen einseitige Sonderzölle. Selbst einige US-Republikaner setzen sich angesichts der hohen Inflation für weniger Zölle ein.

Abweichende Umweltschutz- und -Sicherheitsstandards

Dennoch gibt es neben (regulären) Zöllen eine Reihe nicht-tarifärer Handelshemmnisse (NTH). Sie bestehen zum einen aufgrund unterschiedlicher Umweltschutzstandards, die von der U.S. Environmental Protection Agency (EPA) festgelegt werden. So gelten in den USA zum Beispiel abweichende Grenzwerte für den Schadstoffausstoß. Zudem kann der Bundesstaat Kalifornien eigene, strengere Abgasgrenzwerte und Standards für den Verkauf emissionsfreier Fahrzeuge festlegen als es das Bundesrecht vorsieht.

Zum anderen weichen auch die Sicherheitsstandards ab: Dazu gehören technische Vorschriften, darunter für die Beleuchtung, Außenspiegel, Scheibenwischer, Sicherheitsgurte und Crashtests. Die in den USA einschlägigen Federal Motor Vehicle Safety Standards (FMVSS) werden von der Behörde für Verkehrssicherheit (NHTSA) erstellt. Es ist möglich, dass sich durch unterschiedliche Sicherheitsstandards für elektrische und autonome Fahrzeuge künftig neue Hindernisse oder zumindest Unterschiede ergeben. So verlangt die NHTSA bereits seit Mitte 2021 von allen Produzenten und Betreibern automatisierter Fahrsysteme und fortschrittlicher Fahrerassistenzsysteme ab Stufe 2 (teilautomatisiertes Fahren) regelmäßig Berichte über Unfälle betreffender Autos.

Darüber hinaus sind bei der Einfuhr in die USA neben Bundes- auch bundesstaatliche Regelungen zu beachten. So verbieten einige US-Bundesstaaten per Gesetz, bestimmte giftige Stoffe in Verpackungsmaterial zu verwenden. Kalifornien verlangt einen Warnhinweis auf Produkten, die Blei und viele andere gefährliche Stoffe enthalten.

Frachtkosten bleiben vermutlich dauerhaft höher als vor der Pandemie

Im Zuge des globalen Rückstaus bei den Lieferketten sind Logistikprobleme in den letzten zwei Jahren zu einem ernsten Problem geworden. Zwar hat sich die während der Coronakrise sehr angespannte Situation an den US-Häfen in den letzten Wochen wieder verbessert. Container sind dennoch weiterhin knapp.

Für Zulieferer bedeutet das, dass sie mindestens vier Wochen im Voraus beim Spediteur die Abholung ihrer Ware (Cargo Ready Date; CRD) buchen müssen. Ferner sind die Frachtraten weiterhin hoch. "Die Kosten für einen 20-Fuß-Standardcontainer lagen im Frühjahr 2022 im Schnitt immer noch mindestens fünf bis sechs Mal über dem Vorkrisenniveau", sagt Merlin Dow von der US-Niederlassung des Logistikunternehmens Gebrüder Weiss in Illinois. Wahrscheinlich werden die Frachtraten in der Post-Corona-Zeit höher bleiben, als sie vor Pandemieausbruch waren. Zudem sind die Gebühren für Serviceleistungen an Kühlcontainern gestiegen. Weitere Kosten können Kunden für Demurrage entstehen, also Liegegeld. Garantierte Stellplätze auf bestimmten Abfahrten vergeben Carrier nur noch bei Kauf zusätzlicher Services.

"Noch schlimmer als die Zusatzkosten ist der Zeitfaktor", sagt Bernd Fischer, Chief Executive Officer (CEO) von KS Kolbenschmidt U.S., Teil der Rheinmetall-Gruppe. Der Zulieferer stellt in seinem Werk in Marinette, Wisconsin, Aluminium- und Stahlkolben her. "Die Lieferzeit per Seeweg aus Asien hat sich in etwa verdoppelt, sodass die sensiblen Lieferketten nicht mehr synchronisiert sind und wir entweder kurzfristig Ersatz in Nordamerika finden müssen oder auf die extrem teure Luftfracht ausweichen."

Verschärfte Ursprungsregeln halten Autobauer auf Trab

Nicht nur die Probleme in den Lieferketten, sondern auch die Bestimmungen des im Juli 2020 in Kraft getretenen Nafta-Nachfolgeabkommens United States-Mexico-Canada-Agreement (USMCA) führen dazu, dass Kfz-Bauer immer mehr Teile in Nordamerika beschaffen. Der regionale Wertschöpfungsanteil für den Kfz-Sektor wird bis 2025 von 62,5 auf bis zu 75 Prozent steigen. So müssen die Firmen für die Vor-Ort-Produktion zum Beispiel deutlich mehr Stahl und Aluminium in den USA, Mexiko und Kanada beschaffen als bisher.

Zulieferer verlagern ihre Produktion daher verstärkt in die Region, vor allem nach Mexiko. Denn viele Erstausrüster und Zulieferer wollen auch unter den erschwerten Bedingungen ihre im Niedriglohnland Mexiko gefertigten Autos und Teile weiterhin zollbegünstigt in die USA liefern. "Das sehen wir daran, wie schwer es ist, in unseren mexikanischen Betrieben Leute zu halten", beklagt Fischer. "Sie wollen die Produktion erhöhen und suchen händeringend neue Arbeiter und Angestellte, doch die werden durch die starke Konkurrenz schnell abgeworben."

Zulieferer könnten im Technologiestreit mit China ins Kreuzfeuer geraten

Auch die Auswirkungen des Technologiestreits zwischen den USA und China bekommen Autobauer und Zulieferer immer stärker zu spüren. BMW hat bereits einen Teil der Produktion seiner X5-Reihe aus den USA nach China verlagert. Ein Großteil davon war für den chinesischen Markt bestimmt und wurde bisher dorthin exportiert, aber angesichts der Spannungen zwischen den beiden Ländern denkt das Management offenbar um.

Deutsche Zulieferer von US-Unternehmen müssen sich daher fragen, ob die USA nicht eines Tages auch einmal den Import von Waren erschweren könnten, die "zu viele“ chinesische Komponenten enthalten. Das dürfte vor allem Firmen betreffen, die Überschneidungen mit Schlüsselindustrien haben, wie bei Batterien für Elektroautos: Selbst die wenigen Firmen, die in den USA industrielle Anlagen zur Produktion von Lithium-Ionen-Batterien betreiben, fertigen Batterieteile in China und müssen diese bisher importieren. Deshalb investieren US-Autobauer hohe Summen in die Forschung und Entwicklung eigener Lithium-Ionen- und Feststoff-Akkus.

Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die USA (in Millionen US-Dollar)

Bezeichnung (SITC-Warengruppe)

Einfuhr 2020

davon aus Deutschland

Einfuhr 2021

davon aus Deutschland

Motoren (713.2)

10.798

1.718

11.876

1.797

Zündkabelsätze (773.13)

9.329

40

11.484

39

Elektrische Akkumulatoren (778.12)

7.852

394

11.875

408

Kfz-Elektrik (778.3)

9.090

232

10.929

253

Karosserien, Stoßstangen etc. (784)

60.191

4.030

74.592

5.241

Quelle: United States International Trade Commission (USITC), 2022

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