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Special | Kolumbien | Start-ups

Was ausländische Gründer in Kolumbien berichten

Der Andenstaat unterscheidet sich bei Finanzierung, Unternehmenspraxis und -kultur zum Teil deutlich von anderen Ländern. Drei Unternehmer berichten von ihren Erfahrungen.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Tilman Burfeind ist Mitbegründer der Plattform VICO. Das Start-up aus Medellín hat 2018 ein Portal zum Mieten und Vermieten von Unterkünften entwickelt. Laut Burfeind lädt die kolumbianische Unternehmerkultur dazu ein, zu gründen. Das gelte besonders für die quirlige Metropole Medellín. "In Kolumbien fängst du direkt an und schaust dann, wie es weitergeht, anstatt erst zwei Jahre einen Finanzplan auszuarbeiten", sagt er.  

Arbeitskräfte sind günstig 

Laut Experten mangelt es in Kolumbien zwar nicht an Veranstaltungen, um Ideen zu präsentieren. Doch große internationale Venture-Capital-Fonds seien vergleichsweise rar. Meist komme das Geld für neue Start-ups aus dem Familien- und Bekanntenkreis. So ging es auch VICO, gerade zu Beginn. Burfeind besuchte zahlreiche Events und konnte leicht Kontakte knüpfen. Die Finanzierung vor allem aus dem Land selbst sei dagegen sehr schwierig gewesen. "Alle Start-ups, die ich persönlich kenne, haben Probleme damit." Die meisten Investoren von VICO sitzen im lateinamerikanischen Ausland.

Allerdings kommen Start-ups in Kolumbien schon mit wenig Kapital recht weit. Das liegt vor allem an den vergleichsweise niedrigen Löhnen, sagt Burfeind. Oft ziehe es internationale Firmen wegen der günstigen Arbeitskräfte in das Land. So könnte beispielsweise ein Start-up wie Rappi in den USA nicht funktionieren, da die Personalkosten deutlich höher seien, berichten andere Brancheninsider. In Kolumbien ist zudem die Affinität zu Technologie und Smartphones sehr hoch. Es herrsche ein großer Talentpool im Technikbereich.

Burfeind rät ausländischen Gründern, die kulturellen Unterschiede in Kolumbien zu beachten. Diese seien in dem Land zwischen verschiedenen Städten und Regionen noch stärker ausgeprägt als in Deutschland. Die Menschen im Land seien zwar sehr kontaktfreudig. Man brauche aber länger, um sich Vertrauen zu erarbeiten. Gleichzeitig empfiehlt er, auch selbst ein gesundes Maß an Vorsicht zu bewahren. "Viel funktioniert über persönliche Kontakte, man muss vor Ort sein, Leuten die Hand schütteln, sich kennenlernen", sagt der Unternehmer. 

Finanzierung oft schwierig

"Ausländische und lokale Gründer unterscheiden sich", sagt der Australier Craig Dempsey, der 2014 in Kolumbien das Start-up Biz Latin Hub gründete. Der Marktführer bietet Unternehmen mehrsprachige Handelsvertretungen und Back-Office-Dienste an. Lokalen Gründern mangele es oft am Zugang zu den richtigen Investoren. Viele Start-ups oder Unternehmer aus dem Ausland dagegen hätten zwar gute Verbindungen und Ressourcen, aber Probleme damit, den Markt und den lokalen Kontext zu verstehen, sagt Dempsey. Dieser sei deutlich komplizierter als außerhalb Lateinamerikas. Oftmals gebe es versteckte Kosten.

Dempsey unterscheidet insgesamt zwischen vier Start-up-Typen in Kolumbien: Den lokalen Unternehmer, das regionale Start-up, das internationale Start-up und den unternehmensbegeisterten Ausländer. Zu letzteren zählt auch Henrik Jessen, der zusammen mit seinem Bruder 2014 in Medellín begann, das Start-up für Bio-Fruchtsäfte D'cada aufzubauen. Nach acht Jahren im Land, ist er jedoch inzwischen dabei, seine Firma in Kolumbien abzuwickeln. Ein chronisches Problem sei von Beginn an der Finanzmangel gewesen. Zwar sind die Markteintrittsbarrieren sehr niedrig, die ersten 100 Verkaufsstellen hätten die beiden schnell erreicht. Ein großer Investitionssprung sei dem Start-up allerdings nie gelungen. Auf eine stabile Finanzierung vor Ort könne man sich nicht verlassen. Mit Glück erhalte man inhaltliche Unterstützung durch Inkubatoren.

Die Start-up-Förderung sei sehr niedrig gewesen und Kredite teuer. Da Kolumbien als Hochrisikoland eingestuft werde, seien die Kreditzinsen sehr hoch. Zum Teil liegen sie bei 1,5 bis 2 Prozent pro Monat, sagt er. Dadurch sind Gründer zu schnellem Erfolg verdammt. Der Markt ist schnelllebiger als in Deutschland. Viele Leute, die gründen wollen, setzen daher auf konservative Ideen, wie einen Empanada- oder Kleiderladen. "Nach zehn Jahren hat sich in vielen Branchen wenig getan, trotz motivierter Leute", so Jessen. Außerdem hätten große Akteure eine starke Kontrolle über den Markt. Für kleinere Unternehmen sei es dadurch schwieriger, zu expandieren.

Zielgruppe im Blick behalten

Jessen rät, sich einen guten Experten an die Seite zu stellen. "Die Hälfte der ausländischen Gründer, die ich in Kolumbien kennengelernt habe, sind am Geschäftsvisum gescheitert", sagt Jessen. Dieses sei fundamental wichtig, aber schwierig zu bekommen. Zudem sollten Unternehmen vermeiden, dass der Preis für ihre Produkte zu einer zu hohen Eintrittshürde für die Konsumenten werde. Die Zielgruppe für Produkte im Premiumsegment sei limitiert. Selbst die wachsende Mittelschicht sei im Vergleich zu Deutschland gering verdienend. "Aus Industrieländern ist man es gewohnt, dass es genügend Zielpersonen für sein Produkt gibt", sagt der Unternehmer.

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