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Branchen | Südafrika | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Nahrungsmittelindustrie in Südafrika kämpft mit Stromausfällen

Wegen Stromknappheit werden sich Investitionen auf die Anschaffung von Dieselaggregaten und Solarstrom konzentrieren und weniger auf den Maschinenpark.

Von Fausi Najjar | Johannesburg

Südafrika verfügt über die in Subsahara-Afrika am weitesten entwickelte Wirtschaft. Sie ist von einer diversifizierten Industrie, einem entwickelten Dienstleistungssektor und reichen Vorkommen an Rohstoffen geprägt. Dennoch steht das Land am Kap vor enormen Herausforderungen. Hohe Arbeitslosigkeit und Ausbildungsdefizite, Korruption, soziale Ungleichheit sowie Stromausfälle bremsen das Wachstum. Die weit entwickelte Nahrungsmittelindustrie bleibt von diesen Hemmnissen nicht verschont. Zudem steigen die Produktionskosten, auch im vorgelagerten Agrarsektor.

Aufgrund von Partikularinteressen erweisen sich die Reformbemühungen des Präsidenten Cyril Ramaphosa als weitaus beschwerlicher und langwieriger als 2018 bei seinem Machtantritt von vielen Seiten angenommen. Nach dem durch Corona und Lockdowns verursachten Wachstumseinbruch 2020 ist die Wirtschaftsentwicklung hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Vor allem eine deutliche Eskalation bei der Stromrationierung zu Beginn des Jahres 2023 bereitet Sorgen. Das Realwachstum könnte deshalb in diesem Jahr lediglich zwischen 0 und 0,5 Prozent liegen. Nicht ganz auszuschließen ist eine Rezession. 

Aussichten für die Nahrungsmittelverarbeitung eingetrübt

Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie werden 2023 vor allem Notfallpläne erarbeiten und in die eigene Erzeugung von Elektrizität investieren. Zu erwarten ist, dass Investitionen in den Maschinenpark tendenziell zurückgestellt werden. Höhere Herstellungskosten sind insbesondere in der energieintensiven Milch- und Getränkeindustrie sowie der hochmechanisierten Verpackungsindustrie zu erwarten. Neben der Energieknappheit trüben negative Wachstumsaussichten, ein schwacher Konsum und anhaltend hohe Agrarpreise die Erwartungen.

Der größte Geflügelproduzent Astral Foods hat wegen der Unterbrechungen zunehmend Schwierigkeiten, die Nachfrage nach Hühnchen von Fast-Food-Restaurants zu bedienen. Tatsächlich haben einige Filialen von Kentucky Fried Chicken (KFC) wegen fehlenden Lieferungen kurzfristig schließen müssen. Marktkenner erwarten auch für den Nahrungsmittelkonzern RCL Foods einen steigenden Kostendruck im Geflügel- und Backbereich. Die größten Einzelhandelsunternehmen im Land, Shoprite und Woolworth, investieren zunehmend in Generatoren, Solar-Module und Kühllastwagen. Kleinere Unternehmen ohne Finanzspielräume haben hingegen oft das Nachsehen. Jüngst hat die große Lokalzeitung The Sowetan als Aufmacher publikumswirksam Unternehmen gelistet, die aufgrund von Lastabwürfe (englisch: Loadshedding) Pleite gingen.

Während sich das verarbeitende Gewerbe in Folge eines restriktiven Lockdowns 2020 nur schwer erholte, fand die Nahrungsmittelverarbeitung zunächst besser zurück in die Spur. Vor allem gute Ernten haben den Sektor in den letzten Jahren angeschoben. Besonders positiv haben sich die Bereiche Fleisch, Fisch sowie Obst und Gemüse entwickelt. Produktionsindizes für 2022 zeigen allerdings, dass die Getränkeindustrie hinter dem Stand von 2019 zurückgeblieben ist. Nach dem zeitweiligen Alkoholverbot und den Lockerungen der Corona-Restriktionen sind die Besucherzahlen bei Bars und Restaurants niedrig geblieben. Konsumenten nutzen verstärkt Lieferservices und bestellen weniger Getränke.

Produktionskosten in der Landwirtschaft legen zu

Schon im Juli 2022 warnte der Landwirtschaftsverband AgriSA vor den Auswirkungen vermehrter Lastabwürfe. Steigende Stromrechnungen und -ausfälle würden Pumpstationen, Bewässerung, Kühlketten und weitere Systeme treffen. Aufgrund von Rentabilitätsverlusten könnten Bauern ihre Produktionspläne einschränken und somit den Druck auf die Nahrungsmittelpreise erhöhen.

Klagen von Gemüse- und Obstfarmern über Stromausfälle und den Einsatz von teurem Diesel nehmen insbesondere in der trockenen Nordwestprovinz und in der intensiv bewirtschafteten Kap-Provinz zu. Einige Experten vermuten zudem, dass in Südafrika nach drei sehr guten Regenjahren 2023 die zyklisch auftretende El-Nino-Trockenphase einsetzen könnte. Das Thema rund um die stromabhängige Wasserversorgung gewinnt dadurch an Brisanz.  

Tatsächlich wird der Preisdruck bei den Agrarprodukten anhalten. Im Dezember 2022 lagen die Preise für Nahrungsmittel und nicht-alkoholische Getränke im Schnitt bei mehr als 12 Prozent über denjenigen des gleichen Monats 2021. Hohe Steigerungen waren vor allem bei Speiseöl, Mais und Getreide zu verzeichnen. Dabei hat die Nahrungsmittelindustrie in Südafrika die globalen Preissteigerungen zum großen Teil gar nicht an die Endkunden weitergegeben. Umso teurer könnte es für Konsumenten bei den aktuellen Kostenentwicklungen werden.

Energiekrise hält an

Im Rekordjahr 2022 wurde Strom an 205 Tagen rationiert; und die Situation hat sich im Januar 2023 nochmals verschärft. Mittlerweile wird die Elektrizität mancherorts bis zu zwölf Stunden am Tag abgeschaltet. Experten gehen davon aus, dass bei linear wachsenden Rationierungen die negativen Auswirkungen für die Wirtschaft exponentiell steigen. So sei ein Lastabwurf der Stufe 6 (Einschränkung der Kapazitäten von bis zu 6.000 Megawatt) mehr als doppelt so schädlich, wie bei Stufe 3. 

Die Aussichten für 2023 sind düster: Die Umsetzung von Projekten der erneuerbaren Energien verzögern sich. Für private Energieerzeuger ist die Einspeisung ins nationale Netz aufgrund bürokratischer Hürden weitgehend blockiert. Der auf Kohle basierende Kraftwerkspark ist marode. Außerdem fehlen Fachkräfte für Wartungsarbeiten. Es mangelt mancherorts an Kompetenzen, die Kraftwerke ordentlich zu steuern. Teilweise sind es auch kriminelle Strukturen, die die Stromversorgung blockieren. Berichte über Diebstahl, Sabotageakte oder die Belieferung der Kraftwerke mit minderwertiger Kohle häufen sich.

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